Sonntag9. November 2025

Demaart De Maart

Konstrukteur verharmloste das Problem

Konstrukteur verharmloste das Problem

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Letzter Verhandlungstag diese Woche im Luxair-Prozess. Weitere Zeugen werden befragt. Die Anwälte verfügen nun über die Aufzeichnungen der letzten Minunten im Cockpit. Zeugen und Richter kritisieren den Konstrukteur.

Eingangs der Sitzung am Donnerstag informierte die Staatsanwaltschaft das Richtergespann, dass den Anwälten die Aufnahmen des „Voice-recorders“ ausgehändigt worden seien. Das geschah auf Anregung von Me Pol Urbany, Anwalt der Nebenkläger. Er hatte vergangene Woche nähere Details über die Stimmung im Cockpit kurz vor dem Unfall erbeten und dabei die Veröffentlichung der Aufzeichnungen angeregt. Die Tonqualität sei jedoch schlecht. Me Urbany fragte, ob die Qualität der Aufnahme verbessert werden könne. Das käme einer neuen Expertise gleich, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft.

Gerichtspräsidenten Prosper Klein war mit der Kritik einverstanden, dass man Teile des Bandes wohl schlecht verstehen könne. Es bestünden jedoch Abschriften, die von Tontechnikern angefertigt wurden, beruhigte der Richter die Anwälte. Die Bänder des Flugzeugs sollen nächste Woche angehört werden.

Aussagen zur Fokker-Informationspolitik

Dann wurde die Befragung von Zeuge G.S. fortgesetzt. Er war 2002, zum Zeitpunkt des Fokker-Crash, der 20 Menschen das Leben kostete, Chef der Wartung bei der Luxair für die Fokker 50. Er wiederholte, man habe ihn zu keinem Moment über eine eventuelle Fehlfunktion oder einem zu großen Verschleiß der Schubhebel informiert. Anschließend debattieren Richter Klein und G.S. über die Funktionsweise und die Technik einer Fokker 50. Der Flugzeugkonstrukteur hätte das Problem verharmlost, so das Fazit des Richters. Denn Hinweise auf ein technisches Problem gab es seit 1988 mehr als genug. Das Flugzeug war 1987 in Betrieb genommen worden.

Ein Jahr später revidierte Fokker seine Haltung und begann auf die Fehlfunktion hinzuweisen. Das Unternehmen hätte aber immer noch keinen Grund gesehen, die notwendigen Verbesserungen obligatorisch zu machen, obwohl sich die Vorfälle auf Fokker 50-Maschinen häuften. Dabei hätten sie nicht viel gekostet, so Prosper Klein. Die Kosten hätten also keine Rolle bei der Behebung des Problems gespielt.

Videofilm

Im Gerichtssaal wurde ein Videofilm über die der Handhabung des Schubhebels vorgeführt. Dabei wurde ersichtlich, dass das Einlegen des „Rückgangs“ nicht versehentlich passieren kann, auch wenn Fokker in einer „Service-Letter“ von einer raren, versehentlichen Aktivierung bei Turbulenzen spricht.

Der Wartung der Maschine könne man indes keine Vorwürfe machen, da das Flugzeug für flugtaugluch erklärt wurde, erklärte Klein, der noch einmal Fokker für seine zu passive Haltung bei der Lösung des Problems kritisierte.

Mangelhafte Kommunikation

Im Laufe der Verhandlung am Donnerstag wurde auch ersichtlich, dass die Kommunikation zwischen den Akteuren (Flugzeugbauer, Fluggesellschaften, Konstrukteure der Fluzeugkomponenten usw.) mangelhaft war. Auch das Informationsmaterial das 1994 verschickt wurde, sei alles andere als klar gewesen, bedauerte der Richter. Zustimmung beim Wartungschef. Erstaunlich sei laut den Experten auch die Aussage von Fokker, dass die Fehlfunktion sowieso nicht ins Gewicht fiele, da kein Pilot freiwillig den Rückschub aktivieren würde, außer er befände sich in Turbulenzen, so Klein, der den Flugzeugbauer, der 1996 Konkurs anmeldete, bezichtigte, Verwirrung gestiftet zu haben. Wieder Kopfnicken bei G.S.

Dann fragte der Richter, ob Luxair nicht die Gelegenheit verstreichen ließ, die Sicherheitssysteme nachzubessern. War es nicht möglich, aus den Informationen von Fokker herauszulesen, dass ein Problem bestand?, fragte Klein. „Nein. Es war zu diesem Zeitpunkt (1994) quasi unmöglich diese Verbindung herzustellen“, antwortete G.S.

Warum diese Kritik an Fokker?

Der Zeuge betonte, er hätte seine Vorgesetzten über das technische Problem informiert. Es hätte jedoch nie eine Kontroverse über die geeignete Reaktion gegeben. Der Staatsanwalt sagte, er verstehe die ganze Kritik an Fokker nicht, da die Gesellschaft nicht vor Gericht stehe. Richter Klein entgegnete aber, dass es auch darum ginge, die genauen Umstände, die zu dem Unglück führten zu verstehen.

„Warum hat der Chef-Techniker nicht persönlich den technischen Direktor von Luxair informiert?“, wollte die Anwältin des technischen Direktors, einer der Angeklagten, wissen. Luxair sei ein kleiner Betrieb. Er nahm an, dass die Information bis zur Chefetage durchdringe, sagte G.S. Der technische Direktor betonte seinerseits, die Lage sei nicht klar gewesen. Man hätte Ende 1994 nicht genau gewusst, auf welches Problem man reagieren müsse.

Zulieferfirma im Visier

Ein anderer Anwalt der Verteidigung unterstrich, dass die Reparaturen der Fokker 50 und die Lieferung der Ersatzteile von einer Zuliefererfirma übernommen worden seien. Hätte dieses Unternehmen nicht auf den Fehler aufmerksam machen können? „Ich kann nur sagen, dass es nie ein Thema bei unseren Treffen war“, erklärte der Zeuge.

Ein Anwalt des Piloten der Unglücksmaschine wollte noch einmal die Technik für den Unfall verantwortlich machen, jedoch ohne Erfolg. Die Aktivierung des Rückschubs sei nicht von der Technik, sondern durch den Piloten erfolgt, erinnerte Prosper Klein.

Musste man nach der Veröffentlichung der Warnung die Fokker nicht am Boden halten, wollte ein Anwalt wissen.“Nein, nur in Extremfällen“, antwortete G.S. Aber hier sei nicht klar gewesen, wie schlimm das Problem war. Und es hätte keine Anfrage, von Fokker gegeben.

Generaldirektion befasste sich nur mit teueren Verbesserungen

Anschliessend wurde F.R. in den Zeugenstand gerufen. Er war Vize- Generaldirektor der Luxair. Ein Anwalt fragte, ob in den oberen Chefetagen nicht über die Verbesserung der Flieger gesprochen wurde. „Nein, nur sehr teuere Veränderungen die obligatorisch waren, landeten auf dem Büro der Generaldirektion. Alle anderen Dossiers wurden von den technischen Abteilungen behandelt. Alle Abteilungen hätten in diesem Zusammenhang die Sicherheit und Qualität der Dienstleistung an erster Stelle gesetzt. Niemand hätte sich bis dato über mangelnde Sicherheit bei der Luxair beklagt.

Nächsten Montag werden andere Zeugen zu Wort kommen, darunter wieder die Gutachter, die das Flugzeugwrack unter die Lupe nahmen sowie weitere Luxair-Mitarbeiter.