„Schulen brauchen einen Direktor“

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Vergangene Woche hat das „Ombudscomité fir d’Rechter vum Kand“, kurz ORK, seinen Jahresbericht zur Situation der Kinder in Luxemburg vorgelegt. Ein größeres Kapitel des Gutachtens ist dem Thema „Kinder und Schule“ gewidmet. Tom Wenandy

Die Gemeinden Sassenheim und Bourscheid haben es vorgemacht, in Mamer wurden erste diesbezügliche Überlegungen angestellt. Die Rede geht von einer sogenannten Schulcharta, deren Schaffung das Ombudskomitee für Kinderrechte in seinem diesjährigen Bericht für alle Schulen in Luxemburg anregt.
Diese Charta, die unterschiedliche Verhaltensregeln in Bezug auf Mitmenschen und Schulinfrastrukturen festhält, soll sowohl die Schüler als auch die Lehrkräfte und die Eltern einbinden. Für das ORK verbessert ein solches Schriftstück nicht nur das Schulklima, sondern fördert zudem Werte wie Toleranz, Respekt, Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Unter der Bedingung, dass die Schüler selbst in die Ausarbeitung eingebunden werden, sei die Charta ein wertvolles Instrument, um Gewalt- und anderen Problemen vorzubeugen, vor allem aber um gewaltfreie Lösungen im Konfliktfall aufzuzeigen.
Außerdem biete die Charta den Schülern die Gelegenheit, sich auszudrücken und gemeinsam mit Eltern und Lehrern offen über ihre Wünsche und Probleme zu diskutieren.

Organisation

In einem zweiten Punkt befassen sich die Autoren mit der Schulorganisation. Das „Ombudscomité fir dRechter vum Kand“ empfiehlt in diesem Zusammenhang die Schaffung eines Direktorenpostens in den Primärschulen. Diese Forderung, die das ORK bereits in seinem 2004er-Bericht formuliert hatte, begründet das Komitee mit dem Bedarf an einer zentralen Kontaktperson, gebraucht werde ein Verwalter inmitten jeder Schule.
Fast ein Viertel aller Fälle, mit denen das ORK befasst wird, betreffen das Schulwesen, zwei Drittel hiervon wiederum die Primärschulen (siehe Kasten). Umso wichtiger sei es, dass eine Schule erreichbar sei. Gleichermaßen wie ein Telefon, ein Faxgerät, eine E-Mail-Adresse und ein Sekretariat benötigten Primärschulen denn auch einen Verantwortlichen lies einen Direktor, der gegebenenfalls schnell entscheiden und einschreiten könne.
Eine derartige zentrale Koordinierung sei umso wichtiger, als immer mehr Eltern ganztätig arbeiten würden und der außerschulischen Betreuung eine zusehends größere Bedeutung zukomme. Für das ORK kann ein Schuldirektor ein zentrales Element in der Schaffung lokaler Synergien und bei der Koordinierung von Schule, Kindertagesstätte und Elternorganisationen darstellen. Nur mit einer derartigen Organisation könne den Bedürfnissen der Schüler inner- und außerhalb der Schule Rechnung getragen werden.
Gleichzeitig könne ein „directeur décole“ verschiedene Probleme zwischen Eltern, Lehrern und/oder Schülern regeln, ohne dass eine der Parteien den oft langwierigen Weg über das Inspektorat oder die Schulkommission einschlagen müsse. Die Schaffung eines Direktorpostens werde demnach zu einer administrativen Entlastung sowohl der Lehrkräfte als auch der Kommunen führen, so das Fazit des Ombudskomitees.
In Bezug auf die Schulinfrastrukturen halten die ORK-Verantwortlichen fest, dass die große Mehrheit der hiesigen Einrichtungen sich in einem sehr guten Zustand befindet. Eine traurige Ausnahme stelle aber die Lallinger Primärschule dar. Das ORK drängt darauf, dass schnellstmöglich alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden, um jede unmittelbare Gefahr für die Kinder zu beseitigen.
Schließlich spricht sich die Organisation dafür aus, die Schulferien im Interesse der Kinder zu reduzieren und deren Rhythmus anzupassen. Zu oft würden Kinder aufgrund der beruflichen Situation der Eltern und fehlender Betreuungsmöglichkeiten während der Schulferien sich selbst überlassen. 

Die Natur der Probleme 
Mit genau 130 Einzelfällen wurde das „Ombudscomité fir dRechter vum Kand“ (ORK) im vergangenen Jahr befasst. In 28 Fällen, also in 22 Prozent der Fälle, war die Schule Gegenstand der Hilfsgesuche. Insgesamt wurden in den vergangenen sechs Jahren 162 entsprechende Dossiers vom ORK behandelt, 113 davon betrafen die Primärschule, 49 den Sekundarunterricht.
Die häufigsten Probleme (54 Fälle) bezogen sich auf die Integration von Kindern mit diversen Lernschwierigkeiten (Dyslexie, ADS, ADHS, usw.). 37-mal wurde das Ombudskomitee angerufen, um in Fällen von Mobbing, Belästigung und Gewalt zwischen Schülern zu vermitteln. In 21 Fällen war Disziplin, in 20 Fällen Probleme mit einer Lehrkraft der Grund für eine Beratung durch das ORK. In den meisten Fällen wurde das ORK von Eltern (90 Fälle) beziehungsweise von einem Kind in Begleitung der Eltern (40 Fälle) um Hilfe gebeten. Lehrkräfte werden verhältnismäßig selten bei den Vermittlern in Sachen Kinderrechte vorstellig (11 Fälle).