Dienstag21. Oktober 2025

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Das süße Paradies

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ESCH - Es gibt hier und da noch Inseln, wo die Zeit still zu stehen scheint. Die „Confiserie Robert“ ist so eine - seit 42 Jahren. Egal wie groß oder alt, zwischen den Regalen voller Naschereien wird jeder wieder klein.

Wahrscheinlich geht es vielen so. Gleich nach Betreten des Geschäftes kommen Kindheitserinnerungen hoch. Zwischen allem möglichen in Gummi- oder Bonbonform liegen sie. Die Lutschmuscheln, die Lippenstift-Bonbons und die Kirschlutscher-Ohrringe mit dem giftgrünen Plastikbügel, an denen sich Kinder schon vor 40 Jahren nicht satt essen konnten. „Mal werden sie mehr gekauft, mal weniger, letztendlich kommen diese Artikel immer wieder“, bestätigt Besitzer Jean-Claude Loeb, der das Geschäft vor 42 Jahren eröffnet hat. Seine Geschichte ist eine, wie sie für viele der wenigen noch existierenden alteingesessenen Geschäfte im Land gilt. Wie wenige es allein in Esch sind, geht aus der Festschrift des Escher Geschäftsverbands zum 80. Geburtstag der Vereinigung 1984 hervor. Zu den Zeiten existierte noch eine eigenständige „Banque Internationale BIL“ und eine „Banque Générale“ ohne den Zusatz „BNP Paribas“. Von den restlichen gut 40 Geschäften, denen die Publikation gewidmet ist, ist der Familienbetrieb einer der wenigen, der bis heute überlebt hat.

Das ist der zähen Hingabe ihrer Besitzer zu verdanken, die das Überleben zwischen den großen sichert. Auch Loeb bekam die Konkurrenz der großen Supermärkte zu spüren, hat sich aber etwas einfallen lassen. „Mit den meisten meiner Lieferanten habe ich so gute Beziehungen, dass ich die Neuigkeiten schon im Geschäft habe, bevor die Werbung anläuft“, sagt Loeb mit sichtlichem Stolz. „Die Leute wissen das“, sagt er.

Aufhören geht nicht

Außerdem identifiziert er sich mit seinen Produkten. Er esse sehr gerne Schokolade gesteht er freimütig und probiere mit seinen Kolleginnen alles Neue. „Sonst können wir den Kunden ja nicht sagen, wie es schmeckt“, lacht er. Loeb wurden die Süßwaren sozusagen in die Wiege gelegt. Zu guten Zeiten beschäftigte sein Vater Robert, daher auch der Name des Geschäfts, bis zu 40 Angestellte in seiner Süßwarenfabrik in der Escher rue Zénon Bernard. Der Zweite Weltkrieg machte die Fabrikation des gelernten Kochs zunichte, die Loebs mussten ins Ausland fliehen. Sohn Jean-Claude ist in den Savoyen geboren und absolvierte eine Ausbildung zum Hotelier in Diekirch.

Nach einem halben Jahr Auslandsaufenthalt in England kehrte er nach Luxemburg zurück. „Meine Mutter war gestorben und mein Vater bat mich, im Geschäft zu helfen“, sagt er, „das ist jetzt 44 Jahre her und ich bin immer noch hier“. Da befand sich das Geschäft noch in der Alzettestraße. Sohn Loeb leitete den Umzug in die Avenue de la Gare ein. Geschäfte in Diekirch, Ettelbrück und der Stadt kamen hinzu. Sein Tag begann damals damit, vom Lager in Esch aus die anderen Filialen anzufahren und zu beliefern.

Zweigstellen aufgegeben

Die Zweigstellen hat er längst aufgegeben, seine Posten in den Geschäftsverbänden der Stadt und in Esch ebenfalls. Geblieben ist das Escher Geschäft mit den Süßigkeiten und das zweite mit den Artikeln zur Kindstaufe, das er vor zehn Jahren in der rue Zénon Bernard eröffnet hat.
Geblieben ist auch seine Verbundenheit mit den 60 Quadratmetern still stehender Zeit. Auch wenn er nicht mehr ausliefern muss, steht er um acht Uhr auf und geht um neun Uhr im Geschäft vorbei. „’Moien‘ sagen“, wie er sagt. Gemeint ist, nach dem Rechten schauen. Dann ist Anlieferzeit und Loeb kann gleich kontrollieren und gegebenenfalls reklamieren, wenn es etwas gibt. Das „Back office“ ist immer noch seine Sache – auch wenn es drei Angestellte gibt.

„Aufhören“, schon allein das Wort hat einen unangenehmen Klang für den 68-Jährigen. „Ich brauche das hier“, sagt er inmitten der Regale voller bunter süßer Sachen. „Ohne das Geschäft kann ich nicht sein.“