„Eine schlechte Direktive“

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Die EU-Kommission will die Arbeitszeitrichtlinie abändern. CGT-L und LCGB befürchten Schlimmes. Unverständlich ist ihnen die Zustimmung der Regierung zu den Abänderungsvorschlägen. Lucien Montebrusco

Maximal 48 Stunden sollen die Beschäftigten in Europa pro Woche arbeiten. Mehr darf kein Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern verlangen können. Es sei denn, beide einigen sich ausnahmsweise auf mehr. Bisher durfte diese Ausnahmeregel nur in Großbritannien angewandt werden. Die Briten hatten diese „opting out“-Klausel 1993 ausgehandelt, als die EU die Arbeitszeitrichlinie annahm.
Diese Direktive soll nun abgeändert und die „opting out“-Klausel verallgemeinert werden. Dagegen laufen die Gewerkschaften unter anderem in Luxemburg Sturm. Sie befürchten eine Aufweichung des allgemeinen Arbeitsrechts.
Tatsächlich könnten Beschäftigte mit der neuen Regel in Zukunft dazu angehalten werden, bis zu 65 Stunden die Woche zu arbeiten, so Nico Clement gestern. Er vertritt den OGB-L im Europa-Sekretariat von CGT-L und LCGB. Der CGT gehört auch der Landesverband FNCTTFEL an. Die Mehrarbeit wird innerhalb von drei Monaten mit Freizeit ausgeglichen.
Seit 2004, als der erste Entwurf einer neuen Direktive vorgelegt wurde, wehren sich beide Gewerkschaften zusammen mit den Kollegen aus der Großregion gegen die darin enthaltenen Verschlechterungen, sagte Viviane Goergen vom LCGB.
Die „opting out“-Klausel ist nicht der einzige Kritikpunkt. Unzufrieden sind die Gewerkschaften auch damit, wie der Bereitschaftsdienst definiert werden soll. „Weder Arbeitszeit noch Ruhezeit“, so Clement.
Tatsächlich unterscheidet der Direktiveentwurf zwischen aktivem und inaktivem Bereitschaftsdienst. Schläft beispielsweise der Arzt während des Bereitschaftsdienstes, wird das nicht als Arbeitszeit angerechnet. Es sei denn, das Land regelt das per Gesetz oder Kollektivvertrag anders. Die EU-Arbeitsminister stimmten dem Vorschlag der EU-Kommission bereits im Juni 2008 zu. Auch Luxemburgs Beschäftigungsminister François Biltgen habe sich dafür ausgesprochen. Eben das wird nun von den Gewerkschaften kritisiert. Wie könne ein Minister für eine schlechtere Arbeitszeitregelung eintreten, so Clement. Viviane Goergen fühlt sich ihrerseits beim Arbeitsminister unverstanden. Diesen Eindruck habe man nach mehrmaligen Unterredungen mit Biltgen gehabt.
Die Gewerkschafter befürchten eine Verschlechterung des Luxemburger Arbeitsrechts. Wenn andere EU-Länder die Mindestanforderungen der EU-Richtlinie übernehmen werden, könnte Luxemburg in dieser Frage unter Druck geraten, meint Clement.
Die Neufassung der Direktive muss noch vom Europaparlament angenommen werden.
Die Gewerkschafter wollen mit den Europadeputierten reden, um ihren Standpunkt darzulegen.
Das Europaparlament wird die Direktive am 17. Dezember in zweiter Lesung diskutieren. In einer ersten Diskussionsrunde hatten die Abgeordneten Kompromissvorschläge unterbreitet, die jedoch von den EU-Ministern abgelehnt wurden. Arbeitsminister François Biltgen, der sich derzeit im Ausland aufhält, war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. 

Was sagt das Parlament?   
Spaniens Parlament hat am 16. September einstimmig eine Resolution angenommen,
in der es sich gegen die vorliegende Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie ausgesprochen
hat. Die Abgeordneten lehnen die in der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit ab, die
Wochenarbeitszeit zu verlängern. Auch Luxemburgs Abgeordnete sollten sich äußern,
fordern OGB-L und LCGB. Die Gewerkschaften möchten den Europäischen
Gewerkschaftsbund EGB zu konkreten Aktionen gegen die Direktive bewegen.
Es reiche nicht mehr mit Lobbyarbeit, so Nico Clement (OGB-L).