Mutmaßlicher IS-Terrorist in Luxemburg: Es gibt noch viele offene Fragen

Mutmaßlicher IS-Terrorist in Luxemburg: Es gibt noch viele offene Fragen
Wegen Verbreitung von Propaganda wurde vergangene Woche auf Kirchberg ein 26-jähriger Luxemburger (Symbolbild) festgenommen. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.

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Die Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft sind für gewöhnlich in die Rubrik „Kurz und knapp“ einzuordnen. Das war bei dem tödlichen Zwischenfall in Bonneweg sowie auch beim Unfall in Lausdorn der Fall, bei dem ein Polizeibeamter ums Leben kam. Die Mitteilung im Zusammenhang mit der Festnahme eines mutmaßlichen IS-Terroristen am vergangenen Mittwoch bildet in der Hinsicht keine Ausnahme.

Es ist demnach interessant, die kurze Meldung, die karge elf Zeilen lang ist, ein wenig aufzudröseln. In der Mitteilung heißt es, dass dem Festgenommenen nur die Verbreitung von Propagandamaterial vorgeworfen wird. Übers Internet und über die sozialen Medien hat der Islamische Staat (IS) in der Tat lange Zeit u.a. weltweit Mitglieder rekrutiert. Und man kann davon ausgehen, dass dies immer noch der Fall ist.

Die Fragen, die sich in dem Zusammenhang stellen, sind folgende: Über welche IS-Kontakte verfügt der junge Mann? Und wie kam er an diese Kontakte? Welche Verbindungen bestehen zwischen dem 26-jährigen Luxemburger aus Kirchberg und der seit 2003 aktiven Terrororganisation, die allein in Europa für den gewaltsamen Tod von Hunderten Menschen verantwortlich ist? Erinnert sei in dem Kontext an die blutigen Attentate in Paris, Brüssel, Nice, Berlin, Manchester, London und Stockholm, die allesamt in den vergangenen Jahren von IS-Terroristen verübt wurden.

Wie sah diese Propaganda aus und über welche Kanäle lief sie? Welche Rolle spielte dabei das sogenannte Darknet, die dunkle Seite des Internets, in der sich von halbseidenen Gesellen bis hin zu Kriminellen, Drogendealern, Waffenhändlern und Pädophilen alles Mögliche tummelt?

Weiter heißt es in der Mitteilung, der junge Mann mit luxemburgischer Nationalität habe kein Attentat vorbereitet. Er stehe aber unter Verdacht, im Dienste der islamistischen Terrororganisation IS zu sein. Hier stellen sich folgende Fragen: Welche Rolle hatte er inne? Hat er neue Mitglieder rekrutiert? Wenn ja, wo? Im benachbarten Ausland, also in Belgien, in Deutschland und in Frankreich? Und auch hierzulande?

Was hat er genau gemacht? Gelder organisiert oder falsche Pässe beschafft? War seine Wohnung auf Kirchberg dazu da, um IS-Sympathisanten oder gar IS-Terroristen Unterschlupf zu bieten oder sie weiter zu schleusen in unsere Nachbarstaaten?
Die Antiterroreinheit CAT – CAT steht für „Cellule anti-terroriste“ und wurde in Luxemburg nach 9/11, genauer im Jahr 2003, gegründet – sowie weitere Sondereinheiten der Polizei untersuchten am Mittwoch die Wohnung eines Paares. Der Verdacht der Ermittler: Die beiden sind womöglich an der Verbreitung von IS-Nachrichten und -Propagandamaterial beteiligt. In dem Zusammenhang stellt sich ebenfalls die Frage, welche Rolle die Frau gespielt hat, die – im Gegensatz zum Mann – nicht über die Luxemburger Staatsbürgerschaft verfügt.

Beschlagnahmung von Computern

Bei der Durchsuchung beschlagnahmten die Polizisten mehrere Computer. Dem Einsatz waren monatelange Ermittlungen vorausgegangen. Wie sahen diese aber aus? Wurde das Paar observiert? Gab es Telefonüberwachungen? Irgendwann muss die Beweislast jedenfalls so groß gewesen sein, dass der Zugriff erfolgte. So passiert am 19. Juni, als die CAT-Mitglieder sowie die „Unité spéciale de la police“ (USP) die Wohnung stürmten und sie mit einem Durchsuchungsbeschluss auf den Kopf stellten. Dabei beschlagnahmten die Anti-Terror-Einheiten gleich mehrere Computer. Was ist auf den Festplatten gespeichert? Propagandamaterial? Blutrünstige Hinrichtungsvideos? Was ergibt die Auswertung der Skype-Verbindungen? Und welche Kontakte hat der Mann auf seinem Handy gespeichert? Gibt das sichergestellte Material Einblick ins IS-Milieu? Hat der Verdächtige alleine gehandelt?

Eine weitere Frage, die sich aufdrängt, ist jene, wer den entscheidenden Tipp gab. War es eine Art Eigenleistung, also wurde unser Geheimdienst SREL auf den Mann vom Kirchberg aufmerksam? Oder kam der Tipp, dass es da in Luxemburg ein suspektes Individuum gibt, von einem ausländischen oder befreundeten Geheimdienst?
Und last but not least: War der Mann den Luxemburger Autoritäten bereits im Vorfeld bekannt? Wie ist es um sein Vorstrafenregister bestellt? Fragen über Fragen demnach, welche die spärliche Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft allesamt offen lässt. Fragen, die man sich aber unweigerlich stellt, wenn man sich mit der Festnahme eines mutmaßlichen IS-Terroristen wegen Verbreitung von Propaganda befasst. Der Mann sitzt in Schrassig in Untersuchungshaft. Und es kann dauern, so die Pressestelle der Staatsanwaltschaft, bis es mehr Informationen gibt …

Realist
26. Juni 2018 - 15.02

Eine "Eigenleistung" des SREL? Wohl eher nicht. Weitaus plausibler, dass es sich um ein Wahlkampfgeschenk für Minister Schneider handelt, ebenso diskret wie grosszügig übergeben vom Minister für Innere Sicherheit eines Nachbarlandes, der zudem einer Schwesterpartei der LSAP angehört. Und rechtzeitig während der "heissen Phase" des Wahlkampfes werden dann durch gezielte Indiskretion Einzelheiten nach aussen getragen werden, die Herrn Schneider als vorbildlichen Kämpfer für unser aller Sicherheit glänzen lassen. Wetten?

Firefox
26. Juni 2018 - 13.11

Es ist überhaupt erstaunlich dass die Staatsanwaltschaft dies mitgeteilt hat. Soll kein Platz mehr unter dem Teppich sein?