Dienstag4. November 2025

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Keine guten Bedingungen zum arbeiten

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Der Internet-Versandhändler Amazon wird in Deutschland wegen seiner Arbeitsbedingungen heftig kritisiert.

Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff warf dem Konzern am Montag „grausamste Arbeitsbedingungen“ vor. Das betreffe vor allem Saison- und Leiharbeiter. „Über die Arbeiter wird verfügt wie über Leibeigene“, sagte der Autor der Nachrichtenagentur dpa in Köln. Aus Zuschriften von Betroffenen gehe hervor, dass diese von Kameras überwacht, schon bei kleinen Verschnaufpausen zum Vorgesetzten zitiert würden und mit Repressalien rechnen müssten. In Einzelfällen durften Wallraff zufolge Medikamente, die etwa Diabetiker brauchten, nicht mit ins Lager genommen werden.

Amazon war in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil eine ARD-Dokumentation über schlechte Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern aus dem Ausland bei dem Versandhändler in Deutschland berichtet hatte. Am Wochenende hatte sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen in die Debatte eingeschaltet und der Leiharbeitsfirma, die mit Amazon zusammenarbeitet, mit einem Lizenzentzug gedroht. Amazon hatte angekündigt, die Vorwürfe zu prüfen.

Zeitarbeitsbrache distanziert sich

Die deutsche Zeitarbeitsbranche will unsaubere Praktiken nicht hinnehmen. „Immer dort, wo illegale beziehungsweise unethische Machenschaften im Zusammenhang mit Zeitarbeitseinsätzen praktiziert werden, distanzieren wir uns ausdrücklich hiervon“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), Werner Stolz, am Montag in Münster. Die Mitglieder des Verbands hätten sich einem Ethikkodex verpflichtet und arbeiteten zudem mit einer Schlichtungsstelle zusammen.

Die Gewerkschaft Verdi kämpft um höhere Löhne für die fest angestellten Beschäftigten Amazons. An den Standorten Leipzig (Sachsen) und Bad Hersfeld (Hessen) hätten erste Gespräche mit dem US-Unternehmen stattgefunden, berichtete der Frankfurter Verdi-Sekretär Bernhard Schiederig am Montag. Man fühle sich stark genug, einen Tarifvertrag durchzusetzen. Verdi verlangt, dass Amazon den Flächentarifvertrag für den Einzelhandel anerkennt. Daraus würden sich deutlich höhere Stundenlöhne ergeben. Bislang orientiere sich das nicht tarifgebundene Unternehmen am Tarifvertrag für die Logistikbranche.

Der weltweit größte Online-Einzelhändler Amazon hat sich des Weiteren nach der massiven Kritik an der Behandlung von Leiharbeitern durch einen Sicherheitsdienst von dem Unternehmen getrennt. In der ARD-Reportage waren Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Hensel European Security Services (H.E.S.S.) gezeigt worden, die Kleidung der bei Neonazis beliebten Marke Thor Steinar trugen und direkt in Aktivitäten der rechtsextremen Szene verwickelt waren. Außerdem wurden den Sicherheitsleuten Verbindungen in die Rocker-Szene nachgewiesen.