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LUXEMBURG - Es wird ernst. Das Projekt zur Rentenreform liegt im Parlament. Der Minister informierte am Donnertagmorgen die Abgeordneten. Ernst zu nehmen ist auch der Widerstand gegen das Vorhaben.

Umlageverfahren, paritätische Beitragszahlung und legales Eintrittsalter von 65 Jahren – an den Grundprinzipien der Altersversorgung soll sich auch mit der Reform des Rentensystems nichts ändern. Auch die Rentenajustements soll es so lange geben, wie das System es verkraftet. Sollten die aktuellen Beitragszahlungen nicht reichen, schlägt Sozialminister Mars di Bartolomeo „verkraftbare“ Erhöhungen vor, wobei alle drei Beitragszahler gleich belastet würden.

Gesundes System

Luxemburgs Rentensystem ist großzügig. Die Ersatzleistungen, das heißt die Höhe der Rente gegenüber dem Lohn, liegen in Luxemburg bei durchschnittlich 87 Prozent. In Belgien sind es 42 Prozent, in Frankreich 49 und in Deutschland 42 Prozent.
Anders als im Ausland ist auch die Rentenkasse gut gefüllt. Die Reserven belaufen sich derzeit auf nahezu 11 Milliarden Euro. Blieben die Einnahmen aus, könnten die Renten noch fast vier Jahre lang weiterbezahlt werden. Geschuldet ist diese gute Kassenlage der starken Entwicklung des Arbeitsmarkts in den letzten dreißig Jahren. Die Zahl der Beitragszahler stieg schneller an, als die der Rentner. Problematisch wird es, wenn die heutigen Beschäftigten in Rente gehen werden.

Hypothesen

Die Rentenreform soll die Finanzierbarkeit des Alterversicherung gewährleisten. Dabei geht die Regierung auch von einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent und einer Zunahme der Beschäftigtenzahl von 1,5 Prozent jährlich. Dies für die kommenden fünfzig Jahre. Gleichzeitig wird mit einem Ansteigen des Renteneintrittsalters von derzeit 57 auf 59,5 Jahre gerechnet.

Seit Jahren wird über die Rentenmauer geredet, in die Luxemburgs Altersversicherung rasen würde, bliebe alles beim Alten. Jetzt soll demnach gebremst werden oder aber die Rentenmauer beseitigt werden. Die Grundprinzipien seiner Reform hatte di Bartolomeo bereits vor fast einem Jahr vorgestellt. Nun liegt das Ganze in Form eines Gesetzesentwurfs vor, das im Parlament zur Debatte stehen wird.

Länger arbeiten

Die größte und wohl am heftigsten umstrittene Neuerung betrifft die geplante Kürzung der Bezüge beim legalen Renteneintrittsalter. Wer in Zukunft mehr Rente haben will, muss länger arbeiten. Damit werde der zunehmend höheren Lebenserwartung Rechnung getragen. In den letzten fünfzig Jahren legte sie im Durchschnitt um 11 Jahre zu. Fünf weitere Jahre werden es wohl in den kommenden fünfzig Jahren sein, hatte di Bartolomeo auf einer öffentlichen Konferenz im November 2011 gesagt. Wer nach der Reform in vierzig Jahren in Rente gehen wird, muss drei Jahre länger arbeiten, will er dieselben Bezüge wie seine heutigen Rentnerkollegen beziehen. „Drei Jahre länger arbeiten für fünf Jahre längeres Leben – das kann man wohl nicht Sozialabbau nennen“, so di Bartolomeo. Über ein gesamtes Rentnerleben betrachtet, werde es keine Rentenkürzung geben, hieß es am Donnerstag bei der Vorstellung der Pensionsreform.

Mit dieser Maßnahme allein wird es nicht reichen. Mittelfristig werden Staat, Versicherte und Betriebe auch nicht an einer Beitragserhöhung vorbeikommen, dann, wenn die Einnahmen nicht mehr reichen, um die laufenden Rentenausgaben zu decken. Derzeit zahlen die drei Parteien jeweils 8 Prozent des Bruttolohns eines Beschäftigten in die Rentenkassen. Das ist mehr als derzeit benötigt wird. In Zukunft werde sich dieser Betrag erhöhen, so di Bartolomeo. In knapp zwei Jahrzehnte wird er wohl bei dreißig Prozent liegen. Auch diese Erhöhung würde paritätisch von den drei Seiten getragen.

Dem Projekt zufolge soll die Grundrente schrittweise angehoben werden. Der Anteil der Rente jedoch, der aufgrund der Höhe der Rentenbeiträge berechnet wird, soll reduziert werden.

Mamme-Rent und 13. Monat der Rentner

Zur Disposition stehen in Zukunft auch das Rentenajustement und der sogenannte 13. Monat für die Rentner, eine Maßnahme, die 2002 zusammen mit der „Mamme-Rent“ eingeführt worden war. Dies jedoch nur, falls die Einnahmen nicht mehr reichen würden, unter anderem auch nach der Anhebung der Beiträge.

Die Senioren sollen länger arbeiten. Auf Kosten Junger Stellensuchenden? Diese Befürchtungen teilt Mars di Bartolomeo am Donnerstagmorgen bei der Vorstellung seines Projekts keineswegs. Europa und auch Luxemburg werden in den kommenden Jahrzehnten mit einem akuten Arbeitskräftemangel konfrontiert sein. Mit den Unternehmen sollen regelrechte Beschäftigungspläne für Senioren ausgearbeitet werden. Um auch bei den zukünftigen Rentnern die Lust am Weiterarbeiten zu stimulieren, soll ihre Rente erst ab einem Zusatzeinkommen in Höhe des besten Lohnes während des Berufslebens beschnitten werden. Bisher nur ein Drittel des Mindestlohnes ohne Rentenabschlag hinzuverdient werden.

Die Reformpläne stoßen auf zum Teil heftigen Widerstand bei Arbeitgebern und Gewerkschaften. Der OGBL lehnt die Reform glattweg ab. Sein Nationalvorstand sprach am 19. Januar 2012 von einem „buchhalterischen Machwerk“. Dem Patronat geht sie nicht weit genug. Das sei ein guter Anfang, so der Direktor der Handwerksföderation Romain Schmitt am Donnerstagmorgen im RTL-Interview. Das Rentenajustement müsse weg. Die Altersbezüge würden ja durch den Index aufgebessert. Handlungsbedarf sieht er auch bei den Beitragsjahren und der Höhe der Renten.

Die Debatte um die Rentenreform wird in den kommenden Wochen hohe Wellen schlagen. Zusammen mit dem Index gehört das Rentensystem zu den heißesten Eisen Luxemburger Politik. In Kraft treten soll die Reform 2013.