GipfeltreffenEU strebt nach „strategischer Autonomie“

Gipfeltreffen / EU strebt nach „strategischer Autonomie“
EU-Ratspräsident Charles Michel (l.) und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz zum Abschluss des EU-Gipfels in Slowenien Foto: AP/dpa/Darko Bandic

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Die Europäische Union will ihr Verhältnis zu den USA neu ordnen und sich außen- und sicherheitspolitisch neu aufstellen. Darüber sprachen nicht nur die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem informellen Gipfeltreffen in Slowenien. Das Europäische Parlament hat dazu ebenfalls eine Resolution verabschiedet.

Zwei jüngste Ereignisse haben bei den EU-Europäern einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Da war zum einen der chaotische Abzug aus Afghanistan, der den Mitgliedstaaten der Union ihre Grenzen aufgezeigt hat. Selbst gemeinsam sind sie offenbar nicht in der Lage, das zu tun, was die USA alleine schaffen. Bei der Evakuierung waren die EU-Staaten auf die Präsenz der US-Truppen sowie auf deren logistische Unterstützung angewiesen. Zum anderen wurde vor rund drei Wochen die Aukus genannte neue Allianz im Indopazifik zwischen den USA, Großbritannien und Australien angekündigt. Weder darüber, noch über die für Frankreich verstörende Ankündigung, dass Australien atomar betriebene U-Boote von den USA erhält und daher einen mit Paris abgeschlossenen Vertrag über die Lieferung von Diesel-U-Booten kündigt, waren die europäischen Verbündeten im Vorfeld in Kenntnis gesetzt worden. Was dazu geführt hat, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass es mit US-Präsident Joe Biden tatsächlich zu einem Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen kommen wird.

Zu einem Abrücken oder gar Bruch mit dem großen Verbündeten jenseits des Atlantiks werden es die Europäer nicht kommen lassen. Das wurde dieser Tage beim Gipfel im slowenischen Brdo pri Kranju versichert, das haben die EU-Parlamentarier in ihrer Resolution verdeutlicht, indem sie etwa dazu aufrufen, die transatlantische Zusammenarbeit zu vertiefen. In seinen Schlussfolgerungen hält der Präsident des EU-Rats, Charles Michel, seinerseits fest, dass die EU mit „Verbündeten und gleichgesinnten Partnern“ zusammenarbeiten wolle, zu denen „insbesondere“ die USA sowie die NATO zählten, „die der Eckpfeiler unserer Sicherheit ist“. Michel hält weiter fest, dass die EU-Staaten ihre Lehren aus den jüngsten Krisen ziehen wollen und sich die Mitgliedstaaten dafür einsetzen wollen, „unsere Stärken zu festigen und unsere Resilienz zu erhöhen, indem wir unsere kritischen Abhängigkeiten verringern“, wie es weiter in der Pressemitteilung des Rates heißt.

Spannungen im Indopazifik

Die Losung dafür heißt „strategische Autonomie“. Sowohl in wirtschafts- als auch in verteidigungspolitischer Hinsicht wollen sich die EU-Staaten unabhängiger machen. Auch darüber sind sich der Rat und die EU-Parlamentarier einig. Letztere wollen sicherstellen, dass sich die EU in die Lage versetzt, um „bei Bedarf in außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten eigenständig zu entscheiden und zu handeln“. Der EU-Ratspräsident führte seinerseits gestern die Herstellung von Mikrochips an, bei der es seit geraumer Zeit einen Engpass gibt. Die EU müsse eigene Produktionskapazitäten aufbauen, um die Abhängigkeit von Drittstaaten bei der Beschaffung der für die weitere Digitalisierung der Wirtschaft so wichtigen Mikrochips zu verringern, erklärte Charles Michel. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits während ihrer Rede zur Lage der Union einen entsprechenden Vorschlag dazu angekündigt. Genannt wurden aber auch die Bereiche Handel, Cybersicherheit, Energie, Digitales und Industriepolitik, in denen die Autonomie der EU gefördert werden soll.

Eine Abkehr von der NATO werde es nicht geben, versicherten die beiden Präsidenten noch einmal. Die NATO sei das stärkste Militärbündnis, „die EU wird niemals eine Militärallianz sein“, sagte Ursula von der Leyen. „Alle Anstrengungen sind komplementär zur NATO“, so die Kommissionschefin weiter. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat von den 27 EU-Staats- ud Regierungschefs den Auftrag erhalten, bis zum November den Entwurf eines sogenannten „Strategischen Kompasses“ vorzulegen, der dann bei weiteren Gipfeltreffen besprochen werden soll.

Dabei dürfte nicht zuletzt auch auf die zunehmenden Spannungen im Indopazifik eingegangen werden. Auch hier will die EU ihren eigenen Weg gehen und hat dazu jüngst eine Strategie vorgelegt. Die Ankündigung der Aukus-Allianz, die sich gegen die Hegemoniebestrebungen Chinas in der indopazifischen Region in Position bringt, sorgte für erheblichen Missmut bei den EU-Verbündeten. Die 27 wollen denn auch gegenüber China ihre eigenen Interessen verfolgen, sehen Peking jedoch nicht nur als Partner, sondern auch zusehends als Wettbewerber und systemischen Rivalen.

HTK
7. Oktober 2021 - 17.36

Die Dame rechts hat viel Ahnung von Strategie.Also keine Angst.

Wieder Mann
7. Oktober 2021 - 11.35

Von Cäsar über Napoleon bis Hitler wollten diese ihr Reich bis zum Ural ausdehnen, wenn auch mit anderen Mittel.Die EU mit Ihrer strategischen Erweiterungspolitik der Versprechungen an die Balkanländer sich bald im Schoße der EU wiederzufinden, der Einmischung in afrikanischen Ländern wie Mali , …hat sich einzig allein das Wie einer verdeckten Kolonialpolitik im Geiste unserer Großväter geändert.