Marathon im All

Marathon im All
(Henning Kaiser)

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Zehntausende Läufer schwitzen beim Marathon in London, einer schwitzt ganz allein gut 400 Kilometer über ihnen mit: Der Astronaut Tim Peake läuft die 42-Kilometer-Strecke im All.

Tim Peake strahlt übers schweißgebadete Gesicht und hält beide Daumen hoch in die Kamera. Gerade ist der britische Astronaut 42,195 Kilometer unter ungewöhnlichen Bedingungen gelaufen: Der 44-Jährige hat den London-Marathon auf einem Laufband im All beendet.

Der Lauf in der Raumstation ISS wurde unter anderem per Live-Schaltung im Astronautenzentrum EAC in Köln überwacht. Bei der Verbindung ins All nach Zieleinlauf kam der Ton am Boden nicht an. Also rief Peake, der den All-Marathon solide in 3 Stunden und 35 Minuten lief, eben an: „Das war fantastisch heute Morgen.“

Angegurtet

Mehrere Teams des Astronautenzentrums hatten den 44-Jährigen auf seine Langzeitmission Principia und den Marathon vorbereitet. Gegen die Schwerelosigkeit musste Peake beim Lauf ein Gurtgeschirr anlegen, das angekettet an elastische Kunststoff-Bänder ihn auf die Oberfläche des Laufbands zog. Dabei wirkten um die 70 Prozent seines Körpergewichts auf ihn ein.

„Das ist ungefähr wie ein Marathon mit einem 20-Kilo-Rucksack auf den Schultern“, verglich Jaekel die Belastung. Auch die Temperatur mit etwa 23 Grad Celsius und hohe Feuchtigkeit seien eine besondere Herausforderung. So sah man Peake auch immer wieder seinen Schweiß mit einem Tuch abwischen.

Schnellster Marathon im All

Mit dem All-Marathon hat Peake nicht nur ein persönliches Ziel erreicht. Er unterstützt damit die britische Organisation Prince’s Trust für benachteiligte Jugendliche und darf sich nun auch mit einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde in der Kategorie „Schnellster Marathon im All“ bei den Männern rühmen.

Die Urkunde übergab der Vorsitzende aller Rekordrichter Marco Frigatti stellvertretend ans EAC-Team in Köln. „Wir wussten, dass er gut vorbereitet war, aber dass er den Marathon so schnell beendet, hatten wir nicht erwartet“, sagte Frigatti. Vor Peake hatte US-Astronautin Sunita Williams 2007 den Boston-Marathon im All beendet. Sie brauchte damals 49 Minuten länger.

Er verfolgte live den Marathon in London

Damit Peake sich beim All-Marathon nicht ganz so allein fühlte, hatte sich sein Team einiges einfallen lassen: „Wir haben eine App hochgeladen, die den Marathon virtuell abbildet und sich mit der Strecke auf dem Laufband synchronisiert“, erzählte Trainer Jaekel. Zudem konnte Peak auf einem zweiten Monitor live den Marathon in London verfolgen. Er hörte über Kopfhörer auch Musik beim Laufen, 57 Songs querbeet hatte er sich dafür ausgesucht. Peake ist zwar 400 Kilometer über der Erdoberfläche, aber mit dem Planeten Erde ist er gut vernetzt. Über mehrere soziale Netzwerke twittert und postet Peake aus dem All und hat zum Teil mehr als eine halbe Million Follower weltweit.

Die Marathon-Mission hat der Vater zweier Söhne zumindest erfüllt. Anfang Juni ist seine Rückkehr auf die Erde geplant. Am Tag 132 seiner Mission, dem Tag nach dem Lauf, geht es aber schon wieder weiter mit dem Sport an Bord, wenn auch nur über aktive Erholung, wie sein Trainer sagt. Die Muskeln müssen im All auf Trab gehalten werden.