Andy Schleck: „Ich bin in der besten Form meines Lebens“

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Bei der Pressekonferenz des Saxo-Bank-Teams am Montag war natürlich auch Tour-Mitfavorit Andy Schleck zugegen, der den Luxemburger und den internationalen Medien ausführlich Rede und Antwort stand.

Aus Morzine berichten „T“-Redakteur Kim Hermes (khe) und „T“-Radsport-Experte Petz Lahure (P.L.)

Andy, war der Sieg am Sonntag ein erster Schritt zu etwas viel Größerem?
Andy Schleck: „Ja, ich habe gezeigt, dass ich da bin. Viele haben gezweifelt, nachdem sie mich bei der Tour de Suisse gesehen hatten und bei der Kalifornien-Rundfahrt, aber ich habe mir nie Sorgen gemacht. Ich wusste, dass ich bei der Tour gut sein würde. Ich werde bis zum Schluss kämpfen. Ich will das Maillot jaune und das Ziel ist es, die Tour zu gewinnen. Gestern (Sonntag, d.Red.) war es ein Etappensieg, das war fantastisch. Aber ich bleibe ruhig und halte die Emotionen zurück, denn ich will noch mehr. Dass ich am Sonntag Zeit gutmache, war nicht mal geplant. Ich bin in der besten Form meines Lebens und ich strebe nach Höherem.“

Hast du relativ spät angegriffen, um noch nicht zu früh in Gelb zu sein?
A.S.: „Beim Maillot jaune ist es so: Wenn du es kriegen kannst, dann willst du es auch. Ich will das Trikot, aber man muss Geduld haben in der Tour. Wenn du es zu früh holst, brauchst du dein TeWas wäre, wenn … 

Es ist ein Thema, das immer wieder zurückkommt. Was wäre, wenn Andy Schleck noch seinen Bruder Frank an seiner Seite hätte?
„Bei großen Rennen war er immer mein Fixpunkt“, so Andy Schleck gestern, „aber ich gebe doch jetzt nicht auf, weil Frank nicht mehr da ist. Ich bin natürlich nicht froh darüber, aber es ist so. Und es wird mich nicht von meinem Ziel abbringen.“ Teamchef Bjarne Riis schlägt in die gleiche Kerbe: „Da, wo ich herkomme, kann man die Vergangenheit nicht ändern. Es ist verlorene Zeit, darüber zu spekulieren, was wäre, wenn, denn es ändert nichts. Ob die Taktik anders wäre, kann ja jeder sich denken“, so der Däne.
Aber so richtig weg ist der große Bruder ja nicht, denn Frank und Andy stehen weiter in engem Kontakt und telefonieren viel: „Er sagt mir, dass ich ruhig bleiben soll und dass er sehr viel Vertrauen in mich hat für diese Tour. Er ist natürlich ein bisschen down, weil er nicht dabei ist. Gestern hat er mit den ganzen Emotionen, die zusammenkamen, auch ein bisschen geweint“, verriet Andy Schleck auf der Pressekonferenz des Teams, „aber ich weiß auch, was ich hier zu tun habe. Und er weiß, dass ich meinen eigenen Kopf habe. Ich bin bereit, die Herausforderung Tour-Sieg anzunehmen. Dass er nicht mehr da ist, ist mental nicht immer ganz leicht, aber es ändert nichts an meiner Form. Den zweiten Platz beim Giro 2007 habe ich auch ohne ihn geschafft.“
Und einen besonderen Gruß gab es auch schon aus Frankreich in die Heimat. Denn der erste Teddy, der Andy als bester Jungprofi überreicht wurde, war für Franks Tochter (und Andys Patenkind) Leea. Überbringer war Johny Schleck, der schon am Sonntag zurück nach Luxemburg fuhr.
khe  am – und meine Mannschaft hat schon viel gearbeitet auf den ersten Etappen. Jetzt können sie etwas relaxter sein. Wenn ich stark bin, werde ich das Maillot jaune schon holen.“

Hast du überhaupt daran gedacht, als du angegriffen hast?
A.S.: „Ich wusste ja, dass es gut einen Kilometer vor dem Ziel war. Es ist klar, dass ich da keine halbe Minute Vorsprung auf Evans herausfahre, das ist unmöglich. Ich bin ja kein Motorrad. Ich habe gehofft, dass die anderen ein bisschen im roten Bereich sind. Das haben wir ja gesehen. Und natürlich wollte ich den Etappensieg.“

Was hat dir denn mehr Genugtuung verschafft: der Etappensieg oder die Tatsache, dass die anderen Favoriten nicht folgen konnten?
A.S.: „Der Etappensieg war ein Erfolg, wie ich ihn eigentlich noch nie hatte. Normalerweise bin ich bei meinen Siegen alleine angekommen oder ich habe mal kleinere Rennen im Sprint gewonnen. So wie gestern aber noch nie, und das war eine super Genugtuung für mich. Ich habe die Arme hochgerissen und dann erst nach hinten geschaut und gedacht: ‚Wow, zehn Sekunden auf einem Kilometer auf die Favoriten herausgefahren‘. Zehn Sekunden auf einem Kilometer. Das ist viel.“

Was bedeutet es, dass auch Contador nicht folgen konnte?
A.S.: „Dass er gestern nicht folgen konnte, hat mich sehr überrascht. Aber fragt lieber ihn, was das heißt. Meine Moral hat das jedenfalls weiter gestärkt. Es war das erste Mal, dass ich gesehen habe, dass er Probleme hatte. Die gestrige Etappe war hart, aber die ganz große Auswahl hat noch nicht stattgefunden. Es war eine Vorselektion.“

Tut es dir im Nachhinein immer noch nicht leid, dass du nicht früher angegriffen hast?
A.S.: „Nein. Vielleicht hätte ich noch mehr Zeit rausgeholt, aber vielleicht hätten sich die anderen auch hinten organisiert und mich gestellt.“

Wie siehst du eigentlich Cadel Evans, immerhin hat er das Maillot jaune?
A.S.: „Cadel ist stark, hat aber einen harten Giro dItalia hinter sich. Wir müssen mal abwarten. Armstrong ist weg, Wiggins auch. Mein Fokus liegt definitiv auf Cadel Evans und Alberto Contador. Evans ist mit Sicherheit ein Podiumsanwärter, aber ich habe auch Typen wie Basso, Gesink oder Mentschow im Auge.“

Lance Armstrong hat seine Tour am Sonntag verloren. Hast du das Gefühl, das Ende einer Ära gesehen zu haben?
A.S.: „Ich war traurig für ihn, denn er wollte diese Tour. Die Leute können sagen, was sie wollen, aber er ist der größte Champion, den es im Radsport gab. So zurückzukommen für einen guten Zweck. Schade, dass er gestern (Sonntag, d.Red.) seine Tour verloren hat. Letztes Jahr mit ihm auf dem Podium zu stehen, war etwas Besonderes. Das hätte ich gerne noch mal erlebt.“

Könnte er jetzt ein Verbündeter für dich werden?
A.S.: „Nein, er hat sein Team und Levi Leipheimer ist immer noch gut platziert. Im Rennen hast du nicht viele Freunde.“

In den Ardennen hättest du selber fast alles verloren und einen Tag später auf den Pavés warst du herausragend. Was ist passiert?
A.S.: „Was dich nicht umbringt, macht dich härter. Am Tag nach dem Sturz ging es mir nicht gut, einen Tag später war es noch schlimmer und ich war froh, dass es wieder ruhiger wurde. So ist eben Radsport. Einmal bist du ganz unten, einen Moment später wieder ganz oben.“

Fabian Cancellara hat gesagt, dass er nach der Pavé-Etappe zum ersten Mal in deinen Augen gesehen hat, dass du bereit bist, die Tour zu gewinnen. Was hat er gesehen, was ist anders als 2009?
A.S.: „Es ist nichts anders, jedenfalls nichts Großartiges. Ich hätte die Tour auch letztes Jahr gewinnen können, aber da war Contador einfach unschlagbar. Aber dieses Jahr ist er zu schlagen.“

Noch ein Wort zur morgigen Bergetappe.
A.S.: „Der Col de la Madeleine wird einigen Schaden anrichten. Ich bin ihn im Training gefahren, bei 40 Grad, und habe mich nur gefragt, wie wir das in der Tour überleben sollen. Es wird aber für jeden das Gleiche. Ich sage ein großes Ausscheidungsfahren voraus. Die Abfahrt wird sehr lang, die Teams werden keine Zeit haben, sich zu organisieren.“

khe