Noch sind die Vakzine weltweit knapp – vor allem in der Europäischen Union. Die Politik drängt darauf, alle Möglichkeiten für eine erhöhte Impfstoff-Produktion auszureizen. Deshalb arbeiten Impfstoffhersteller wie die deutschen Biotechfirmen Biontech und CureVac mit Hochdruck daran, ihre Produktionskapazitäten auszuweiten, und holen sich dafür auch Partner ins Boot.
Andere, wie die Dessauer IDT Biologika – die wie Biontech und CureVac von der deutschen Regierung in einem bis zu 750 Millionen Euro schweren Sonderprogramm gefördert wird –, mussten zuletzt Rückschläge in der Entwicklung eigener Impfstoffe hinnehmen. Sie könnten nun die Vakzine wie das von AstraZeneca oder gar den russischen Impfstoff „Sputnik V“ herstellen. Ein Sprecher von Sachsen-Anhalts Landesregierung bestätigte, dass das Land eine solche Kooperation bei einer europäischen Zulassung von „Sputnik V“ unterstützen würde.
IDT wollte sich nicht konkret dazu äußern und erklärte nur: „Wir sind mit verschiedenen Impfstoffherstellern in Verhandlung, um die große Herausforderung einer zuverlässigen Impfstoffbereitstellung gemeinsam zu meistern.“ Geschäftsführer Jürgen Betzing wies beim Impfgipfel nach Teilnehmerangaben aber darauf hin, dass man Impfstoff etwa von AstraZeneca produzieren könne. Das Vakzin des britisch-schwedischen Pharmakonzerns erhielt die dritte EU-Zulassung nach den Mitteln von Biontech/Pfizer und Moderna. IDT stellte im Januar fest, dass sein eigener Impfstoff in einer ersten Prüfung nicht wirksam genug war und sich die weitere Entwicklung verschiebt.
Ausweitung der Produktion kostet Zeit
In einem ähnlichen Dilemma steckt der französische Pharmakonzern Sanofi. Auch sein Impfstoffprojekt verzögert sich, nachdem das Mittel bei älteren Erwachsenen keine ausreichende Reaktion des Immunsystems hervorgerufen hatte. Derweil greifen die Franzosen Biontech unter die Arme und wollen die Mainzer bei der Fertigung unterstützen. Sanofi will dafür eine Anlage in seinem Frankfurter Werk nutzen, die bislang Diabetes-Medikamente herstellte. Die Umstellung benötigt Zeit, erst ab dem Sommer sind erste Lieferungen zu erwarten.
Und das wäre für die Impfstoffproduktion schon ungewöhnlich schnell. „Wenn man jetzt anfängt, Firmen umzurüsten, braucht man sicherlich ein Jahr“, gab Biontech-Finanzvorstand Sierk Poetting kürzlich zu bedenken. Auch könne der Impfstoff nicht einfach von Generikaherstellern in Schwellenländern hergestellt werden. „Das ist eine völlig neue Technologie, die man nicht mal eben in ein Pillenwerk reinbringen kann“, sagte er mit Blick auf die noch völlig neue mRNA-Technologie, auf der das Biontech-Vakzin basiert. In Indien stellt dagegen der weltgrößte Impfstoffproduzent, das Serum Institute of India, das AstraZeneca-Mittel her. Dieses ist allerdings ein sogenannter Vektorimpfstoff und beruht damit auf einer herkömmlichen Herstellungsweise. Auch mehr Geld helfe nicht: „Wir tun wirklich alles, was wir können“, sagte Poetting.
Biontech sammelt Kooperationspartner
Eine schnelle Entspannung bei der Impfstoffversorgung ist daher trotz aller Anstrengungen nicht zu erwarten. In seinem Produktionsziel von zwei Milliarden Impfdosen in diesem Jahr hat Biontech bereits eingeplant, dass das Unternehmen mehr Lieferanten und Vertragshersteller gewinnen kann. Der US-Konzern Baxter will im westfälischen Halle immerhin schon ab diesem Monat den Biontech-Impfstoff herstellen. Zu den Produktionspartnern gehört auch der bayerische Arzneimittelhersteller Dermapharm. Ende Januar kündigte gar der Schweizer Pharmariese Novartis an, Biontech ab dem zweiten Quartal bei der Abfüllung unter die Arme zu greifen.
Der Moderna-Impfstoff wird für die EU vorwiegend vom Schweizer Auftragshersteller Lonza produziert und von der spanischen Rovi fertiggestellt und ausgeliefert. CureVac, dessen Vakzin sich in der entscheidenden Phase der Entwicklung befindet und noch nicht zugelassen ist, bekommt vom Partner GlaxoSmithKline Unterstützung für die Herstellung von bis zu 100 Millionen der für dieses Jahr geplanten 300 Millionen Impfdosen. Auch der Leverkusener Bayer-Konzern, der bislang keine Impfstoffe herstellt, will mithelfen und ab 2022 weitere 160 Millionen Dosen des CureVac-Impfstoffs produzieren. Als Produktionspartner hat sich CureVac neben Wacker Chemie auch den Pharma-Dienstleister Rentschler, der auch Fertigungsschritte für Biontech übernimmt, ins Boot geholt.
Das ist eine völlig neue Technologie, die man nicht mal eben in ein Pillenwerk reinbringen kann
Neben Bayer überlegen auch die beiden anderen großen Pharmakonzerne aus Deutschland – Merck aus Darmstadt und der Familienkonzern Boehringer Ingelheim – wie sie sich bei der Impfstoffherstellung einbringen könnten. Merck erwägt, ob für Biontech einzelne Prozessschritte übernommen werden könnten, etwa die Abfüllung und die Verpackung. Die Hessen beliefern Biontech bereits mit Lipiden, die für die Herstellung des Vakzins essenziell sind, und unterstützen weltweit mehr als 50 Covid-19-Impfstoffprojekte mit Produkten wie Filtern, Bioreaktoren und Zellkulturmedien. Boehringer prüft wiederum, ob Kapazitäten aus der Tierimpfstoffproduktion in Frankreich für die Abfüllung von Covid-19-Impfstoffen genutzt werden könnten, wie ein Sprecher sagte.
Andere Pharmariesen steigen dagegen ganz aus dem Impfstoff-Rennen aus: Der US-Konzern Merck & Co. will sich nur noch auf die Entwicklung von Corona-Medikamenten fokussieren, nachdem seine Vakzine in der frühen klinischen Entwicklung gefloppt waren. (Reuters)
Merkel und Macron verteidigen EU im Impf-Streit
Im Streit um die Engpässe bei Corona-Impfstoffen haben sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hinter die EU und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestellt: „Wir unterstützen die Arbeit der Kommission und der Kommissionspräsidentin“, sagte Merkel in Berlin nach einer rund zweistündigen Videokonferenz mit Macron. Die Produktion eines Impfstoffes sei „keine Sache, die man von heute auf morgen machen kann“, betonte sie.
Auch Macron sagte: „Ich unterstütze den europäischen Ansatz, den wir gewählt haben.“ Die Lage bezeichnete er allerdings als äußerst ernst: „Wir stehen mitten in der Schlacht und wir müssen kämpfen.“ Zugleich drückte der Präsident aufs Tempo: Die EU habe 2,3 Millionen Impfdosen gekauft, nun müsse die Beschaffung und die zusätzliche Produktion in Europa beschleunigt werden, forderte er. Zudem müssten die Vakzine an die hoch ansteckenden Mutanten angepasst werden. „Ab April wird vieles besser laufen“, zeigte sich der Präsident überzeugt.
Von der Leyen hatte zuvor Fehler bei der Impfstoff-Beschaffung eingeräumt. „Wir hätten den Menschen erklären sollen, dass es vorangeht, aber langsam, und dass es bei diesen komplett neuen Verfahren Probleme und Verzögerungen geben wird“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung (Freitagausgabe) und ausländischen Medien. (AFP)
 
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Klar, da ist eine Menge Geld im Spiel. Da geht es um Millionen und Milliarden.