Asmussen soll nach dem Willen der Bundesregierung Nachfolger des überraschend zurückgetretenen EZB-Chefvolkswirts Jürgen Stark werden – und damit im Kreis der Euro-Währungshüter sein. Beide kennen sich bestens, waren sie doch wichtige Krisenmanager in der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel.
EZB-Rat und EZB-Direktorium
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist das wichtigste Beschlussorgan der Euro-Währungshüter. Ihm gehören die sechs Mitglieder des Direktoriums und die Präsidenten der Zentralbanken aus den 17 Euro-Ländern an. Der Rat legt die Geldpolitik für den Euroraum fest, entscheidet also auch über die Leitzinsen.
Im sechsköpfigen EZB-Direktorium sind EZB-Präsident (Jean-Claude Trichet, Frankreich), Vizepräsident (Vitor Constancio, Portugal), Chefvolkswirt (bisher Jürgen Stark, Deutschland) und drei weitere Mitglieder vertreten. Die drei weiteren Mitglieder sind aus Italien (Lorenzo Bini), Spanien (José Manuel González-Páramo) und Belgien (Peter Praet).
Den Posten des Chefvolkswirts gibt Stark zum Jahresende auf, wie er am Freitag überraschend ankündigte. Die Bundesregierung schlägt als Nachfolger den bisherigen Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen vor. Alle Direktoriumsmitglieder werden vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ausgewählt und ernannt.
Zu den Aufgaben des Direktoriums zählt die Vorbereitung der EZB-Ratssitzungen, die Führung der laufenden Geschäfte der EZB und die Durchführung der Geldpolitik im Euroraum. (dpa)
Die beiden Finanzfachleute waren Schüler von Professor Axel Weber. Der hatte als Bundesbank-Chef erst im Frühjahr entnervt das Handtuch geworfen. Weidmann folgte ihm nach auf dem Chefposten der Deutschen Bundesbank. Nun könnte auch Asmussen die Karriereleiter hochsteigen: Am Samstag schlug Finanzminister Wolfgang Schäuble ihn als Nachfolger für Jürgen Stark bei der EZB vor. Stark galt wie Weber als Kritiker der milliardenschweren Anleihekäufe, mit der die EZB kriselnde Euro-Staaten stützt.
Erfahrener Spezialist
Mit Krisen hat Asmussen reichlich Erfahrung. Der Manager mit Beamtenstatus zieht seit Jahren im Finanzministerium unauffällig, aber wirksam und erfolgreich die Fäden – egal welches Parteibuch der jeweilige Minister gerade trägt. 2008 war Asmussen der Mann hinter Finanzminister Peer Steinbrück, der die Hilfspakete für die deutschen Banken schnüren musste.
Der 1966 in Flensburg geborene Ökonom durfte trotz seines SPD-Parteibuchs auch unter Steinbrücks CDU-Nachfolger Wolfgang Schäuble als Staatssekretär im Finanzministerium bleiben. Sehr zum Unmut der Union, vor allem aber der FDP. Schäuble wollte aber auf den Top-Fachmann, der bestens vernetzt ist, nicht verzichten.
Krisenerprobter Regierungsberater
Die heutigen Koalitionspartner hatten sich in der IKB- und HRE-Krise vor allem an Finanzstaatssekretär Asmussen abgearbeitet. Der zweifache Vater war 2007 in die Kritik geraten, als sich die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB mit Immobiliengeschäften in den USA verspekulierte und mit Milliardengeldern gerettet werden musste. Asmussen saß für das Bundesfinanzministerium im Aufsichtsrat, als die Bank in die Schieflage geriet.
Asmussen ist ein enger Duzfreund von Bundesbank-Präsident Weidmann, der im Mai Nachfolger von Weber wurde. Auch Weidmann musste als Berater von Merkel die Politik verlassen, nachdem – wie nun EZB-Chefvolkswirt Stark – mit Weber ein Falke in Sachen Euro und Geldpolitik hinwarf.
Hochgeschätzter Top-Manager
Dass Merkel nun einen Mann mit SPD-Parteibuch auf den wichtigen Posten bei der Europäischen Zentralbank schicken könnte, zeigt, wie hochgeschätzt Asmussen ist. Gleichzeitig ist es aber auch ein Indiz dafür, dass Deutschland kaum noch profilierte Finanzexperten für solche Posten hat – in Schäubles Ministerium wird Asmussen mitten in der Euro-Krise eine Lücke reißen. Auch bei den Beratungen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) über die Finanzmarktreform. Den Kritikern in der Koalition dürfte ein Weggang von Asmussen dagegen nur recht sein.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können