Sonntag9. November 2025

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Vor allem die Gemeinden sind gefordert

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Im Vorfeld der Debatte um das Integrationsgesetz, welche nächste Woche in der Abgeordnetenkammer stattfindet, lud die ASTI („Association de soutien aux travailleurs immigrés“) Vertreter von Presse und Politik am vorigen Dienstag zu einer Informationsreise nach Gent (Belgien) ein, um sich vor Ort über die Integrationspolitik der dortigen Behörden zu informieren./Claude Molinaro

Warum ausgerechnet nach Gent, wird sich der Leser wohl fragen. Die Hauptstadt der Provinz Ostflandern besitzt einen Ausländeranteil von ungefähr 14 Prozent aus 150 verschiedenen Nationalitäten. Bei den Gemeindewahlen von 2006 kam die rechtsextreme, ausländerfeindliche Partei „VlaamsBelang auf 28,2 Prozent und wurde somit zur stärksten Partei auf Gemeindeebene in Flandern.
In Gent kamen die Rechten jedoch „nur“ auf 17,6 Prozent. Grund hierfür mag vielleicht die offene und progressive Ausländerpolitik sein, welche der sozialistisch-liberale Schöffenrat der Stadt betreibt.
In Belgien ist der Zentralstaat zuständig für Fragen der Einwanderung und der Einbürgerung. Themen wie Ausbildung, Kultur Gesundheit und soziale Eingliederung fallen in den Zuständigkeitsbereich der lokalen Gemeinschaft, in diesem Falle Flandern.
40 Beamte kümmern sich in einem speziellen Integrationsbüro um die Belange und Probleme der sogenannten ethnisch-kulturellen Minderheiten.
Als Minderheiten zählen die „sans-papiers“, die Nomaden, die Flüchtlinge sowie alle anderen Nicht-Belgier. Mit einem jährlichen Haushalt von etwa drei Millionen Euro ist das Integrationsbüro der Stadt zuständig für die Ausarbeitung, die Koordination und die Evaluation der verschiedenen Projekte im Bereich der Integration der erwähnten Zielgruppen.

SozialerÜbersetzungsdienst


Zu den Aufgaben des Integrationsbüros gehören Information, Ausbildung und der Empfang von Neuankömmlingen in der Stadt. Regelmäßig bietet der Integrationsdienst auch Kurse für Beamte an, die in ständigem Kontakt mit Einwanderern stehen wie z.B. Polizisten. In Seminaren werden Themen wie Kulturunterschiede, Rassismus und Diskriminierung behandelt.
Innerhalb des Bevölkerungsbüros der Stadt arbeitet ein sozialer Übersetzungsdienst, welcher jeder Person, die der niederländischen Sprache nicht mächtig ist, eine Übersetzungshilfe zur Verfügung stellt, um sich in verschiedensten sozialen Situationen zurechtzufinden. Es kann sich dabei um einen Arztbesuch ebenso wie um einen Kontakt mit einer Verwaltung handeln. Diese Dienstleistung kann jeder bei der Gemeindeverwaltung direkt anfragen oder via die Institution beantragen, für welche die Hilfe benötigt wird.
Beauftragt mit dieser Aufgabe hat die Stadt eine gemeinnützige Vereinigung namens TGV („Tolk- & und Vertaalservice Gent“), welche die Übersetzer und Interpreten zur Verfügung stellt. Bezahlt wird das Ganze von der Gemeinde. Für den Hilfesuchenden ist diese Dienstleistung vollkommen gratis. Es ist aber nun nicht so, dass man dauernd auf diesen Dienst zurückgreifen kann, ohne sich selbst anzustrengen.
Bei seiner Anmeldung in der Gemeinde wird dem Neuankömmling, nach einer Evaluation seiner Sprachkenntnisse, ein Sprachkurs angeboten, welcher seinen Bedürfnissen entspricht. Hierbei ist keine Obergrenze vorgesehen. Falls notwendig werden dem Betroffenen Intensivkurse angeboten, die täglich stattfinden.
Das Integrationsbüro der Stadt Gent arbeitet jedoch nicht nur mit Einzelpersonen. Durch die Organisation „Agora“ wird versucht, die Mitarbeit von ethnischen Gruppen und Vereinigungen am politischen Tagesgeschehen zu fördern.
Die luxemburgischen Politiker (Marc Angel, LSAP, Marie-Josée Frank, CSV, Camille Gira, „déi gréng“, Claude Meisch, DP ) waren sich in der Beurteilung der vorgestellten Gemeindedienste darin einig, dass bei Fragen, welche die Integration der ausländischen Mitbewohner betreffen, besonders die Gemeinden gefordert seien.

 Neues Projekt der ASTI


Im Rahmen ihres Projekts „Partnerschaft für interkulturelle Integration“ organisiert die ASTI eine Ausbildung für Dolmetscher, welche ähnlich wie der oben beschriebene Dienst der Stadt Gent funktionieren wird.
Diese Dolmetscher werden ab Mitte November dieses Jahres Ausländern aus Drittländern auf Anfrage hin zur Verfügung stehen, um ihnen bei Kommunikationsschwierigkeiten mit den Verwaltungen sowie den Sozial- und Gesundheitsdiensten zu helfen.
16 Dolmetscher, die 16 Nicht-EU-Sprachen sprechen, erhalten zurzeit eine Spezialausbildung in Straßburg.
Das ganze Projekt wird je zur Hälfte vom „Fonds européen d‘intégration“ und vom Familienministerium finanziert.
Neben der Dolmetscherausbildung enthält das Partnerschaftsprojekt noch zwei weitere Teilbereiche.
So können sich Interessierte von Montag bis Freitag von 9.00 bis 11.00 Uhr telefonisch oder per Chat bei der ASTI über das neue Immigrationsgesetz informieren.
Im Aufbau befindet sich außerdem eine Website, auf der einerseits Ausländer aus Nicht-EU-Ländern notwendige Informationen zur Einwanderung nach Luxemburg vorfinden, und andererseits Gemeindebeamten Informationen die Immigration betreffend auf verschiedene Nicht-EU-Sprachen zur Verfügung stehen.
Wenn sich der Beamte auch nicht direkt mit dem Immigranten verständigen kann, so kann er diesem wenigstens ein Dokument in dessen Sprache mitgeben, das alle wichtige Informationen enthält .Bis dato haben sich vier Gemeinden bereit erklärt, bei diesem Pilotprojekt
mitzuarbeiten. Es handelt sich dabei um die Gemeinden Beckerich, Differdingen, Junglinster und Steinsel.