Soziale Vermieter gesucht

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Die neu geschaffene Immobilienagentur soll sozial schwachen Menschen helfen, einfacher an bezahlbaren Wohnraum zu kommen. Gesten wurde sie der Presse vorgestellt./ Claude Molinaro

Der Mangel an Wohnraum, speziell an für jedermann bezahlbarem Wohnraum ist kein neues Thema. Der von liberaler Seite oft beschworene freie Markt hat bis dato versagt, wenn es darum ging, jedem zu einer würdigen Wohnung zu verhelfen.
Aufgrund der steigenden Einwohnerzahlen werden alljährlich 4.800 Wohnungen benötigt, gebaut werden jedes Jahr etwa 2.400 Wohneinheiten. Die Betreiber der neuen Agentur sind sich im Klaren, dass dies keine Wundermittel ist, um das Problem zu beheben. Mittelfristig hat sich die Agentur zum Ziel gesetzt, 500 Mietwohnungen zu einem sozialen Preis anzubieten.
Viele Menschen am unteren Ende des sozialen Spektrums besitzen aufgrund eines niedrigen Einkommens keine finanziellen Reserven, die ihnen erlauben würden, eine Kaution für eine Wohnung zu stellen, die in den meisten Fällen zwei bis drei Monatsmieten beträgt. Eine instabile persönliche Lage, verursacht z.B. durch eine Scheidung oder den Verlust des Arbeitsplatzes, kann die Situation ohne Weiteres noch verschlechtern.
Am anderen Ende des Spektrums sind die Vermieter jedoch an einem Mietpreis interessiert, der sich an dem des Marktes orientiert. Auch verlangen sie eine Garantie, damit sie regelmäßig ihre Miete bekommen. Daneben bestehen sie, wie schon erwähnt, auf einer Kaution. Falls sie dies nicht erhalten, ziehen es die Vermieter oft vor, ihre Wohnungen leer stehen zu lassen, anstatt die Miete zu senken.

KeinImmobilien-Discounter

Diese Umstände treiben Menschen oft in die Arme von „Schlafhändlern“, skrupellosen Geschäftemachern, die drei-, manchmal sogar bis zu vierhundert Euro für einen unhygienischen Schlafplatz verlangen, der oft aus nicht mehr als einer Matratze besteht. Die Folge ist soziale Ausgrenzung. Die AIS springt hier als Vermittler ein. Dabei sei sie aber kein Immobilien-Discounter, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Der Mieter bekommt keine Wohnung umsonst. Er muss in der Regel ein Drittel seines Einkommens für die Miete bereitstellen. Daneben muss jeder potenzielle Mieter, der sich für eine Wohnung von der AIS interessiert, eine Reihe von Kriterien erfüllen.
Er kann sich z.B. nicht direkt an die AIS wenden, sondern muss dies über eine der Einrichtungen des Sozialsektors tun. Diese übernimmt auch die psychosoziale Betreuung des Klienten. Der Klient muss ein eigenes Einkommen haben, um seinen Teil der Miete bezahlen zu können; sein Einkommen darf jedoch eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreiten; selbstverständlich darf er nicht schon Besitzer einer Wohnung sein; falls er Ausländer ist, muss er eine gültige Aufenthaltsgenehmigung haben.

Garantienfür die Vermieter

Von den Vermietern verlangt die AIS, dass sie ihre Wohnungen zu einem Preis unter dem des Marktes zur Verfügung stellen. Der Mietvertrag wird zwischen Vermieter und AIS abgeschlossen. Dies garantiert dem Besitzer ein regelmäßiges Mieteinkommen und dass er seine Wohnung in dem Zustand wiederbekommt, wie er sie überlassen hat. AIS stellt die Wohnung dann ihren „Kunden“ gegen einen Mietbeitrag zur Verfügung. Der Mieter spart dabei die normalerweise fällige Provision. Der Zeitraum, in dem er auf die Hilfe der AIS zählen kann, ist allerdings auf drei Jahre begrenzt. In dieser Zeit muss er, zusammen mit seinem Sozialarbeiter, seine finanzielle und psychosoziale Situation ins Reine bringen und sich Geld zusammensparen, um selbst eine Kaution bezahlen zu können.
Die AIS ist eine Dienstleistung der „Fondation pour l’Accès au Logement“, eine gemeinnützige Enrichtung. Die Finanzierung der AIS ist durch eine Konvention mit dem Familien- und Integrations- sowie mit dem Wohnungsbauministerium abgesichert. Die beiden zuständigen Minister, Marie-Josée Jacobs und Marco Schank, ließen es sich nicht nehmen, gestern persönlich bei der offiziellen Eröffnung die obligaten Worte von der Regierungsseite an die Anwesenden zu richten.
Marco Schank unterstrich trotz aller Anstrengungen von staatlicher oder privater Seite die Rolle der Gemeinde bei der Lösung des Wohnungsproblems hierzulande. Ohne die Gemeinden sei das Problem nicht in den Griff zu bekommen, da könne man noch so viele „pactes logement“ abschließen, wie man wolle. 

 Fonds du logement: Die Nummer eins auf dem Wohnungsbaumarkt hat bis dato 1.560 Mietwohnungen zur Verfügung gestellt. 1.123 wurden verkauft.
o Die Gemeinden: Einige Gemeinden besitzen ebenfalls Sozialwohnungen, allen voran Luxemburg mit 550 und Esch/Alzette mit 380 Einheiten. Es bestehen lange Wartelisten.
o 53.000 Mieter leben  unter der Armutsrisikogrenze.
o 7 Prozent der Haushalte sind im Genuss eines ermäßigten Mietpreises.
o 22 Prozent der Kinder zwischen 0 und 17 Jahren leben unter schlechten Wohnbedingungen.

Bedingungen
Folgende Bedingungen muss der potenzielle
Mieter erfüllen, um die Vermittlungshilfe der „Agence immobilière sociale“ in Anspruch nehmen zu können.
Er muss:
 ein Wohnungsproblem haben;
 über ein Einkommen verfügen, um einen Mietbeitrag leisten zu können; das Einkommen darf jedoch einen festgesetzten Höchstbetrag nicht überschreiten;
 Mitglied einer Krankenkasse sein;
 im Besitz einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung sein.
Darüber hinaus darf er selbstverständlich nicht schon Wohnungs- oder Hausbesitzer sein.