PowerliftingLuxemburger holt Gold in Ulaanbaatar: Mark Notschaele ist Masters-3-Weltmeister

Powerlifting / Luxemburger holt Gold in Ulaanbaatar: Mark Notschaele ist Masters-3-Weltmeister
Behielt trotz äußerst knappen Kopf-an-Kopf-Rennens einen kühlen Kopf: Mark Notschaele (M.) Foto: privat

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„Niet te stoppen“, würden die Menschen in Sluiskil, dem kleinen Dorf in der niederländischen Provinz Zeeland, aus dem der Vollblut-Kraftsportler ursprünglich kommt, sagen. Nach einem Vize-Weltmeistertitel 2022 und Vize-Europameistertiteln in diesem Jahr hat es Mark Notschaele ganz an die Spitze geschafft. Dabei ging er nicht nur aus einem harten Kampf bei den Masters 3 +120 kg Classic als Sieger hervor, sondern wurde in der Mongolei ebenfalls zum zweiten „Best Overall Lifter“ in dieser Altersklasse gekürt. 240 kg in der Kniebeuge (Squat), 160 kg im Bankdrücken (Benchpress) und 270 kg im Kreuzheben (Deadlift) gehen auf sein Konto.

240 kg im Squat, 165 kg im Benchpress, 247,5 kg im Deadlift für den Luxemburger Mark Notschaele. 225, 140 und 275 kg für den Australier Richard Lewis. So weit die Zahlen, mit denen die beiden direkten Konkurrenten angemeldet waren. Nur wenige Punkte trennten sie – 652,5 und 640 –, und wo der eine zumindest von den Meldedaten her im Benchpress überragte, holte der andere im Deadlift wieder ordentlich auf. Ein Kampf, über dem ein großes Fragezeichen stand. Vor allem war Lewis bis dahin auf internationaler Ebene ein unbeschriebenes Blatt: Wie weit würde der Australier in Ulaanbaatar gehen?

Dass Powerlifting-Wettkämpfe nicht nur durch körperliche und mentale Kraft, sondern auch durch strategisches Denken entschieden werden können, bewies der Zweikampf um Gold deutlich. Eine echte Achterbahnfahrt sollte die beiden Athleten erwarten. Zusätzlich lauerte noch der Brite Robert Sadler: ein Powerlifter mit internationaler Erfahrung, der mit 572,5 angemeldet war und ebenfalls für die eine oder andere Überraschung sorgen könnte.

Kopfzerbrechen und Nervenpartien

Erste Disziplin, erster Anlauf: Notschaele begann mit einem Sicherheitsversuch von 225 kg in der Kniebeuge. Da dieser einwandfrei über die Bühne ging, steigerte er sich auf 240 kg, verlor aber im letzten Moment das Gleichgewicht. Der dritte Versuch gelang – daraufhin stand es 240 für Notschaele und 242,5 für den Australier Lewis, wohl wissend, dass Ersterer aufgrund des niedrigeren Körpergewichts mehr Punkte sammeln würde.

Im Bankdrücken konnte der Luxemburger, der mit seinen beiden Söhnen Timo und Steffen Notschaele als Assistant-Coaches angereist war, den Abstand zu seinem direkten Konkurrenten erhöhen. 160 kg standen zu Buche – im Gegensatz dazu blieb Lewis bei den gemeldeten 140 kg, während Robert Sadler aufgrund von drei Fehlversuchen keine Chance mehr auf eine Platzierung hatte. Für reichlich Aufsehen sorgte dann aber der Thailänder Paul Levine, der auf der Liste mit einem höheren Benchpress- als Squat-Wert gemeldet war und dies letztendlich auch bestätigte. Dass Kraftsportler stärker im Bankdrücken als in der Kniebeuge sind, ist sehr selten.

Sekunden der Wahrheit

Nun stand fest: Das Kreuzheben sollte die große Entscheidung herbeiführen. Die Anspannung war nicht nur den beiden Anwärtern auf die Goldmedaille, sondern auch IPF-Präsident Gast Parage, der den packenden Kampf in dieser Kategorie kommentierte, anzusehen. Vater und Söhne der Familie Notschaele beschlossen, aufs Ganze zu gehen und Robert Lewis etwas zu „provozieren“: 245 kg als erster Versuch waren gleichbedeutend mit der persönlichen Bestmarke bei der EM zu Beginn des Jahres. Lewis erwiderte mit 260 kg. Selbstbewusst schraubte Luxemburg die Marke ebenfalls hoch auf 260 kg – ein Erfolg, den der Australier nicht auf sich sitzen lassen konnte und mit 275 kg konterte. Wie Notschaele nach dem Wettkampf mitteilte, gelangen die 260 ohne Probleme.

Mit der entsprechenden Zuversicht trug Team Luxemburg 270 als letzten Versuch ein. Um zu gewinnen, wären für Lewis die 290 notwendig gewesen – ein Gewicht, an das er sich bislang noch nicht herangewagt hatte. So meldete sein Trainer vorsichtshalber 280 an. Notschaele ließ sich jedoch nicht beirren und blieb bei den 270.

Der Luxemburger hatte bereits bei der Masters-WM 2022 in St. John’s, Kanada, Silber geholt
Der Luxemburger hatte bereits bei der Masters-WM 2022 in St. John’s, Kanada, Silber geholt Foto: privat

Dies erwies sich als die richtige Entscheidung: Der Luxemburger bewies Mut und Nervenstärke und wuchs über sich hinaus, als er im Kreuzheben 270 kg, zugleich einen neuen nationalen Rekord, zur Strecke brachte. Lewis stand unter Zugzwang und ließ statt 280 als letzten Versuch 290 eintragen. Fast hätte er damit Erfolg gehabt, wäre er nicht am Lockout, der letzten Phase der Bewegung, gescheitert.

Somit stand der neue Weltmeister bei den 60- bis 69-Jährigen mit mehr als 120 kg Körpergewicht im Classic-Powerlifting fest. Er kommt aus Luxemburg, treibt Kraftsport seit mehr als 40 Jahren und bleibt trotz der zahlreichen Erfolge bescheiden. Nach dem Wettkampf bedankte er sich beim luxemburgischen Nationaltrainer Alain Hammang für die exzellente Vorbereitung auf die WM, seinen beiden Söhnen für das Coaching auf der Plattform sowie seiner Ehefrau und den Silverbacks, deren Trainer er ist, für die wertvolle Unterstützung.

Mit einem Gesamtergebnis von 670 kg, Silber im Kreuzheben, Gold in der Alters- und Gewichtsklasse sowie dem Titel des zweiten „Best Overall Lifter“ bei den Masters 3 geht es zurück nach Luxemburg, wo der heimische Verband einen weiteren historischen Erfolg verzeichnet. Nachdem vor kurzem Gabriel Ndoja in der Open-Altersklasse Westeuropameister geworden ist und Junior-Athlet Philippe Parage Bronze bei der EM und Junioren-WM gewonnen hat, kann getrost von einer neuen Ära im Luxemburger Powerlifting gesprochen werden.

Einige Zahlen und Fakten zur WM

Ein Sportturnier auf Weltklasseniveau, bei dem der jüngste Athlet 40 Jahre alt ist und es nach oben hin keine Altersgrenze gibt? Bei der Masters-WM im Powerlifting treten echte Kraftmenschen auf, und zwar ausschließlich in den Kategorien 1 (40 bis 49 Jahre), 2 (50 bis 59), 3 (60 bis 69) und 4 (ab 70). Manche trainieren bereits seit Jahrzehnten, andere haben ihre Leidenschaft für das schwere Eisen erst rezenter für sich entdeckt, doch sie alle zeigen den Youngsters, wo der Hammer hängt. Dass 80- oder gar 90-Jährige teilnehmen, ist keine Seltenheit.

Ältester Athlet bei den Classic- und Equipped-Weltmeisterschaften in der Mongolei ist Lokalmatador Tsegmed Byambaa mit 83 Jahren. Er tritt in der Kategorie -74 kg an, die vom Japaner Sato Kuniyoshi, 80 Jahre alt und mit einem Deadlift von 200 kg angemeldet, angeführt wird. Auch bei den Frauen kann mit neuen Rekorden gerechnet werden, vor allem auf Weltstar Kimberly Walford (Masters 1, -76 kg, mit einem Deadlift von sagenhaften 240 kg angemeldet) werden alle Augen in den kommenden Tagen gerichtet sein.

Die WM begann am 8. und findet noch bis zum 15. Oktober statt. Sie wird live auf dem YouTube-Kanal der Asian Powerlifting Federation – www.youtube.com/@apf-powerlifting – übertragen.