Léon Marx
Die Kennzahlen der Gesundheitskasse für das Jahr 2008 sind seit Längerem bekannt. Und haben auch bereits für heftige Diskussionen zwischen den Sozialpartnern im Rahmen der Krankenkassenquadripartite und der Generalversammlung gesorgt.
Der am Montag vorgestellte Bericht der IGSS („Inspection générale de la sécurité sociale“) liefert eine Flut an Details und Hintergrundinformationen über das Innenleben der Gesundheitskasse.
Die Ausgaben für Medikamente stehen seit Jahren ganz vorn auf der Liste von Minister Mars di Bartolomeo wenn es darum geht, die Kostenentwicklung zu bremsen. Im Jahr 2008 gelang das erkennbar nicht. War die Entwicklung der Medikamenten-Kosten seit 2003 mit jährlich rund 4,4 Prozent relativ konstant, so machte sie im Jahr 2008 einen Sprung auf 5,8 Prozent. Die wachsenden Ausgaben erklären sich zum Teil, aber eben nur zum Teil, durch die steigende Zahl der Versicherungsnehmer. Im Jahr 2008 wurden pro Versichertem aber auch mehr Medikamente verschrieben als im Vorjahr. Zudem wurden die Medikamente rund 3,4 Prozent teurer.
Hitparade
Ein genauerer Blick auf die „Hitparade“ der meistverschriebenen Medikamente macht deutlich, dass rund 65 Prozent der Medikamenten-Kosten auf Medikamente entfallen, die mit sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ zu tun haben (Verdauungsprobleme, Kreislaufprobleme, Probleme mit dem zentralen Nervensystem).
Einen starken Zuwachs erlebten 2008 auch zwei Gruppen von Krebsmitteln (zwischen 18 und 29 Prozent). Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, warnen die Verantwortlichen der CNS. In erster Linie handelt es sich hier um eine Verlagerung von Kosten, die in den Vorjahren über die Krankenhäuser abgewickelt wurden. Krebstherapien, die früher fast immer stationär erfolgten, können heute dank neuer Medikamente zunehmend ambulant durchgeführt werden.
Rund 4.300 Medikamente gelistet
Etwas über 4.300 Medikamente sind derzeit auf der Positiv-Liste der CSN gelistet. Doch den Löwenanteil der Kosten machen einige Hundert aus. Allein die 20 Medikamente, die auf der internen „Hitliste“ der CNS ganz oben stehen (siehe Grafik), machen rund 32 Millionen Euro aus. Das entspricht 20 Prozent der Medikamentenausgaben.
Einen „Sonderfall“ stellen Beruhigungsmittel, Benzodiazepine und Antidepressiva dar. Zwar tauchen nur zwei Medikamente aus dieser Gruppe in den Top 20 der teuersten Medikamente auf, doch ein Blick auf die Dosen dieser relativ günstigen Medikamente, die von vielen wie Bonbons konsumiert werden, bestätigt, was in Fachkreisen schon seit Jahren herumgereicht wird: Luxemburg hat, ähnlich wie unser Nachbarland Frankreich, ein Problem. Vor allem der Konsum von Benzodiazepinen ist extrem besorgniserregend. Wegen der Suchtgefahr sollen diese Medikamente eigentlich nur kurzzeitig eingesetzt werden.
Allein von Stilnoct wurden im Jahr 2008 110.461 Packungen verschrieben. Nach Packungen aufgelistet, ist dieses Benzodiazepin mit Abstand das am meisten verschriebene Medikament in Luxemburg. An zweiter Stelle folgt mit 76.984 Packungen das Blutverdünnungsmittel Plavix.
„La consommation générale de psychotrophes connaît une forte évolution. Cette augmentation est en partie due à de nouvelles substances actives innovatrices. Néanmoins, l’analyse détaillée de la consommation de benzodiazépines effectuée par la CNS en collaboration avec le Contrôle médical de la sécurité sociale montre que le Luxembourg est un pays à très forte consommation. Ces résultats devront être suivis d’actions concertées“, heißt es dazu nachdrücklich in dem Bericht der IGSS.
Nicht viel mehr als eine Randnotiz findet sich in dem Bericht über den Einsatz von sogenannten Generika, von Medikamenten also, auf denen der Patentschutz abgelaufen ist und die von anderen Pharmakonzernen zu günstigen Preisen produziert werden.
Einsparpotenzial
Zwar wird Gesundheits- und Sozialminister Mars di Bartolomeo nicht müde, in Sitzungen der Krankenkassentripartite den verstärkten Rückgriff auf preisgünstige Generika anzumahnen, doch passiert ist bislang nicht allzu viel. Da bestehe noch sehr viel Einsparpotenzial, wurde uns bei den Recherchen gestern erklärt.
Wenn in Luxemburg wirklich mehr Generika über die Apothekentische gehen sollen, dann wird es mit gut gemeinten Appellen des Ministers nicht reichen, dann müssen sich die Regierung und die Sozialpartner zu einer Änderung der aktuellen Einkaufspolitik durchringen.
Rund 90 Prozent der Medikamente werden noch immer über die „klassische“ belgische Schiene importiert. Bleiben ganze zehn Prozent für Importe aus Frankreich und Deutschland.
Die beiden größten Hersteller von Generika, Ratiopharm und Hexal, sitzen übrigens in Deutschland …
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