Charles Stelmes ist seit dem 15. September Direktor der Eneps, der „Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“. Diese Institution ist u.a. für die Trainerausbildungen zuständig und somit maßgeblich bestimmend, in welche Richtung sich der Sport in Luxemburg entwickeln soll. Stelmes und seinem Team fehlt es jedenfalls nicht an Visionen. Auf lange Sicht soll der Trainer als Beruf in der Gesellschaft etabliert werden.
Charles Stelmes hat sich schnell an seinen neuen Arbeitsplatz gewöhnt. „Der Weg zur Arbeit ist ja immer noch der gleiche“, schmunzelt der ausgebildete Sportlehrer, der im vergangenen Schuljahr noch im Sportlycée unterrichtete, das wie die Eneps auf dem INS angesiedelt ist. „Außerdem bin ich ja auch vorher bereits hier ein und aus gegangen“, so der ehemalige Judoka, der sich auch noch stark für seinen Sport einsetzt und vor allem das Interreg-Programm mit ausgearbeitet hat. „Charel ist ein guter Mann für diesen Job. Als ich von seiner Nominierung erfahren habe, konnte ich beruhigt meine Rente antreten“, erklärte Camille Dahm, der Vorgänger von Stelmes an der Spitze der Eneps.
Tageblatt: Was hat Sie an dem Job des Eneps-Direktors gereizt?
Charles Stelmes: Der Reiz liegt darin, dass man die Ausbildung der Trainer, die immerhin die Überbringer unserer Ausbildungsphilosophie sind, gestalten kann. Man arbeitet nicht mehr mit einzelnen Athleten zusammen, was mir auch großen Spaß macht, sondern die Arbeit hier ist konzeptueller. Man arbeitet Ideen aus und erreicht eine wesentlich größere Anzahl an Personen. Das ist es, was ich persönlich an diesem Job so spannend finde.
Wenn man von Ausbildungsphilosophie spricht: Worauf legt die Eneps besonderen Wert?
Die Eneps hat sich in den Jahren 2011 und 2012 viele Gedanken über die Ausbildung unserer Athleten – also auch der Trainer – gemacht. Unter meinem Vorgänger Camille Dahm hat man sich dazu entschieden, ganz eng mit den kanadischen Kollegen zusammenzuarbeiten und ihr Modell des „Long term athlete development“ auf Luxemburg anzuwenden. Wir haben die Ausbildungskurse von den Kanadiern erworben, bevor sie dann spezifisch an die luxemburgischen Bedürfnisse angepasst wurden. Die Leute, die mit diesem Modell arbeiten, sind davon überzeugt. Es ist eine andere Vorgehensweise als vorher: weniger Frontalunterricht, dafür mehr Workshops. Somit wird der Austausch zwischen den auszubildenden Trainer gestärkt und diese müssen sich auch kritisch mit ihrem Wissen auseinandersetzen.
Welche Philosophie steckt hinter dem kanadischen Modell?
Wie der Name „Long term Athlete development“ bereits von sich erklärt, geht es darum, dafür zu sorgen, dass die Menschen möglichst lange sportlich aktiv bleiben können. In jungen Jahren geht es darum, den Athleten an den Wettbewerbssport, sprich den Leistungssport heranzuführen. Da eine Sportlerkarriere allerdings zeitlich sehr begrenzt ist, ist das kanadische Modell darauf angelegt, dass man auch nach einer Karriere im Leistungssport noch aktiv bleiben kann. Auch viele Jugendliche merken mit 14 oder 15, dass der Leistungssport nicht der richtige Weg für sie ist. Das kanadische Modell sieht vor, dass sie bis dahin eine allgemeine motorische Ausbildung mit auf den Weg bekommen haben, um schnell auch an einer anderen Sportart Spaß zu finden, wenn auch vielleicht nicht mehr auf dem allerhöchsten Niveau.
Die Anforderungen an die ‚bénévols‘ werden immer größer, deswegen muss man sie besser auf die anstehenden Arbeiten vorbereiten
In welchen Bereichen sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Da sehe ich vor allem einen Bereich, und zwar die „préparation physique“. Es werden zwar schon seit längerem Kurse bezüglich Fitness-Training bei der Eneps angeboten, jedoch wurden diese bislang im Rahmen des „sport-loisir“ abgehalten. Es ist aber wichtig, die Fitness-Trainer noch besser und spezifischer auszubilden. Sogenannte „préparateurs physiques“ werden in sämtlichen Sportarten gebraucht. Und da jede Sportart andere Anforderungen an die Athleten stellt, muss auch die körperliche Vorbereitung spezifisch ausfallen. Im Moment sind wir dabei, gemeinsam mit den Verbänden etwas auszuarbeiten.
Wie soll dies konkret aussehen?
Ein Fitness-Coach muss sowohl das Profil des Athleten kennen, den er betreut, als auch die Anforderungen und die spezifischen Leistungsfaktoren der jeweiligen Sportart. Hier arbeiten wir sehr eng mit den Verbänden zusammen, denn niemand kennt die Anforderungen an seine Sportart besser als der Technische Direktor oder eben der Nationaltrainer. Wir legen z.B. verschiedene Faktoren fest, wie Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, um nur diese zu nennen, und die Verbände sagen uns dann, wie wichtig diese Faktoren in ihren Sportarten sind. So können wir eine Ausbildung anbieten, die auf Module aufgebaut ist und wo es für jeden Leistungsfaktor verschiedene Grade gibt. So können wir z.B. mit einem Verband festlegen, dass ein Fitness-Coach in einer bestimmten Sportart bspw. beim Leistungsfaktor Kraft die zweithöchste Stufe absolviert haben muss, dafür bei der Schnelligkeit lediglich die Basis-Stufe. Damit kann eine qualitativ hochwertige Vorbereitung der Athleten garantiert werden. Der Fitness-Trainer bekommt dann auch das Logo des jeweiligen Verbandes, damit er belegen kann, dass er die Kompetenzen hat, um in der jeweiligen Sportart zu arbeiten.
Ab wann soll diese Ausbildung angeboten werden?
Das wird wohl noch etwas dauern. Erst mal müssen wir, in Zusammenarbeit mit Experten, die verschiedenen Stufen in den einzelnen Leistungsfaktoren definieren, um die Module dann auch dementsprechend vorzubereiten. Im Fitness-Bereich gibt es nämlich viele verschiedene Philosophien. Ich habe mich unter anderem bereits mit Heinz Thews unterhalten und wir werden in diesem Zusammenhang mit dem „préparateur physique“ des LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) zusammenarbeiten. So können wir dafür sorgen, dass die Sportler von einem einheitlichen Konzept profitieren können. Diejenigen die es bis ins LIHPS schaffen, müssen sich also nicht erst an eine neue Philosophie gewöhnen und können so für ihre Entwicklung wertvolle Zeit sparen.
Welche Rolle spielt der „sport-loisir“ für die Eneps?
Wenn man die Leute über einen möglichst langen Zeitraum im Sport halten will, dann ist der „sport-loisir“ ein sehr wichtiger Faktor. Es ist ein sehr breit gefächertes Feld, doch auch hier versuchen wir, sicherzustellen, dass die Trainer oder Betreuer richtig ausgebildet sind. Es ist auf jeden Fall ein äußerst interessanter Bereich, auch für die Sportbewegung, sprich Vereine, die durch ein attraktives Angebot im „sport-loisir“ neue Mitglieder finden können. Vor allem spricht man eine andere Kundschaft an als mit dem Wettkampfsport. Es sind vor allem Leute in einem fortgeschritteneren Alter, die sogar vielleicht über eine gewisse Erfahrung verfügen und somit für den Verein eine Bereicherung sein können, z.B. als Vorstandsmitglied. Der „sport-loisir“ ist ein Markt mit viel Potenzial, nicht zuletzt für die Entwicklung der Vereine.
Die Eneps kann auch helfen, indem sie sich dafür starkmacht, den Beruf des Trainers in Luxemburg aufzuwerten
Für die Vereine wird es immer schwieriger, über die Runden zu kommen. Hat die Eneps Einfluss auf diesen Bereich?
Wir wollen in diesem Sinne einen „Brevet d’Etat“ – wie bei der Trainerausbildung – im Bereich Sportmanagement ausarbeiten. Ein qualitativ hochwertiges Management ist unabdingbar, damit sich Vereine gut entwickeln können. Die Anforderungen an die „bénévols“ werden immer größer, deswegen muss man sie besser auf die anstehenden Arbeiten vorbereiten. Hinzu kommt noch, dass man, wenn man ihnen ein Diplom überreicht, ihr Engagement, ihre Arbeit aufwertet. Zudem weist diese Zertifizierung darauf hin, dass der Verein über eine gewisse Professionalität verfügt, was für potenzielle Mitglieder sicherlich auch interessant ist.
Die Probleme des „bénévolat“ sind seit Jahren bekannt, nicht nur im Sport. Sehen Sie irgendeine Lösung, um etwas an der Situation zu ändern?
Die Grenzen der Freiwilligenarbeit dürften mittlerweile jedem bekannt sein. Mit dem „subside qualité plus“ versucht die Politik ja bereits, etwas gegenzusteuern. Auf diesem Weg soll mehr Geld in die Sportbewegung fließen, was die Vereine wiederum entlasten soll. Die Eneps kann hier auch helfen, indem sie sich dafür starkmacht, den Beruf des Trainers in Luxemburg aufzuwerten. Es wäre wünschenswert, irgendwann mal so weit zu kommen, dass wenn Kinder ihren Eltern sagen, „ich will Trainer werden“, diese nicht gleich antworten: „Lern erst einmal einen richtigen Beruf und wenn du möchtest, kannst du dann immer noch in deiner Freizeit Trainer spielen.“ Da sehe ich u.a. die Eneps in der Verantwortung, gleichwohl auch andere Akteure gefordert sind. Der „subside qualité plus“ ermöglicht es größeren Vereinen, auch verstärkt auf professionelle Trainer zurückzugreifen.
Nicht wenige Klubs greifen bereits auf professionelle Trainer zurück. Das sind aber in den wenigsten Fällen Luxemburger.
Genau deshalb muss am Berufsbild des Trainers gearbeitet werden. Die Attraktivität des Trainerjobs ist durch den unsicheren Arbeitsplatz beschränkt. Wenn du ein Leben lang auf CDDs angewiesen bist, ist das etwas ganz anderes als wenn du beim Staat arbeitest (lacht). Das muss allerdings nicht so sein. In Frankreich gibt es z.B. ein interessantes Modell: Die Trainer sind fest in einem „pool des employeurs“ angestellt und werden von dort aus an die Vereine weitervermittelt. Dieser „pool des employeurs“ sorgt dafür, dass die Trainer eine Arbeit haben. Bei so einem Modell steigt die Attraktivität des Trainerjobs natürlich. Was Berufe im Sport angeht, ist Frankreich vielen anderen Ländern weit voraus. Vieles ist dort durch einen gesetzlichen Rahmen klar definiert.
De Maart

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