Luxemburg muss für 800 Millionen Euro garantieren

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Bis spät in die Nacht hinein verhandelten die EU- und Euro-Finanzminister am Sonntag über ein Rettungspaket für die durch Spekulanten unter Druck geratene Euro-Zone. Mit 750 Milliarden Euro wollen die Europäer die Angriffe der „Meute“, wie der schwedische Finanzminister die Spekulanten bezeichnet, abwehren. Die ersten Reaktionen waren positiv.

Guy Kemp

„Es ging darum, einen Mechanismus für jene Länder zu finden, die sich nicht mehr normal auf den Märkten finanzieren können“, erklärte der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden gestern, der in Brüssel an den Verhandlungen teilgenommen hatte.

Die Schwierigkeit dabei sei es gewesen, das „richtige Instrument“ zu finden, was damit zu tun habe, dass es wohl eine Währungs-, aber noch keine politische Union gebe.

Das Paket setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Zum einen wurde die Europäische Kommission ermächtigt, bis zu einer Höhe von 60 Milliarden Euro Kredite an den Märkten aufzunehmen. Diese Kredite sollen den in Schwierigkeiten geratenen Ländern unmittelbar zur Verfügung stehen, und das so lange, wie es die Sicherung der Finanzstabilität erfordert, wie es in der Abschlusserklärung der EU-Finanzminister heißt. Die Kredite werden durch den EU-Haushalt garantiert.

Das 440 Milliarden Euro umfassende Paket wird von den Euro-Staaten bereitgestellt. Dazu soll eigens eine Gesellschaft gegründet werden, die auf den Märkten diese maximale Höhe an Krediten aufnehmen kann. Die Euro-Staaten würden für diese Kredite garantieren, so Luc Frieden weiter. Diese Maßnahme ist auf drei Jahre begrenzt. Der Internationale Währungsfond (IWF) würde weitere 200 bis 250 Milliarden Euro beisteuern.

Weitere Initiativen in Vorbereitung

Die von den Europäern bereitgestellten 500 Milliarden Euro seien eine Höchstsumme. Dieses Geld müsse nicht unbedingt ganz in Anspruch genommen werden, so der luxemburgische Finanzminister weiter. „Selbstverständlich gibt Europa nur Geld, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, dass die Nehmerländer ihre Budgetdefizite reduzieren“, betonte Luc Frieden. Spanien und Portugal werden bereits für den kommenden EU-Finanzministerrat am 18. Mai ein „substantielles Sparprogramm“ für die Jahre 2010 und 2011 vorlegen.

Luxemburg wird in der noch zu schaffenden speziellen Gesellschaft Garantien für eine Summe bis zu maximal 800 Millionen Euro übernehmen müssen, erklärte Luc Frieden. „Der Luxemburger Staat braucht dazu kein Geld zu leihen“, versicherte er und fügte an, dass die Summe für die Garantieübernahme nach dem Verhältnis der Beteiligung am Kapital der Europäischen Zentralbank ermittelt werde.

An der Bereitstellung dieses Rettungsschirmes seien in einer ersten Phase nur die Staaten der Euro-Zone beteiligt. Es bestehe aber die Möglichkeit, dass später auch andere EU-Staaten sich an der Gesellschaft beteiligen könnten, so Luc Frieden.

In seinen Augen handele es sich hier nicht nur um eine Direkt-, sondern auch um eine strukturelle Maßnahme. Denn es sei etwas getan worden, um die Spekulationen zu bremsen. „Die Märkte haben gesehen, dass wieder vertrauensbildende Elemente da sind, d.h. Geld zur Verfügung gestellt wird und Budgetreduzierungen vorgenommen werden. Dann glaube ich endet auch das andere“, zeigte sich der luxemburgische Finanzminister zuversichtlich.

Die 27 wollen nun bei der Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte schnelle Fortschritte erzielen, vor allem was die Derivat-Märkte und die Rolle der Ratingagentur anbelangt. Daneben wollen sie andere Initiativen ausarbeiten wie die Einführung einer Stabilitätstaxe, mit der sichergestellt werden soll, dass der Finanzsektor im Falle einer Krise seinen Teil der Kosten übernimmt. Zudem soll weiterhin die Möglichkeit einer globalen Transaktionssteuer erforscht werden, wie es im Abschlussdokument der nächtlichen Ministerratssitzung weiter heißt. 


Jean-Claude Juncker: „Eine Solidaraktion im Interesse unserer eigenen Währung“

Interview: Guy Kemp

Tageblatt: Mit dem Hilfspaket werden die strukturellen Probleme der betroffenen Länder nicht gelöst.
Was soll in dieser Hinsicht geschehen, wird auch dabei geholfen?
Jean-Claude Juncker:
„Wir haben festgelegt, dass in allen Euro-Staaten die Haushaltskonsolidierungen nach vorne gelegt werden müssen, in einer Art und Weise, die die konjunkturelle Wiederbelebung nicht stört. Jene Länder, die große Probleme der Wettbewerbsfähigkeit haben, sind aufgefordert worden, alle möglichen Strukturreformen einzuleiten.

Es wird jetzt jeden Monat über zwei verscheidene Länder der Eurozone inhaltlich über ihre Wettbewerbssituation diskutiert.
Das Problem Griechenlands ist wohl ein Haushaltsproblem, das jedoch von einer negativen Leistungsbilanz und einem Totalverfall der Wettbewerbsfähigkeit ausgelöst wurde.

Es wird hier nicht nur ein Rettungsschirm gespannt, sondern die Länder sind aufgefordert, eine stabilitätskonforme Politik zu betreiben.“

„T“: Wird es nicht zunehmend schwieriger, solche Hilfspakete politisch zu erklären und durchzusetzen?
J.-C. J.:
„Ich habe in vielen Gesprächen mit verschiedenen Leuten die Erfahrung gemacht, dass eine gewisse Verständnislosigkeit herrscht für solche Rettungs- und Hilfsprogramme. Als wir noch 15 einzelne Währungen waren, Luxemburg gemeinsam mit Belgien, wurden ebenfalls solche nationalen Pläne gemacht.

Hier wirkt das groß und es ist groß, da es ein Plan für 15 Länder ist. Wir müssen wissen, dass wir auf Gedeih und Verderb in dieser Währungsunion zusammen sind. Diese hat unserem Land auch enorme Vorteile gebracht, da wir das Währungsrisiko in unserem Außenhandel mit unseren Handelspartner verloren haben.

Daher muss man bereit sein, eine Solidaraktion im Interesse unserer eigenen Währung einzugehen. Es ist ja nicht nur die Währung der Griechen und Spanier und Portugiesen. Es ist auch unsere.“

„T“: Es hat sich gezeigt, dass der Währungsunion ein politisches Organ fehlt. Was müsste jetzt als Erstes geschehen, um hier Abhilfe zu schaffen? J.-C.J.: „Ich gehöre seit Jahren zu jenen, die für eine regelrechte Wirtschaftsregierung, d.h. für eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Währungsgebiet eintreten.

Das ist eine Aufgabe der Eurogruppe und ihres Präsidenten. Beide sind aber oft daran gehindert worden, dem Muskeln zu geben, da viele Länder sich immer wieder auf den Standpunkt zurückgezogen haben, Fragen zur Wettbewerbsfähigkeit oder zur Strukturreform seien rein nationale Fragen. Ich glaube, mit dieser Finanz- und Wirtschaftskrise, die jetzt stattfindet, kann niemand mehr annehmen, dass die Probleme des einen den anderen nichts angingen. Deshalb müssen wir uns über die Ländergrenzen hinweg aktiv in den jeweils nationalen internen Teil der Wirtschaftspolitik einmischen.“