Samstag1. November 2025

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SerbienVerschärfung des Kampfes ums TV-Kabel – und die Medienfreiheit

Serbien / Verschärfung des Kampfes ums TV-Kabel – und die Medienfreiheit
Auch die serbische Premierministerin Ana Brnabic wetterte bereits gegen den regierungskritischen Kabel-TV-Sender „N1“ Foto: Gerry Schmit/Editpress-Archiv

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Serbiens staatliche Telekom will ihrem größten Mobilfunkkonkurrenten den Einstieg ins Kabel-TV-Geschäft ermöglichen. Die private United Group wittert in der geplanten Kooperation ein Kartell zur Medienknebelung: Ein öffentlich gewordenes Strategiepapier der Telekom scheint den Verdacht zu bestätigen.

Im neu aufgeflammten Kampf um Serbiens TV-Kabel nehmen die Kontrahenten kein Blatt vor den Mund. Die Schaffung eines „Kartells zur Medienknebelung“ wirft der private, in acht südeuropäischen Staaten operierende Kabel-TV-Anbieter United Group (UG) Serbiens staatlicher Telekom vor. Die UG „missbraucht ihre Medien zur Abrechnung mit der Konkurrenz“, poltert der Staatskonzern zurück: Die UG stelle den „kontinuierlichen Rückgang“ des Marktanteils ihres Kabelanbieters SBB zu Unrecht als Bedrohung der Medienfreiheit dar.

Der Streit um Serbiens Kabelnetz eskaliert. Der Anlass ist die geplante Kooperation der beiden größten Anbieter auf Serbiens Mobiltelefonmarkt: Mit der Vermietung ihres Glasfaserkabelnetzes will die selbst vermehrt im Mediengeschäft aktive Telekom der von der tschechischen PPF kontrollierten Telenor Srbija den Einstieg ins Internet- und Kabel-TV-Geschäft ermöglichen.

Von einer „EU-konformen Marktliberalisierung“ spricht Telekom-Chef Vladimir Lucic. Weniger wirtschaftliche als politische Motive wittert hingegen die UG hinter dem Deal. Die Telekom wolle mit Hilfe der Telenor den regierungskritischen Kabel-TV-Sendern „N1“ und „Nova“ die Existenzgrundlage entziehen, so der Vorwurf.

Verkappter Feldzug gegen lästige TV-Sender

Tatsächlich gelten die beiden, vor allem in den Großstädten zu empfangenden Kabelsender als zwei der wenigen unabhängigen Lichter in Serbiens Mediendunkel: Alle TV-Sender mit nationaler Reichweite werden direkt oder indirekt von der regierenden SNS kontrolliert. „Geht es um Profit oder Knebelung der Medien, die die Regierung kritisieren?“, fragt sich die Zeitung Danas: „Ist Business oder Politik das Motiv für die Telekom-Offensive?“

Zumindest ein öffentlich gewordenes und von Lucic unterzeichnetes Strategiepapier der Telekom scheint den UG-Verdacht eines verkappten Feldzugs gegen ihre lästigen TV-Sender zu bestätigen: Offen wird in dem Dokument vom Telekom-Management die beabsichtigte Verdrängung der UG aus dem serbischen Markt thematisiert.

Die Kooperation mit Telenor biete „große Vorteile“ bei der Vergrößerung des Umsatzes und der „endgültigen Zerschlagung“ der UG-Tochter SBB, so das Papier der Telekom-Direktion. Mit dem Marktzutritt der Telenor werde der Marktanteil der SBB von derzeit knapp 50 „rasch auf unter 30 Prozent“ schrumpfen. Danach werde der Kabelnetzbetreiber nicht mehr über „die Kapazitäten“ verfügen, in seine Sender und Programminhalte zu investieren: Nach dem „völligen Zusammenbruch“ der SBB werde Telekom als der „einzige qualitative Lieferant von Inhalten“ auf dem Markt verbleiben.

Kooperation mit autoritären Machthabern

Die Echtheit des von N1 veröffentlichten Strategiepapiers hat der Staatskonzern auffälligerweise nicht dementiert. Stattdessen soll bei der fieberhaften Suche nach dem Maulwurf in den Telekom-Reihen laut „Nova“ mittlerweile auch der Geheimdienst BIA eingeschaltet worden sein.

Nach der Telekom hat derweil auch die 2018 von dem tschechischen Medienmogul Petr Kellner übernommene Telenor Srbija den UG-Vorwurf der Bedrohung der Medienfreiheit entschieden zurückgewiesen. Zur Verwirklichung ihrer Geschäftsziele und „zum Wohl der Nutzer“ miete die Telenor nur zusätzliche Kabelkapazitäten an. Die UG-Sender weisen hingegen darauf hin, dass sich der tschechische Multimilliardär beim Aufbau seines weltweiten PPF-Imperiums auch in anderen Staaten des Vorwurfs einer sehr willfährigen Kooperation mit autoritär gestrickten Machthabern ausgesetzt sah – zuletzt bei der Übernahme von Sloweniens populärstem Privatsender Pop-TV im Oktober.

Im Dezember berichteten slowenische Medien über ein Geheimtreffen Kellners mit Premier Janez Jansa: Vor dessen Verkauf hatte der Rechtsausleger den Sender als „die größte Oppositionspartei“ des Landes kritisiert. Auffallend ähnlich klingen die Vorwürfe serbischer Regierungspolitiker gegen die beiden missliebigen UG-Sender. N1 sei zu „einer politischen Partei“ geworden, wetterte schon vor Jahresfrist Premierministerin Ana Brnabic, die Statthalterin des allgewaltigen Präsidenten Aleksandar Vucic auf der Regierungsbank.