Aus Reims berichten „T“-Redakteur Kim Hermes (khe) und „T“-Radsport-Experte Petz Lahure (P.L.)
Das Ganze endete mit einem dreifachen Bruch des linken Schlüsselbeins. Bereits in der Nacht zu gestern wurde Schleck im CHL in Luxemburg operiert. Eine Metallplatte mit acht Schrauben fixiert den Bruch. Aber Schleck sieht nach vorne und soll sogar schon davon gesprochen haben, bei der Vuelta a España zu starten.
Aussagen, die er im RTL-Interview allerdings relativierte: „Ich gucke, dass ich in 14 Tagen wieder auf das Fahrrad steige und langsam das Training wieder aufnehme. Aber jetzt schon Ziele zu setzen, das wäre zu früh“, so ein sichtlich unter Medikamenteneinfluss stehender Frank Schleck gestern Nachmittag. Was bleibt, ist jede Menge Trauer: „Ich war ganz gut drauf, habe die Tour de Suisse gewonnen. Und ich bin sicher, dass ich auch die Tour de France hätte gewinnen können. Ich hatte Respekt vor der ersten Woche der Tour und mich auf die zweite und dritte Woche gefreut. Jetzt ist es eben so.“
Auf seiner Homepage äußerte er sich zu dem Sturz. „Ich war in vierter Position auf den ‚Pavés‘ und dann passierte es. Ein Columbia-Fahrer stürzte vor mir und riss mich mit. Aber so ist Sport.“ Und der Mondorfer wusste sofort, was passiert war: „Ich hatte mir noch nie etwas gebrochen. Ich hatte schon einige Stürze, aber das hier war so ein starker Schmerz. Ich wusste sofort, dass es gebrochen war.“ Und damit auch, dass die Tour eben für ihn geendet hatte. „Es ist schade, denn ich denke wirklich, dass Andy und ich beide auf dem Podium hätten landen und um den Sieg fahren können. Nun muss sich Andy alleine darum kümmern. Er muss das jetzt für mich erledigen.“ Aber so ganz alleine ist der junge Schleck ja nicht. „Andy kann auf die gesamte Mannschaft zählen (…). Und er hat Bjarne, der ein guter sportlicher Leiter ist und der gezeigt hat, dass er ein großer Mann ist“, so Frank Schleck. Und genau das wiederholte der Mondorfer gestern noch einmal am RTL-Mikrofon: „Ich wünsche mir, dass Andy die Tour gewinnt.“
Himmel und Hölle
Und während sich der große Bruder am Dienstag auf den Pflastersteinen von Paris-Roubaix vor Schmerzen krümmte, flog der „Kleine“ im Hinterrad von Cancellara fast allen Konkurrenten um den Gesamtsieg davon, nur Cadel Evans hielt den Anschluss. Aber Contador, Armstrong und der Rest wurden stehen gelassen, auch wenn der Pannenteufel etwas nachhalf. Der Tag auf den „Pavés“ war eben einer zwischen Himmel und Hölle in der Familie Schleck. „Das war für ihn sehr schwierig“, so Fabian Cancellara gestern über Andy Schleck, „auch für das Team war es schwer. Aber so ist das Leben eines Radprofis. Bjarne hat uns heute Morgen gesagt, dass wir jetzt eben damit zurechtkommen müssen.“ Dass Andy Schleck ohne seinen Bruder verloren ist, glaubt Cancellara nicht: „Ich habe ihm gestern direkt in die Augen gesehen und zum ersten Mal denke ich, dass er bereit ist. Ich kenne Andy. Er ist kein Fahrer, der zurückschaut.“
Aber das Drama bleibt. Wo Andy fast allen Gegnern um den Gesamtsieg viel Zeit abnahm, hat Frank die Tour verlassen müssen. „Bei den Schlecks lächelt Andy und Frank weint“, so nouvelobs.com. „Andy hat dort viel gewonnen, wo Frank alles verloren hat“, so L’Equipe: „Es ist furchtbar, das zu sagen, aber es ist bestimmt kein Zufall, dass das Schicksal ausgerechnet ihn ausgesucht hat. Er, der so oft am Boden ist, ist der erste Favorit, der nach Hause fahren muss.“ Das Schweizer Boulevard-Blatt Blick sah sogar ganz Luxemburg geschockt: „Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf den schmalen Schultern von Andy Schleck. Mit großer Hilfe von Fabian Cancellara hat er auf der ‚Pavés‘-Etappe 1:13 Minuten auf den großen Tour-Favoriten Alberto Contador herausgefahren. Sein Bruder Frank hätte ebenfalls zu den Nutznießern gehören sollen. Doch der flog auf dem vierten ‚Pavés‘-Teilstück aus dem Sattel“, so die Schweizer.
Aber Schleck war bei Weitem nicht das einzige Opfer der „Pavés“. Auch Lance Armstrong verlor viel Zeit. „Armstrong se prend un pavé“ titelte Libération, „Lance Armstrong stolpert in der Hölle“ die Süddeutsche Zeitung, und angesichts des Massakers in der kleinen Hölle des Nordens, kommt Le Temps aus der Schweiz zu dem einzig möglichen Schluss: „Sous les pavés, la dynamite.“
khe
 
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