Wie sich der Staat bei der Fortis einkauft

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2,5 Milliarden Euro kostet die Beteiligung an der Fortis Bank Luxemburg den Luxemburger Staat. Woher das Geld nehmen?/Lucien Montebrusco

Die Bank brauche elf Milliarden Euro, sofort, sagte die Fortis am Freitag den Benelux-Regierungen. Am Sonntagabend stellten sie 11,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Allein Luxemburg 2,5 Milliarden Euro. Das Land bekommt dafür Wandelanleihen, Wertpapiere, die sie innerhalb von drei Jahren in Aktien umtauschen muss. Wann der Staat diesen Schritt tue, sei der Regierung überlassen, so Carlo Thill, Chef der Fortis Bank Luxemburg, in einem Tageblatt-Gespräch gestern. Sollte der Staat jedoch nicht umwandeln, kann ihm dieses Geld zurückgezahlt werden. Diese Frage müsse jedoch noch genauer geprüft werden, sagte Thill. Für seine Obligationen bekomme der Staat Zinsen in Höhe von zehn Prozent.

Regierung wollte51 Prozent

Luxemburg wird mit höchstens 49 Prozent an der Bank beteiligt sein, sollte es die Aktien zeichnen. Zu Beginn hatte die Luxemburger Regierung sogar eine Beteiligung von 51 Prozent in Erwägung gezogen. Da Belgien und die Niederlande sich mit jeweils 49 Prozent an ihren Fortis-Gesellschaften beteiligten, zügelte Luxemburg seinen Appetit.
Der Anteil Luxemburgs an der Fortis soll neu bewertet werden. Sollten die 49 Prozent weniger kosten als 2,5 Milliarden Euro, wird der Bank der Rest der Mittel in Form von Kapital überlassen.
Finanziert werden soll die öffentliche Finanzspritze zum Teil aus dem Bargeldvermögen des Staates, Geld, das der Staat auf Konten und in der Kasse hat. Verwaltet wird es von Schatzamtsminister Luc Frieden. Diese Mittel werden regelmäßig in Wertpapiere angelegt. Derzeit sei das der Fall für rund 700 Millionen Euro, so Frieden gestern.
Diese Anlagen würden dann aufgelöst, um bei der Fortis einzusteigen. Bis zu 1,5 Milliarden Euro könnten aus der Staatskasse an die Fortis fließen. An Liquididät fehle es dem Staat nicht, sagte uns ein Regierungsmitglied.
Für seine Anlageentscheidungen bedarf der Budgetminister keiner parlamentarischen Genehmigung, handelt es sich bei derlei Operationen doch nicht um einen üblichen Kauf. Bekanntlich muss sich die Regierung jede Ausgabe über 7,5 Millionen Euro, für den Erwerb von Immobilien beispielsweise, per Gesetz genehmigen lassen.
Den Rest will sich der Staat bei der Staatssparkasse borgen. Wie hoch diese Anleihe sein wird, war gestern im Detail nicht bekannt. Die Rede ging gestern jedoch von bis eine Milliarde Euro. Ein gesondertes Gesetz benötigt die Regierung für diesen Schritt ebenfalls nicht. Ihr war in früheren Budgetgesetzen die Aufnahme von Darlehen erlaubt worden. Das BCEE-Darlehen wäre mit vier Prozent Zinsen zu verzinsen.
Wie lange der Staat sein Fortis-Engagement halten wird, ist vorerst unklar. Es sei nicht Aufgabe des Staats, Banker zu spielen, sagte Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker gestern im Parlamentsausschuss Finanzen.


 Fortis Lux: 3.012 Arbeitsplätze


Insgesamt beschäftigte die Fortis Luxemburg S.A. mit ihren verschiedenen Geschäftsbereichen zum 30. Juni dieses Jahres in Luxemburg 3.012 Personen.
Allein bei der „Fortis Banque Luxembourg“ (FBL) arbeiteten 2.567 Menschen, davon 48,2 Prozent Luxemburger. 52,7 Prozent der Beschäftigten der FBL – siebtgrößter Arbeitgeber in Luxemburg, gleich hinter den CFL und vor der Luxair – gehören dem männlichen, 47,3 Prozent dem weiblichen Geschlecht an.
Das Durchschnittsalter aller FBL-Mitarbeiter liegt bei 40,17 Jahren, am stärksten vertreten sind die Altersgruppen der 30- bis 40-Jährigen mit 35 Prozent und der 40- bis 50-Jährigen mit 34 Prozent.
15 Prozent aller Beschäftigten sind weniger als 30 Jahre, 16 Prozent mehr als 50 Jahre alt.

 „Strengere Regeln“

„Es war wichtig, die Fortis zu retten. Nicht nur wegen der Arbeitsstellen und der Einlagen der Sparer, sondern auch angesichts der negativen Folgen, welche ein Nichteingreifen für den ganzen Finanzsektor nach sich gezogen hätte.“ Dieser Ansicht ist OGB-L-Präsident Jean-Claude Reding. Der Vorfall unterstreiche erneut die Notwendigkeit strengerer Regeln, um eine Wiederholung solcher Entwicklungen zu verhindern. Reding hoffe, dass Zentralbank und Eurogruppe nun daran arbeiten werden.
Die Fortis-Affäre dürfe nicht als Vorwand für weitere Austeritätsmaßnahmen genommen werden. Das wäre ein schlechtes Signal. Benötigt würden vielmehr vertrauensbildende Maßnahmen.