Mailand-SanremoPogacar Chef am Roulettetisch? Der Slowene peilt sein 3. „Monument“ an – Mit Geniets, Kluckers und Wirtgen

Mailand-Sanremo / Pogacar Chef am Roulettetisch? Der Slowene peilt sein 3. „Monument“ an – Mit Geniets, Kluckers und Wirtgen
Der Favorit bei der 114. Ausgabe von Mailand-Sanremo: Tadej Pogacar vom Team UAE Foto: Anne-Christine PoujoulatAFP

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Tadej Pogacar ist der große Favorit der 114. Ausgabe von Mailand-Sanremo, die am Samstag ausgetragen wird. Neben dem Gewinner von Paris-Nice gibt es aber viele andere Sieganwärter, von Wout Van Aert über Mathieu Van der Poel und Julian Alaphilippe bis hin zu Matej Mohoric oder gar Peter Sagan. Am Start sind mit Kevin Geniets, Arthur Kluckers und Luc Wirtgen auch drei Luxemburger Fahrer.

Immer wieder was Neues! So wie Paris-Roubaix nicht in Paris, sondern in Compiègne startet, beginnt Mailand-Sanremoam Samstag (18.3.) erstmals nicht in Mailand, sondern im 22 km entfernten Städtchen Abbiategrasso. Dort, südwestlich von Mailand, fand gestern Abend im „Castello Visconteo“ die Mannschaftsvorstellung statt, und von der dortigen Piazza Cavour geht es am Samstagmorgen ab 9.55 Uhr in einer 7,8 km langen „Prozession“ zum definitiven Start, der um 10.10 Uhr gegeben wird.

Vor den 175 Teilnehmern, unter ihnen auch die Luxemburger Kevin Geniets, Arthur Kluckers und Luc Wirtgen, liegt eine 294 km lange Strecke mit der Ersteigung des „Turchino“ (532 m), den drei „Capi“ („Mele“, „Cervo“ und „Berta“), der „Cipressa“ (239 m) und dem „Poggio“ (160 m). Wer dort als Erster am weltweit bekannten roten Telefonhäuschen vorbeikurvt, hat gute Aussichten auf einen Podiumsplatz, denn bis ins Ziel auf der Via Roma von Sanremo verbleiben dann nur mehr knappe 6 km.

Pogacar unschlagbar?

Mailand-Sanremo ist ein in vielerlei Hinsicht einmaliges Rennen. Mit seinen 294 km (301,8 inklusive Anfahrtsstrecke) bleibt es von der Länge her im internationalen Radsportkalender unerreicht. Es wurde sowohl von „Legenden“ (Eddy Merckx, 7 Siege) als auch von „Nobodys“ (Neoprofi Marc Gomez, 1982, nach einer 286 km langen Flucht) gewonnen, ist von der Streckenführung her wohl das „leichteste“ aller fünf „Monumente“, aber auch dasjenige mit dem am schwersten zu prognostizierenden Ausgang.

Wie viele Ausgaben zuvor verspricht Mailand-Sanremo 2023 ein Roulettespiel zu werden. Croupier am Tisch ist diesmal Tadej Pogacar, der für so manchen Insider momentan als unschlagbar bei solch einem Rennen gilt. Der erst 24-jährige Slowene (geb. am 21.9.1998 in Komenda) hat bereits drei „Monumente“ gewonnen (Liège-Bastogne-Liège 2021, Giro di Lombardia 2021, 2022). Mit Mailand-Sanremo könnte er seinem Palmarès einen vierten Klassiker hinzufügen.

Pogacar, der in dieser Saison an 13 Renntagen schon neunmal ganz oben auf dem Podium stand (2 Gesamterfolge und 7 Etappensiege bei der Andalusien-Rundfahrt und bei Paris-Nice) scheint am ehesten dazu fähig, als Erster über den Poggio zu fahren und den Vorsprung wie sein Vorbild Eddy Merckx bis ins Ziel zu wahren. Letztes Jahr versuchte der Slowene es gleich dreimal, wurde danach aber in der kurvenreichen und gefährlichen Abfahrt eingefangen. Statt Pogacar gelang dessen Landsmann Matej Mohoric das Kunststück, sich auf einem speziell angefertigten Rennrad abzusetzen und als Sieger ins Ziel zu fahren.

Sagans 13. Versuch

Mohoric gehört auch diesmal zu den Mitfavoriten, genauso wie die Sieger von 2019 und 2020, Julian Alaphilippe und Wout Van Aert. Zu diesen gesellen sich Mathieu Van der Poel, Filippo Ganna, das neue belgische „Wunderkind“ Arnaud De Lie aus dem benachbarten Lescheret (Province de Luxembourg) und, warum eigentlich nicht, der dreimalige Weltmeister Peter Sagan (2015, 2016, 2017). Zwölfmal schon war der Slowake bei Mailand-Sanremo dabei. Gleich fünfmal beendete er das längste Rennen des Radsportkalenders auf dem vierten Platz (2012, 2015, 2019, 2020, 2021). Seine bisher besten Resultate erzielte er 2013 und 2017 mit einem zweiten Rang. Vielleicht klappt es beim 13. Anlauf bis auf die höchste Stufe des Podiums!

Unter den 175 Konkurrenten aus 25 Mannschaften sind diesmal drei Luxemburger, davon einer mit Mailand-Sanremo-Erfahrung: Kevin Geniets (letztes Jahr 107. auf 6‘01“) geht als Helfer an den Start. Das Groupama-FDJ-Team baut auf Arnaud Démare, der Mailand-Sanremo 2016 nach einem tumultösen Sprint und vielen Verdächtigungen gewann (manche behaupten, er hätte sich von einem Mannschaftswagen ins Feld zurückschleppen lassen). Sollte Démare in der „Cipressa“ oder schon früh im „Poggio“ abgehängt werden, könnte Geniets wohl seine eigenen Karten ausspielen und in eine interessante Rolle hineinwachsen.

Kirsch und Jungels forfait

Neben Kevin Geniets sollten eigentlich auch Alex Kirsch und Bob Jungels bei der „Classicissima“ dabei sein. Beide aber mussten krankheitshalber forfait erklären.

In der Person von Kirsch (letztes Jahr 40. auf 1‘14“) verliert der Däne Mads Pedersen damit sein bestes „Zugpferd“, um endlich ein „Monument“ davonzutragen. Pedersen war Weltmeister (2019), feierte Etappensiege bei einer Reihe Rundfahrten, gewann auch verschiedene Halbklassiker und Klassiker (u.a. Kuurne-Brüssel-Kuurne 2019, Gent-Wevelgem 2020), doch zu einem ersten Rang bei einem der fünf größten Eintagesrennen schaffte er es bisher nicht. Immerhin aber stand er bei der „Ronde van Vlaanderen“ 2018 als Zweiter auf dem Podium.

Genau wie Trek-Segafredo musste auch Bora-Hansgrohe die Mannschaft wegen der Erkrankung von Bob Jungels und seinem Teamgefährten Maximilian Schachmann umbauen. Teamchef Rolf Aldag hofft jetzt auf einen Massensprint, in dem Sam Bennett, der 32-jährige irische Etappensieger von Paris-Nice, seine Trümpfe ausspielen könnte.

Erstmals an den Start von Mailand-Sanremo gehen zwei junge Luxemburger Talente. Da das neu gegründete Schweizer Tudor Pro Cycling Team eine Einladung erhielt, dürfen Arthur Kluckers, der vor drei Tagen seinen 23. Geburtstag feierte (geb. am 15.3.2000), und der 24-jährige Luc Wirtgen (geb. am 7.7.1998) sich an die lange Strecke wagen.

Wirtgen hat in den letzten Jahren bei Bingoal Rennerfahrung gesammelt, während Kluckers erstmals vor drei Tagen bei Mailand-Turin auf diesem hohen Niveau unterwegs war. Dabei klassierte sich der Luxemburger auf dem 109. Rang mit 1‘42“ Rückstand auf seinen jungen niederländischen Mannschaftskameraden Arvid De Kleijn, der das Rennen überraschend vor dem Kolumbianer Fernando Gaviria gewann. Dies zur Freude von Tudor-Manager Fabian Cancellara, dem Mailand-Sanremo-Sieger von 2008.

Fakten

* Erstauflage: 14. April 1907. Sieger war der Franzose Lucien Petit-Breton. Samstag (18.3.) kommt es zur 113. Auflage.
* 51 italienische, 62 ausländische Siege, davon 22 belgische.
* Rekordsieger: Eddy Merckx (Belgien) – 7 Erfolge (1966, 1967, 1969, 1971, 1972, 1975, 1976) vor Costante Girardengo (6), Gino Bartali (4), Erik Zabel (4), Fausto Coppi (3), Eric De Vlaeminck (3), Oscar Freire (3).
* Schnellstes Rennen: Gianni Bugno 1990. Schnitt 45,806 km/h
* Palmarès der letzten Jahre: Matej Mohoric (2022), Jasper Stuyven (2021), Wout Van Aert (2020), Julian Alaphilippe (2019), Vincenzo Nibali (2018), Michal Kwiatkowski (2017), Arnaud Démare (2016), John Degenkolb (2015), Alexander Kristoff (2014), Gerald Ciolek (2013), Simon Gerrans (2012), Matthew Goss (2011), Oscar Freire (2004, 2007, 2010), Mark Cavendish (2009), Fabian Cancellara (2008), Filippo Pozzato (2006), Alessandro Petacchi (2005).
* Letzter italienischer Sieger: Vincenzo Nibali (2018), letzter Sieger im Weltmeistertrikot: Giuseppe Saronni (1983).
* Offiziöser Start: Samstag (18.3.) um 9.55 Uhr auf der Piazza Cavour in Abbiategrasso“, offizieller Start (km 0) um 10.10 Uhr in Abbiategrasso.
* Ankunft: zwischen 16.30 und 17.10 Uhr in Sanremo auf der Via Roma.
* Strecke: 294 km (301,8 km mit der Anfahrtsstrecke): Hauptschwierigkeiten: Passo del Turchino (532 m, km 144,4), Capo Mele (67 m, km 242,5), Capo Cervo (61 m, km 247,4), Capo Berta (130 m, km 255,2), Cipressa (239 m, km 272,4), Poggio di San Remo (160 m, km 288,5).
* Am Start: 25 Mannschaften mit je 7 Fahrern (im Total 175 Fahrer): AG2R-Citroën, Alpecin-Deceuninck, Astana Quazaqustan, Bahrain Victorious, Bora-Hansgrohe, Cofidis, EF Education-Easypost, Eolo Kometa Cycling Team, Green Project-Bardiani-CSF Faizane, Groupama FDJ, Ineos-Grenadiers, Intermarché-Circus-Wanty, Israel Premier Tech, Jumbo-Visma, Lotto-Dstny, Movistar Team, Q36,5 Pro Cycling Team, Soudal Quick Step, Team Arkea-Samsic, Team DSM, TotalEnergies, Trek-Segafredo, Tudor Pro Cycling Team, UAE Team Emirates.
* Drei Luxemburger Fahrer am Start: Kevin Geniets (Dossard Nr. 92), Arthur Kluckers (Nr. 236), Luc Wirtgen (Nr. 234).
* Nicht mit dabei: Thomas Pidcock (verletzt), Michael Matthews, Greg Van Avermaet, Maximilian Schachmann, Bob Jungels, Alex Kirsch (alle krank).
* Wettquoten: Van Aert 5/1; Pogacar 5/1; Mohoric 10/1; Ewen 12/1; Van der Poel 12/1; Pedersen 14/1; Alaphilippe 18/1; Kragh Andersen 20/1; Girmay 20/1; Philipsen 25/1; De Lie 28/1; Ganna 28/1.
* Preisgelder: 1. Platz 20.000 €, 2. 10.000 €, 3. 5.000 €, 4. 2.500 €, 5. 2.000 €., 6.+7. 1.500 €, 8.+9. 1.000 €, 10.-20. 500 € Preisgelder bis Platz 20.
* Wetterprognose: Sonnig beim Start in Mailand (9.40 Uhr, 10 Grad), heiter in Sanremo (nachmittags, 15 Grad).
*Direkte Fernsehübertragung: ab 9.45 bei Eurosport 2, ab 14.00 Uhr bei Rai2, ab 13.40 Uhr bei La Une (RTBF1) P.L.