Bereits zu Beginn des Rennens zeigten sich die Luxemburgerinnen offensiv. Nina Berton attackierte drei Kilometer nach dem Start und bildete damit eine Ausreißergruppe. Zusammen mit der Spanierin Sara Martin und der Schweizerin Carolin Baur konnte sie sich etwa eine Minute Vorsprung auf das Peloton erarbeiten. Doch das Hauptfeld ließ das Trio nicht richtig ziehen. Dennoch zeigte sich Berton über rund 50 Kilometer an der Spitze des Rennens. Für sie sollten die restlichen 100 Kilometer aber schwer werden, immerhin hatte die Fahrt in der Ausreißergruppe viele Kräfte gekostet. Die Bedingungen machten den Fahrerinnen das Leben dabei noch schwerer. Der Regen setzte während des Rennens nicht aus, zudem hatten die Radsportlerinnen mit der Kälte zu kämpfen.
Es sollte jedoch nicht lange dauern, bis die nächste Luxemburgerin ganz vorne zu sehen war. Christine Majerus war etwa 90 Kilometer vor dem Ziel in einer elfköpfigen Spitzengruppe vertreten. Doch auch diese Gruppe wurde vom Hauptfeld kontrolliert. Rund zehn Kilometer ließen die großen Nationen die Spitzengruppe fahren. Während Majerus sich in der ersten Gruppe, die 42 Fahrerinnen groß war, hielt, war Marie Schreiber zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlagen. Die Espoirs-Fahrerin wurde kurze Zeit später komplett unterkühlt aus dem Rennen genommen.
Kälte und Dauerregen
Majerus kämpfte lange um den Anschluss an die erste Gruppe, musste dann aber 51 Kilometer vor dem Ziel abreißen lassen. Am Ende kam sie als 44. mit 11:01 Minuten Rückstand auf Kopecky ins Ziel. „Das Rennen war ganz okay“, sagte die 37-Jährige. „Ich habe das getan, was in meinen Möglichkeiten war. Die Gruppe, in der ich war, war eigentlich gut, es hätte anders laufen können. Kurz nachdem wir eingeholt wurden, gingen bei mir die Lampen aus. Ich bin aber zufrieden mit dem Rennen. Es war zu steil für mich. Als Team sind wir gut gefahren. Nina hat sich gezeigt, ich habe mich gezeigt. Am Ende haben wir kein Resultat, aber das war bekannt.“
Für Majerus, die nach der Saison ihre Karriere beenden wird, war es das letzte WM-Straßenrennen. Richtig genießen konnte sie es aufgrund der widrigen Bedingungen aber nicht. „Ich bin jetzt erst mal froh, dass es vorbei ist“, sagte sie kurz nach der Zielankunft. „Es war doch sehr ungemütlich. Die Stadt ist schön und trotz des Wetters waren viele Leute da. Die Stimmung war gut, aber das Wetter nicht. Ich dachte aber insgesamt, dass das Rennen früher etwas härter werden wird. Ich war aber wahrscheinlich gut drauf, deswegen habe ich es vielleicht nicht so empfunden.“
Bertons Lieblingswetter
Während Majerus in der Mixed-Zone Interviews gab, fuhr Berton als 71. auf 21:05 Minuten das Rennen zu Ende. „Wir hatten im Team die Taktik, jemanden in die Ausreißergruppe zu schicken. Es hilft immer, wenn jemand vorne ist. Vor allem für Marie. Mit ihr hatten wir die größte Chance, in der U23 ein gutes Resultat einzufahren. Ich bin nach drei Kilometern also schon herausgefahren. Leider war die Schweizerin in der Gruppe schon am Ende ihrer Kräfte, bevor es richtig losgegangen ist. Deswegen war es schwierig für uns. Ich bin froh, dass wir erst oben am Berg eingeholt wurden, so konnte ich noch ein bisschen mitfahren.“

Am Ende trotzten lediglich 81 Fahrerinnen dem Dauerregen von Zürich. Der Rest gab das Rennen auf. „Ich komme nicht zu einer WM, um sie nicht zu Ende zu fahren. Man sollte zu solchen Rennen immer mit Ambitionen kommen. Wenn man das Nationaltrikot trägt, dann sollte man auch das Beste geben, was man hat“, erklärte Berton. „Ich habe viele Fahrerinnen gesehen, die mit der Kälte nicht klargekommen sind. Ich mag das Wetter, das ist genau meins. Ich friere auch jetzt noch nicht, mir ist nicht mal kalt. Deswegen mag ich die Klassiker am liebsten“, grinste Berton im Zielbereich. Während einige Radsportlerinnen vor Kälte kaum sprechen konnten und andere in Rettungsdecken zum Bus gebracht werden mussten, stand die 23-Jährige problemlos den Journalisten Rede und Antwort.
Kopecky siegt im Sprint
Mit dem Ausgang des Rennens hatten die Luxemburgerinnen also nichts zu tun. Im Zürcher Dauerregen wiederholte die Belgierin Lotte Kopecky ihren Triumph vom vergangenen Jahr. Chloe Dygert aus Italien sprintete auf Platz 2, Elisa Longho Borghini aus Italien komplettierte das Podium.
Das Rennen hatte in Uster mit einer Gedenkminute für die am Donnerstag gestürzte und am Samstag verstorbene Muriel Furrer begonnen. Ihre Schweizer Teamkolleginnen fuhren während des neutralen Starts geschlossen an der Spitze des Feldes. Kopecky gedachte auch in der Stunde ihres Sieges Furrer: „Wir haben alle während der Schweigeminute geweint. Ich widme ihr meinen Titel, der ist für sie“, sagte die Olympiadritte von Paris.
Die Strecke hatte das Feld über 2.384 Höhenmeter bis zum Ziel am Sechseläutenplatz am Ufer des Zürichsees geführt. Dygert war eigentlich schon abgehängt, doch die Bahnrad-Olympiasiegerin von Paris kam heran, weil Liane Lippert, Kopecky, Longo Borghini und die Niederländerin Demi Vollering taktierten. Am Ende entschied sich der WM-Titel im Sprint einer sechsköpfigen Gruppe.
Die Radsport-WM endet am Sonntag mit dem Straßenrennen der Männer über 273,9 km zwischen Winterthur und Zürich. Die Titelkämpfe waren auf „Wunsch der Familie“ der verstorbenen Furrer fortgesetzt worden, wie der Weltverband UCI und die Organisatoren am Samstag mitteilten.
Im Überblick
WM-Staßenrennen der Frauen, Uster-Zürich (154,1 km):
1. Lotte Kopecky (Belgien) in 4:05:26 Stunden, 2. Chloé Dygert (USA), 3. Elis Longho Borghini (Italien), 4. Liane Lippert (Deutschland), 5. Demi Vollering (Niederlande), 6. Ruby Roseman-Gannon (Australien) alle gleiche Zeit, 7. Justine Gekhiere (Belgien) 1:06, 8. Marianne Vos (Niederlande), 9. Riejanne Markus (Niederlande) alle gleiche Zeit, 10. Blanka Vas (Ungarn) 3:00, … 44. Christine Majerus (Luxemburg) 11:01, … 71. Nina Berton (Luxemburg) 21:05
DNF: Marie Schreiber (Luxemburg)
De Maart
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