Tanzen: mehr als nur ein Zeitvertreib

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Auch wenn der Gesellschaftstanz heutzutage nicht mehr den gleichen Stellenwert hat wie noch vor 60 Jahren, erfreut sich der traditionelle „Premier bal“ immer noch großer Beliebtheit. Und wer einmal mit dem Tanzen angefangen hat, hört so schnell nicht mehr damit auf.

Die Tanzschule Mireille Roulling feiert dieses Jahr nicht nur den 70. Geburtstag, sondern auch den 65. „Premier bal“, der am Samstag stattfinden wird. Das Konzept des Balls hat sich in seiner langjährigen Geschichte nicht viel verändert. Der Ablauf des Abends ist eigentlich stets gleich geblieben: Auf die feierliche Eröffnungspolonaise folgen Auftritte der einzelnen Tanzgruppen und bei der „Coupe des débutants“ werden die drei besten Tanzpaare gekürt.

Oft werden Jubiläen ja zum Anlass genommen, um über vergangene Zeiten und vielleicht über nötige Änderungen nachzudenken. Die jetzige Leiterin der Tanzschule Mireille Roulling sieht jedoch keinen Grund, etwas in der Konzeption der Veranstaltung zu ändern: „Wir wollen genauso großartig weitermachen wie die ersten 70 Jahre. Die Kurse für Kinder werden natürlich weiterentwickelt, doch klassische Gesellschaftstänze sind immer gefragt.“

Das Einzige, was sie damals verändert hat, ist, den ganz jungen Nachwuchstänzern einen Platz bei der Veranstaltung einzuräumen und sie selbst auftreten zu lassen. Die jüngsten Teilnehmer beim diesjährigen Premier bal sind fünf Jahre alt. Mireille Roulling hat die Schule 2001 übernommen, nachdem sie dort seit 1998 aktiv gewesen war. Die „Ecole de danse Mireille Roulling“ (anc. Annette Kohner) wurde 1948 von Margot Kohner im Zentrum der Stadt Luxemburg gegründet.

„Nach dem Ball ist vor dem Ball“

Die Schule hat über Jahre hinweg neue Akzente in die luxemburgische Tanzszene der 50er- und 60er-Jahre gebracht: Der Premier bal, der „Prix Ecole Kohner“ sowie die ersten „Journées de la danse“ wurden allesamt von der traditionsreichen Tanzschule organisiert. Die nationalen Meisterschaften der Jahre 1661 bis 1977 gehen ebenfalls auf die Initiative der „Ecole de danse Kohnen“ zurück, die den Wettbewerb auch finanziell unterstützt.

1952 fand der erste große Tanzabend der damals noch recht kleinen Tanzschule statt. Mit diesem Abend konnte Kohner ihren ersten großen Erfolg im Casino in Luxemburg feiern. Es war auch Margot Kohner, die im Jahr 1952 den Premier bal eingeführt hat. 1968 hat dann Tochter Anette Kohner die Leitung bis zum Jahr 2001 übernommen.

Um die 780 Tanzbegeisterte werden am Samstag in Dommeldingen erwartet. Darunter sind viele, die zum ersten Mal dabei sind. Das ganze Unterfangen erfordert eine monatelange Vorbereitung: „Nach dem Ball ist vor dem Ball“, sagt Mireille Roulling, die die Organisation fast alleine stemmt. Die rund 70 Kinder und die weiteren 70 Tanzpaare mussten in den vergangenen Monaten die Tanzschritte und Choreografien lernen. Die letzten Tage vor dem großen Abend werden von organisatorischen Fragen rund um Essensbestellungen und Kostümfragen bestimmt.

Die Kostüme werden von der Schule gekauft oder gestellt und anschließend anderweitig verwendet. Heute Abend werden bei einer letzten großen Generalprobe die letzten Unsicherheiten geklärt. Und wer auch einmal Tanzluft schnuppern oder das Tanzbein schwingen will: Die Termine des Premier bal für die nächsten Jahre stehen bereits fest.


Ein gespannter Neuling

Dennis Burghardt (27) tanzt sich dieses Jahr durch seinen ersten Premier bal. Aufgeregt ist er bisher noch nicht, doch er ist fleißig am Üben. Er wollte immer schon mal das Tanzparkett betreten, hatte bisher nur nie die Gelegenheit dazu, bis ihn seine beste Freundin und seine Arbeitskollegin gefragt haben. Sein Lieblingstanz ist mittlerweile der Cha-Cha-Cha. Bei dem haben sie die meisten Schritte einstudiert und können deren Folge am meisten variieren, erzählte der 27-Jährige. In seinem Bekanntenkreis ist er bisher fast der Einzige, der das Tanzbein schwingt. Trainiert wird nicht nur in Tanzräumen: „Zuhause gehe ich die Schritte durch, wenn ich mal fünf Minuten Zeit habe. Das kann auch in der Dusche sein oder in der Küche, wenn ich gerade koche.“


Ein alter Hase

Die aktive Tanzzeit von Luigi Mastrangelo (59) geht in die 80er-Jahre zurück. Er hat ebenfalls bei Annette Kohner gelernt. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Kurse waren er und seine Frau viel in Deutschland auf Tanzturnieren unterwegs, die einmal im Monat stattfanden. Dafür musste ein bis zwei Stunden täglich trainiert werden, um für den Wettbewerb fit zu bleiben. Die beiden haben aus Neugierde mit dem Tanzen angefangen. “ Wenn man einmal dabei war, dann bleibt man auch dabei. Die Stimmung ist immer gut.“ Auf die sonntäglichen „Thé dansants“ blickt er mit Freude zurück: „Dort konnten alle Schüler zusammen ihre neuen Tanzschritte zeigen.“ Das Rezept für eine erfolgreiches Tanzkarriere? „Ein fester Tanzpartner ist wichtig“, sagt Luigi Mastrangelo. „Und dass beide auch wirklich tanzen wollen.“ Meistens wolle nur einer von beiden am Ball bleiben und das werde früher oder später zum Problem.