Einigkeit im Rat: Escher wollen Gebläsehalle nutzen – aber keine Atomwaffen

Einigkeit im Rat: Escher wollen Gebläsehalle nutzen – aber keine Atomwaffen

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Der Gemeinderat der Stadt Esch will den Bericht des Fonds Belval über den Sicherheitszustand der Gebläsehalle sehen und sich geschlossen für die Nutzung der Halle im Rahmen von Esch 2022 einsetzen. Geeint treten die Räte auch dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag bei. Ansonsten war die gestrige Sitzung von Polemik und Tumulten über Bauprojekte und Umwelterziehung geprägt.

LINK Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar von Luc Laboulle.

Der Escher Gemeinderat will sich geschlossen dafür einsetzen, dass die Gebläsehalle in Belval doch noch für die Europäische Kulturhauptstadt 2022 genutzt werden kann. Die LSAP hatte diesen Punkt auf die Tagesordnung der gestrigen Sitzung setzen lassen. Ihre Fraktionssprecherin Vera Spautz forderte Einsicht in den Bericht der vom Fonds Belval durchgeführten Untersuchung, die mutmaßliche Sicherheitsprobleme in der Halle zutage gebracht hatte, die bis 2022 nicht repariert werden könnten. Die Stadt Esch dürfe sich nicht mit vermeintlichen Sicherheitsmängeln von der Regierung abspeisen lassen, forderte Spautz.

Abrisud und „Fixerstuff“

Im Rahmen der Vorstellung des neuen Streetwork-Projekts der Stadt Esch kündigte Bürgermeister Mischo an, das Obdachlosenheim Abrisud werde in ein Haus in der rue de la Fontaine im „Quartier“, in unmittelbarer Nähe des aktuellen Containerstandorts, ziehen. Details würden in der nächsten Sitzung bekannt gegeben. Der Drogenkonsumraum in der rue de Luxembourg soll derweil im September eröffnen. Die offizielle Einweihung sei aber schon am 25. Juli, verkündete Mischo.

Für das niederschwellige Streetwork-Angebot, das Menschen auf der Straße begleiten und betreuen soll, stellt die Stadt Esch einen Sozialarbeiter, zwei Erzieher und einen Hilfserzieher ein. Einig war sich der Gemeinderat, dass noch zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose geschaffen werden müssen.

CSV-Bürgermeister Georges Mischo (CSV) zeigte sich enttäuscht über die erneute Wendung, dass die Gebläsehalle nun doch nicht für 2022 bereit sei. Der Abgeordnete kündigte an, in der Aktualitätsstunde der Chamber kommende Woche eine Frage zu der Halle an die grüne Kulturministerin zu stellen. Drei LSAP-Abgeordnete hatten bereits am Montag eine schriftliche parlamentarische Anfrage an Sam Tanson gestellt.

DP-Kulturschöffe Pim Knaff will genau wissen, wieso die Gebläsehalle nach dem Optimismus der vergangenen Monate nun doch nicht genutzt werden kann. Der Gemeinderat brauche mehr Informationen zu der Untersuchung des Fonds Belval, damit er überprüfen könne, ob die Argumentation der Sicherheitsmängel wasserdicht sei, oder ob nicht doch budgetäre Gründe dahinter stecken.

„déi Lénk“-Rat Marc Baum warnte den Gemeinderat vor einem Konkurrenzkampf um Subventionen bei der Erhaltung der Industriedenkmäler. Das Kulturministerium zeige große Begeisterung für die Differdinger Gaszentrale. Esch dürfe sich aber nicht gegen Differdingen ausspielen lassen, so Baum. Stattdessen solle man den Schulterschluss mit der Stadt Differdingen suchen.

CSV-Schöffe André Zwally will sich weiter dafür einsetzen, dass das vor über zehn Jahren geplante Nationale Zentrum für Industriekultur in die Gebläsehalle auf Belval kommt. Zwally bedauerte zugleich, dass der Schutz der Industriedenkmäler in den vergangenen Jahrzehnten in Esch vernachlässigt wurde. Für den Fall dass die Gebläsehalle tatsächlich nicht zur Verfügung stehen sollte, schlug Zwally die „Handwierkergässel“ auf dem „Crassier Terre-Rouge“ als Alternative für das Hauptquartier von Esch 2022 vor. Vera Spautz hatte zuvor bereits das Ariston als Alternative in die Diskussion eingebracht.

Zukunft der Escher Umwelterziehung

Einigkeit herrschte im Gemeinderat auch über den Beitritt der Stadt Esch zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen. „déi Lénk“ hatte diesen Punkt auf die Tagesordnung setzen lassen. Nach Roeser ist Esch die zweite Gemeinde in Luxemburg, die den Verbotsvertrag (hier der Text als PDF) annimmt. Der Text der „déi Lénk“-Resolution beinhaltet auch die Forderung, die Luxemburger Regierung solle sich dem Atomwaffenverbotsvertrag anschließen.

Die Einigkeit des Gemeinderats über die Gebläsehalle und das Atomwaffenverbot stellte sich aber erst gegen Ende der Sitzung ein. In den ersten beiden Stunden hatten Polemik und reichlich Durcheinander geherrscht. Begonnen hatte es mit der Schaffung von zwei neuen Stellen für eine geplante „Maison relais“ in der Waldschule. Die LSAP bemängelte, dass bereits neue Stellen geschaffen würden, obwohl die „Maison relais“ bislang weder in einer Kommission noch im Gemeinderat vorgestellt worden sei. Rat Marc Baum schloss sich der Kritik an.

Verschärft wurde die Diskussion durch eine Mail, die eine für Umwelterziehung in der Waldschule zuständige Naturpädagogin an die Schulschöffin Mandy Ragni („déi gréng“) und an Mitglieder des Gemeinderats geschickt hatte. In dieser Mail äußerte die Lehrerin die Befürchtung, dass mit der Eröffnung der „Maison relais“ in der Waldschule die vor Jahren in Esch eingeführte Umwelterziehung abgeschafft und sie sowie ihre Kollegin ihre Stellen verlieren würden. Ragni antwortete der Naturpädagogin, dass die Umwelterziehung nicht abgeschafft, sondern mit der „Maison relais“ erweitert und ausgebaut werden solle, was sie auch gestern im Gemeinderat wiederholte. Störend in ihrer Antwort war nur der belehrende und etwas überhebliche Ton der Schöffin gegenüber der Lehrerin, die daraufhin erneut die Angst äußerte, dass ihre Stelle und die ihrer Kollegin abgeschafft werden würden. Die für gestern geplante Schaffung von zwei neuen Stellen für die „Maison relais“ wurde auf Wunsch der Opposition schließlich auf eine nächste Sitzung vertagt. Ähnliche Verwirrung entstand bei der Abstimmung über den PAP Neudorf, wo vier Einfamilienhäuser und einige Garagen einem neuen Mehrfamilienhaus mit 20 Wohnungen weichen sollen. Ende Februar hatten mehrere Bewohner in einem Tageblatt -Artikel Bedenken zu dem Projekt geäußert, weil sie durch den Neubau Schäden an ihren Häusern befürchteten.

PAP Neudorf und „Portal Eent“

Gestern erklärte Bautenschöffe Martin Kox („déi gréng“), für etwaige Schäden sei nicht der Schöffenrat, sondern die Versicherung des Bauunternehmers zuständig. Der Schöffenrat hatte zwar eine Bürgerversammlung für die Anwohner veranstaltet, aber nicht alle acht Beschwerdeführer im Rahmen der PAP-Prozedur einzeln angehört. Während die Opposition der Meinung war, dieses Versäumnis sei gesetzeswidrig, erklärte der Bürgermeister, solche Anhörungen seien nur in der PAG-, nicht aber in der PAP-Prozedur vorgesehen. Nach einigem Hin und Her wurde der PAP Neudorf von der Mehrheit angenommen. LSAP und „déi Lénk“ stimmten gegen das Projekt, der unabhängige Rat Dan Codello enthielt sich.

Polemisch wurde es auch bei der Abstimmung über das Ende der PAP-Prozedur für das geplante Hochhaus am „Portal Eent“. Der Bauherr hatte den Entwurf mit dem Turm bekanntlich am Tag vor der letzten Gemeinderatssitzung mit der Begründung, er wolle die Escher Bürger nicht spalten, zurückgezogen.

Sowohl Marc Baum als auch Rat Mike Hansen (LSAP) vermuteten, dass der Bauherr seine PAP-Änderung auf Druck des Schöffenrats zurückgezogen habe. Selbst die CSV-Fraktion war beim Thema Hochhaus gespalten. Bei einer Abstimmung hätte es zu einer Niederlage für die Mehrheit kommen können.

Vor allem DP-Schöffe Pim Knaff reagierte empfindlich auf diese „Unterstellung“. Er warf Rat Hansen vor, „Dummheiten“ zu erzählen, und äußerte seine eigene „Unterstellung“, derzufolge der negative Bericht der staatlichen „Cellule d’évaluation“ zum Hochhaus auf Druck der Innenministerin und Präsidentin der Escher LSAP-Sektion, Taina Bofferding, entstanden wäre. Auch Mehrheitsrat Luc Majerus („déi gréng“) wurde nervös und warf der Opposition vor, zu viel über Dinge zu reden, die bereits vom Tisch seien. Nach einigen Tumulten nahm der Gemeinderat das Ende der PAP-Prozedur einstimmig an.

 

johngoe
5. Mai 2019 - 14.59

Nun ja, wer will auch schon Atomwaffen nutzen.... Mein Vorschlag: Die unnützen Atomwaffen schnellstmöglich bei den Eschern einsammeln und bis 2022 in der Gebläsehalle zwischenlagern. Zugegeben: das ist ein ziemlich alberner Gedanke. Das Publikum von "Esch2022" würde wohl lieber staunend die luxuriösen Büros des Organisationskomitees besichtigen. Und sicherlich hält sich der Kulturschöffe auch auf dieser Ebene wieder einmal - wie im casus Ariston - mit einer fein ausgetüftelten Strategie zurück. Und falls nicht, wird es ihm sicherlich nicht an den kultiviertesten Abwehrwortgeschützen à la "Dummheiten und Unterstellungen" mangeln.