NATO-Abwehr in Richtung Osten ist scharf

NATO-Abwehr in Richtung Osten ist scharf
(AP/Vadim Ghirda)

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An der Ostgrenze der Nato ist erstmals ein US-Raketenabwehrsystem in Betrieb genommen worden.

Im südrumänischen Deveselu wurde am Donnerstag im Beisein von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg das US-System eingeweiht, das Raketen im Anflug auf Europa zerstören soll. Moskau reagierte erbost und sprach von einer „Bedrohung für Russlands Sicherheit“.

Die Nato baut seit Anfang des Jahrzehnts einen Raketenschild auf, der die europäischen Verbündeten vor Angriffen schützen soll. Das Bündnis verweist dabei regelmäßig auf Bedrohungen durch Mittelstreckenraketen aus dem Nahen Osten, die USA verweisen immer wieder auf den Iran.

Radar

Das Abwehr-System im rumänischen Deveselu, das im Juli beim Gipfel in Warschau offiziell in den Raketenabwehr-Schirm der Nato integriert werden soll, ist die zweite Phase beim Aufbau dieses Nato-Projektes. In der Türkei wurde bereits ein Radar in Betrieb genommen, und vier Schiffe mit Raketenabwehr-Systemen sind im spanischen Rota stationiert.

Das System in Rumänien sei „eine bedeutende Verstärkung“ der Kapazitäten der Alliierten zur Raketenabwehr, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der stellvertretende US-Außenminister Frank Rose hatte zuvor in Bukarest von einem „wichtigen Fortschritt“ gesprochen und zugleich versichert, dass die russischen Befürchtungen völlig unbegründet seien.

Moskau

Das System sei „nicht gegen Russland gerichtet“ und habe nicht die technische Kapazität, die russische Nuklearabschreckung zu unterminieren. Moskau jedoch kritisierte die Inbetriebnahme des Systems scharf. „Die Stationierung von Raketenabwehrsystemen an sich ist eine Bedrohung für Russlands Sicherheit“, erklärte ein Kreml-Sprecher in Moskau.

„All das ist zu 100, 200, 300, 1000 Prozent gegen uns gerichtet. Es ist nicht der Iran, sondern Russland mit seiner nuklearen Abschreckungskapazität“, das im Visier sei, hob der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Wladimir Komojedow, laut Nachrichtenagentur Interfax hervor. Er kündigte im Gegenzug eine Verstärkung der russischen Militärkapazitäten insbesondere in der Arktis an.

Schild

Stoltenberg bekräftigte dagegen in Deveselu erneut, dass sich das System nicht gegen Russland richte. Es seien nur wenige Abwehrraketen stationiert, und diese befänden sich „zu weit im Süden oder zu nahe an Russland, um russische ballistische Interkontinentalraketen abzufangen“.

Russland geht es bei der Kritik an dem Nato-Schild weniger um die Abwehrraketen, die eine relativ kurze Reichweite haben, sondern um die starken Radaranlagen. Diese könnten demnach Starts von atomwaffenfähigen Interkontinentalraketen in Russland viel früher als bisher erfassen.

Reaktionszeiten

Aus russischer Sicht verschafft dies der Allianz längere Reaktionszeiten und damit einen militärischen Vorteil. In Deveselu sind insbesondere Abwehrraketen vom Typ SM-2 stationiert, die eine Reichweite von bis zu 170 Kilometern haben.

Der Bau der Station hatte im Oktober 2013 begonnen und insgesamt 800 Millionen Dollar (700 Millionen Euro) gekostet. Am Freitag wird offiziell mit dem Bau einer vergleichbaren Station in Polen begonnen, die 2018 fertiggestellt sein soll.