Grüne MauerNachhaltigkeit made in Ansemburg: Eine Win-win-Situation für Europa und Afrika

Grüne Mauer / Nachhaltigkeit made in Ansemburg: Eine Win-win-Situation für Europa und Afrika
Die prachtvollen Gärten sind immer einen Besuch wert Foto: Editpress/André Feller

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Die Tage der offenen Denkmale wurden 1984 erstmals vom französischen Kulturminister Jack Lang initiiert. Der Versuch, die breite Öffentlichkeit für schützenswerte Bauten zu sensibilisieren, war ein voller Erfolg. Nur ein Jahr später wurde daraus ein europäischer Aktionstag, der seit 1999 den offiziellen Titel „European Heritage Days“ (Journées européennes du patrimoine) trägt. Die diesjährige Auflage stand denn auch ganz – Klimawandel oblige – unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Entwicklung und einer ressourcenschonenden Nutzung. Wie etwa im Fall von Schloss Ansemburg.

Das Schloss von Ansemburg inmitten des idyllischen Tals der sieben Schlösser öffnete am Wochenende seine Türen für die Öffentlichkeit. Das im Renaissancestil errichtete Schloss wurde zwischen 1639 und 1647 von dem Hüttenbesitzer Thomas Bidart im Tal der Eisch errichtet. Sein Nachfahr, Lambert-Joseph de Marchant, vergrößerte es im 18. Jahrhundert. Im Laufe der letzten Jahre fanden umfangreiche Restaurierungsarbeiten im Schloss statt. Alleine die Besichtigung der prachtvollen Gärten und des Rosengartens, der von Ehrenamtlichen der Vereinigung „Patrimoine roses pour le Luxembourg“ unterhalten wird, ist einen Besuch wert. Absolut sehenswert sind zudem die zahlreichen Statuen, die die Gartenanlage zieren.

In Ansemburg wird Nachhaltigkeit auf eine besondere Weise großgeschrieben. Offiziell wurde dort im Januar dieses Jahres die „Association coeur vert Luxembourg“ gegründet. Am vergangenen Samstag lud der Vorstand der neu gegründeten Vereinigung zu einer öffentlichen Vorstellung seiner Aktivitäten ein.

Das Kollektiv möchte zum Aufbau einer widerstandsfähigen Gesellschaft beitragen und die natürlichen Ökosysteme erhalten, dies in Zusammenarbeit mit öffentlichen wie privaten Organisationen. Der Verein unterstützt Initiativen, die den Klimaschutz und die Entwicklung der Sozial- und Solidarwirtschaft fördern. Nachhaltig sind die Projekte im doppelten Sinne, denn die Bürger und Jugendlichen sollen aktiv mit einbezogen werden.

100 Millionen Hektar Wald

Konkret unterstützt die neu gegründete Vereinigung unter dem Vorsitz von Bruno Théret und Christophe Déage die Wiederaufforstung des afrikanischen Kontinents. Die Ausdehnung der Wüsten durch jahrzehntelange Entwaldung und eine einseitige Landwirtschaft führen zu Wasserknappheit und unfruchtbaren Böden. Die Folgen sind desaströs und weltweit bekannt: Hungersnöte, Unterernährung, Krankheit, Armut, Kriege und internationale Flüchtlingsströme.

Um dem entgegenzuwirken, initiierte 2007 die Afrikanische Union, ein Bund von mittlerweile 55 afrikanischen Staaten, das Projekt der „Großen Grünen Mauer“. Ziel ist es, einen Baumgürtel von 15 Kilometer Breite und etwa 8.000 Kilometer Länge anzulegen. Bis 2030 sollen zwischen Dakar und Dschibuti 100 Millionen Hektar Wald die Ausbreitung der Wüste stoppen und somit neue Lebensgrundlagen für die afrikanische Bevölkerung schaffen. Doch damit nicht genug: 100 Millionen Hektar Wald binden eine erhebliche Menge an Kohlendioxid und können den Klimawandel erheblich bremsen.

Von dem ambitionierten Ziel sind bisher lediglich vier Prozent in die Tat umgesetzt worden. Dennoch sind die ersten wissenschaftlichen Studien überaus positiv, wie man von den Vertretern der afrikanischen Union beim Vortrag erfahren konnte.

Bisher sind erst vier Prozent des ambitionierten Projekts realisiert
Bisher sind erst vier Prozent des ambitionierten Projekts realisiert Foto: Coeur vert Luxembourg

Bäume für Frieden

Olivier Gore und Angora Aman von der Félix Houphouët-Boigny Universität der Elfenbeinküste untersuchten vier Regionen im Senegal. In Syer, Tessekré, Loughéré Thioly, Ballou – jenen Regionen, in denen massiv aufgeforstet wurde – hat die umliegende Vegetation durchschnittlich um 8% zugenommen. Insgesamt habe sich die Vegetationsdecke im Norden Senegals positiv und signifikant entwickelt, während die Niederschlagsmenge ebenfalls zugenommen habe.

Die Studien belegen eine signifikante Zunahme der Bodenfeuchtigkeit – Grundlage für das Wachstum weiterer Pflanzenarten. Die Ergebnisse seien ermutigend, so die Leiter der Studie.

Bewusst entschied man sich in einer ersten Phase für eine Bepflanzung mit dem Gummiarabicumbaum. Das klingt nach Monokultur, ist es auch teilweise. Aber das hat seinen Grund, wie Christophe Déage erklärte: Zum einen sei dieser Baum auf sehr geringe Wassermengen angewiesen, zum anderen wachse er recht schnell, spende also auch Schatten. Nach und nach nehme so die Feuchtigkeit im Boden zu und erlaube das Wachstum von Permakultur. Wichtig sei der Baum aber auch, weil er der örtlichen Bevölkerung, durch den Gewinn des Gummis, eine wirtschaftliche Grundlage liefere, so Christophe Déage.

In einer zweiten Phase, die bereits begonnen hat, werden weitere Baumarten gepflanzt, während die Baumschulen, in denen zuvor die für die Wiederaufforstung benötigten Bäume gezüchtet wurden, als fruchtbarer Boden für den Gemüseanbau dienen.

Einen weiteren Effekt hat die Wiederaufforstung im Senegal auf die öffentliche Gesundheit. Durch das Schaffen neuer Lebensgrundlagen, und somit einer eigenen Lebensmittelversorgung, verzeichne man eine positive Entwicklung auf dem Gebiet der Malaria, so Ody-Marc Duclos, Vize-Vorsitzender der internationalen Stiftung „Fondation cœur vert“ und Generalsekretär der „Association cœur vert Luxembourg“. Zum einen habe sich durch die Bekämpfung der Hungersnot das Immunsystem der Menschen verbessert, zum anderen erlaube die verbesserte wirtschaftliche Lage eine optimale medizinische Betreuung, so der Redner. Und last but not least könne durch die Bildung neuer Lebensgrundlagen die Anzahl an Konflikten und somit der Flüchtlingsströme erheblich reduziert werden.

Jugendlager mit luxemburgischer Beteiligung

Im kommenden Sommer organisiert die „Association cœur vert Luxembourg“ ein Jugendlager im Senegal. Die Vereinigung beabsichtigt, im Rahmen eines Volontariats 170 junge Menschen aus Luxemburg in die Region um Dakar zu entsenden. Zusammen mit der örtlichen Bevölkerung werden dort 250 Hektar aufgeforstet. Die Kosten für dieses Vorhaben belaufen sich auf voraussichtlich 160.000 Euro, präzisierte Christophe Déage.

In den kommenden Monaten soll die Sensibilisierungsarbeit weiter fortgesetzt werden. Der Vorstand sieht mit der luxemburgischen Beteiligung am Bau der Grünen Mauer in Afrika eine nachhaltige Entwicklung für Klima und Mensch, die zu einer Bereicherung von Europa und Afrika führt, hieß es vor Ort.

Zahlreiche Besucher hatten am Samstag den Weg ins Schloss gefunden
Zahlreiche Besucher hatten am Samstag den Weg ins Schloss gefunden Foto: Editpress/André Feller