Doping-Geständnis von Landis: Armstrong belastet

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Floyd Landis hat mit seinem Doping-Geständnis den angeschlagenen Radsport in eine neue Glaubwürdigkeitskrise gestürzt und dabei auch Superstar Lance Armstrong schwer belastet.

Landis gab im US-Internetportal „ESPN.com“ zu, über die längste Zeit seiner Karriere verbotene Mittel genommen zu haben – auch bei seinem Tour de France-Sieg 2006, der ihm aufgrund eines positiven Testosteron-Tests aberkannt wurde. „Ich will ein reines Gewissen“, sagte der 34- Jährige, der seine Enthüllungen in den vergangenen Wochen dem US- Radsportverband und dem Weltverband UCI mitgeteilt hat. Im Laufe seiner Karriere habe er unter anderem auf EPO, Testosteron, Wachstumshormone und Blut-Transfusionen zurückgegriffen.

Mit detaillierten Schilderungen über die geheime Lagerung von Blut-Konserven in seinem Ex-Team US Postal brachte Landis laut der Tageszeitung „Wall Street Journal“  auch seine früheren Mannschaftskollegen Armstrong, George Hincapie und Teamchef Johan Bruyneel in große Bedrängnis. Zudem bezichtigte er Levi Leipheimer und Dave Zabriskie des EPO-Dopings. Hincapie wies die Anschuldigungen bereits zurück. Der siebenmalige Tour-de-France-Gewinner Armstrong, der Doping stets bestritten hat, wollte sich mit Bruyneel vor der fünften Etappe der Kalifornien-Rundfahrt äußern.

„Rache üben“

„Was will er denn damit erreichen? Seine Glaubwürdigkeit ist gleich Null. Er will Rache üben, das ist doch offensichtlich“, sagte UCI-Präsident Patrick McQuaid der Nachrichtenagentur dpa und befürchtet einen neuen Imageverlust für seinen Verband, „das ist sehr traurig für den Radsport. Der Sport hatte sich wieder erholt und jetzt das?“

Sämtliche Unterlagen lägen bei der UCI-Rechtsabteilung, ein Gespräch mit Landis sei aber nicht geplant: „Er hat so oft gelogen, sogar ein Buch geschrieben, wie er sauber die Tour gewonnen hat.“ Die Anschuldigungen gegen Armstrong seien „nichts Neues“. „Es ist nicht das erste Mal, dass Armstrong angeklagt wurde, aber bis jetzt gibt es noch keine Beweise“, so McQuaid.

Landis hat nach eigenen Angaben erstmals 2002 bei US Postal gedopt. „Wenn ich jetzt nicht etwas sage, dann ist es sinnlos, überhaupt jemals etwas zu sagen“, sagte der US-Amerikaner mit Blick auf die Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur, nach denen der Missbrauch verbotener Substanzen nach acht Jahren verjährt. Bruyneel soll Landis damals unter anderem Blut-Doping und den Gebrauch von Wachstumshormonen erklärt haben. Mit Armstrong habe er über die Notwendigkeit von Blut-Transfusionen gesprochen, wurde Landis im „Wall Street Journal“ zitiert.

Armstrongs Blut

2003 sei Landis im Trainingslager von US Postal in Spanien zweimal ein halber Liter Blut entnommen worden. Dieses Blut sollte ihm während der Frankreich-Rundfahrt wieder zugeführt werden. Dem Zeitungsbericht zufolge soll die Blutentnahme in Armstrongs Wohnung stattgefunden haben. Dort seien auch Blut-Behälter von Armstrong und Hincapie in einem versteckten Kühlschrank aufbewahrt worden. Landis habe täglich die Temperatur des entnommenen Blutes kontrollieren müssen.

Bei seinem Wechsel von US Postal zu Phonak 2006 hatte Landis dann nach eigenen Angaben mit seinem neuen Schweizer Teammanager Andy Rihs ausgehandelt, dass Phonak die Kosten für das Blut-Doping übernehme. Rihs wies diese Behauptung am Donnerstag „entschieden“ zurück. „Weder ich noch die Führung des Teams wussten, dass Floyd Landis dopte“, sagte der Ex-Teamchef in einer Mitteilung. „Bei seinem Eintritt in unsere damalige Rennsportgruppe hat Floyd Landis persönlich unterschrieben, dass er sich an unseren Code hält und keine illegalen Praktiken anwendet“, stellte Rihs klar.

Geächteter im Radsport

Am 20. September 2007 war Landis der Tour-Sieg 2006 durch die UCI aberkannt und er rückwirkend für zwei Jahre bis zum 20. Januar 2009 gesperrt worden. Über Jahre hinweg hatte er Millionen Dollar investiert, um vor Gericht seine vermeintliche Unschuld zu beweisen. Mit seiner Klage gegen die zweijährige Sperre war er aber vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne gescheitert. Im Februar 2009 hatte er sein Comeback gegeben, ein Jahr später wurde bekannt, dass Frankreich sogar einen nationalen Haftbefehl gegen Landis erlassen hatte. Nach Ansicht der Behörden soll sich der Radprofi in das Computersystem des französischen Anti-Dopinglabors gehackt haben. Dabei wurden Daten geändert oder gelöscht.

Landis offenbarte, reinen Tisch machen zu wollen, weil ihn die Jahre der Täuschung psychisch belastet hätten. Als Geächteter im Radsport habe er ohnehin kaum noch eine Chance, jemals wieder für ein hochkarätiges Team zu fahren. Der schwerste Schritt sei in diesen Tagen allerdings das Telefonat gewesen, in dem er seiner Mutter die ganze Wahrheit berichtet habe.

(dpa)