In Indonesien ist die Zigarettenwelt in Ordnung

In Indonesien ist die Zigarettenwelt in Ordnung

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Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

In den meisten Ländern dieser Erde ringt die Tabakindustrie bereits ums Überleben. Von den Regierungen werden die Zigarettenhersteller mehr und mehr beschnitten. Anders in Indonesien: Dort ist Rauchen bei Männern so verbreitet wie weltweit nirgendwo. Kinder machen es ihnen nach.

Im Rest der Welt sind selbst die Tabakkonzerne dabei, der Zigarette so langsam, aber sicher den Rücken zu kehren. Sogar Philip-Morris-Chef André Calantzopoulos läutete im Interview mit der BBC Ende 2016 schon das „Ende der Zigaretten-Ära“ ein. Als Alternative schlug er damals die Elektro-Tabakzigarette vor.

Fakt ist, dass Werbeverbote, hohe Steuern und schockierende Fotos auf den Verpackungen den Vertrieb von Zigaretten in vielen Ländern immer schwerer machen. Die meisten Menschen sind über die potenziell tödlichen Folgen des Rauchens informiert, das einst „coole“ Image ist der Branche vielerorts abhanden gekommen. In diesem Todeskampf klammert sich die Industrie nun an Länder mit weniger strengen Regulierungen und einer Kultur, in der Rauchen noch positiv besetzt ist: Indonesien ist dafür das markanteste Beispiel.

Als die indonesische Regierung im November beispielsweise den Verkauf von E-Zigaretten-Materialien beschnitt, empfahl der Handelsminister Betroffenen, doch lieber zu „regulären Rauchern“ zu werden.

200.000 Tote pro Jahr

Dabei sterben schon jetzt jährlich rund 200.000 der insgesamt 260 Millionen Indonesier an den Folgen der Tabaknutzung. Der südostasiatische Inselstaat hat die höchste Raucherquote der Welt. Rauchten im Jahr 2000 noch 56 Prozent der Männer, waren es 2015 bereits 76 Prozent. Rauchen ist dabei eine fast ausschließlich männliche Angewohnheit. Bereits ganz kleine Jungen hängen am Glimmstängel: 2010 ging beispielsweise die Nachricht eines zweijährigen Rauchers um die Welt. Dieser hat das Rauchen inzwischen zwar aufgegeben, doch über fünf Millionen andere Kinder rauchen nach wie vor.

Indonesien hat zudem als einziges Land in der Asien-Pazifik-Region das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs nicht unterzeichnet. Kein Wunder vielleicht, denn die Tabakindustrie ist mächtig in Indonesien: Sie sponsert Sport- und Kulturveranstaltungen und präsentiert sich selbst als essenzieller Teil der indonesischen Volkswirtschaft.

Kretek

Die meisten Indonesier rauchen „Kretek“-Zigaretten, die zum Teil aus geschroteten Gewürznelken bestehen und den Tabak so „abschwächen“, aber mindestens genauso gesundheitsschädlich sind wie herkömmliche Zigaretten. Viele Indonesier rauchen bis zu drei Pakete der Billigzigaretten am Tag, die den Ruf haben, eng mit der indonesischen Kultur verbunden zu sein.

Internationale Tabakfirmen wie Philip Morris International (PMI) und British American Tobacco (BAT) haben ihre Chance bereits erkannt. PMI hat 2005 den indonesischen Kretek-Produzenten Sampoerna gekauft, BAT 2009 das Unternehmen Bentoel.

„Effektives Lobbying hat PMI und BAT erlaubt, die volle Bandbreite von Marketingmitteln zum Einsatz zu bringen“, schrieb das akademische Medium Jstor Daily Ende Dezember. Massive Werbung im Fernsehen und im Kino, an Lastwägen und Hauswänden drängt die allbekannten Gesundheitsrisiken in den Hintergrund. Stattdessen wird die Botschaft vermittelt, dass Rauchen männlich sei. Dieser Trend hat laut des Wissenschaftsmediums zu einem enormen Anstieg des Rauchens in den besser gestellten Klassen geführt. Rauchen ist in Indonesien inzwischen nicht mehr nur auf die Arbeiterklasse beschränkt.

Trotzdem gibt es auch Ausnahmen: So hat die Ortschaft Penas im Osten von Jakarta im vergangenen Jahr weltweite Schlagzeilen gemacht, als sie sich erstmals zur zigarettenfreien Zone erklärte und eine Kampagne gegen das Rauchen startete.