90-Tage-Sperre gegen Blatter

90-Tage-Sperre gegen Blatter
(Reuters/Denis Balibouse)

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Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA hat eine 90-Tage-Sperre gegen Präsident Joseph S. Blatter beantragt. Er will aber bleiben.

Joseph S. Blatter denkt im Machtkampf bei der FIFA nicht an Aufgabe, doch die Luft wird für den Präsidenten des Fußball-Weltverbandes immer dünner. Die FIFA-Ethikkommission hat eine 90-Tage-Sperre gegen den Schweizer beantragt. Das bestätigte Blatters Berater Klaus J. Stöhlker der BBC.

„Die Nachricht wurde dem Präsidenten heute Nachmittag überbracht. Er bleibt ruhig. Denken Sie daran, dass er der Vater der Ethikkommission ist“, sagte Stöhlker und fügte an: „Es ist vorläufig für 90 Tage, aber er ist nicht wirklich suspendiert. Die Kommission hat noch keine Entscheidung getroffen.“ Die rechtsprechende Kammer um Richter Hans-Joachim Eckert muss nun über den Antrag beraten, eine endgültige Entscheidung soll am Freitag fallen.

Strafverfahren

Bei einer Sperre müsste Blatter sein Büro im Hauptquartier der FIFA in Zürich räumen. Zudem würde ein Stadionverbot gegen ihn verhängt – seine Zeit beim Weltverband wäre bereits vor den für den 26. Februar geplanten Neuwahlen abgelaufen. Ein enger Mitarbeiter Blatters bestritt gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP allerdings, dass der FIFA-Präsident Kenntnis von einem solchen Antrag habe. Gegen Blatter, der seit dem 8. Juni 1998 im Amt ist, wurde Ende September in der Schweiz ein Strafverfahren eröffnet, der Vorwurf lautet Untreue.

Die Ermittler werfen dem 79-Jährigen den Verkauf von TV-Rechten für WM-Turniere zu Dumping-Preisen und eine Millionen-Zahlung an UEFA-Präsident Michel Platini vor. Blatter selbst denkt aber (noch) nicht an einen Rückzug. „Ich werde am 26. Februar aufhören. Dann ist definitiv Schluss – aber keinen Tag früher“, sagte er in einem Interview mit der Illustrierten Bunte (Donnerstag-Ausgabe) zum Druck durch die laufenden Strafermittlungen und Rücktrittsforderungen von wichtigen US-Sponsoren.

Machtkampf

Blatter bleibt beachtlich offensiv. „Das ist nur eine Untersuchung. Kein Anklage“, spielte der 79-Jährige die Untersuchungen der Schweizer Bundesanwaltschaft ebenso wie die Distanzierung von FIFA-Geldgebern herunter: „Das sind nur die Amerikaner.“ Stöhlker forderte die abgerückten US-Sponsoren sogar heraus: „Da es sich offensichtlich um eine ‚politische‘ Forderung aus den USA handelt, hat Sepp Blatter sie zurückgewiesen“, sagte Stöhlker im Interview mit dem Schweizer Kommunikationswirtschafts-Magazin „persönlich“: „Es gibt genügend Weltkonzerne, die einen Ausfall der US-Sponsoren sofort ausgleichen würden. Deswegen haben die US-Sponsoren auch darauf verzichtet, die geltenden Verträge mit der FIFA zu kündigen.“

Erstmals nach dem Misstrauensvotum der US-Sponsoren unterstrich Blatter seine Entschlossenheit persönlich „Ich werde bis zum 26. Februar kämpfen. Für mich. Für die FIFA. Ich bin überzeugt, dass das Böse ans Licht kommen und das Gute gewinnen wird.“ Der 79-Jährige bekräftigte seine Selbstwahrnehmung als Motor der FIFA-Neustrukturierung: „Ich halte das aus, weil ich der Überzeugung bin, dass ich die nötigen Reformen zum Wohle der FIFA einleiten kann. Man muss mich nur endlich arbeiten lassen – und nicht ewig diese Attacken.“

„Heuchler“

Blatters Rivale Chung Mong-Joon (Südkorea) läutete unterdessen in der Schlammschlacht mit neuen Angriffen auf den FIFA-Paten die nächste Runde ein. „Er gibt sein Gehalt nicht preis und betreibt eine heimlichtuerische Geschäftsführung. Deswegen plane ich, Herrn Blatter wegen Unterschlagung und Veruntreuung anzuzeigen“, sagte der frühere FIFA-Vize in London: „Herr Blatter ist ein Heuchler und ein Lügner.“

Ungeachtet seiner Ausbootung als Kandidat durch eine drohende 19-Jahres-Sperre durch die FIFA-Ethikkommission („Killer im Auftrag von Herrn Blatter“) versprach Chung Reformen bei der FIFA: „Das FIFA-Abzeichen ist zu einem Symbol der Schande geworden. Ich möchte es wieder zu einem Symbol des Stolzes machen.“ Die Frage nach der Rolle von Chungs Konkurrent Platini im FIFA-Skandal treibt derweil die Europäer um.

„Das ist eine wirklich unangenehme Situation“, sagte Österreichs Verbandschef Leo Windtner der Tiroler Tageszeitung: „Es ist zwingend, dass er die Sache jetzt schnell aufklärt, denn eine Verunsicherung ist in den europäischen Verbänden da.“

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