Donnerstag23. Oktober 2025

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EU-ParlamentSitzung mit ukrainischem Präsidenten zum 1.000 Kriegstag

EU-Parlament / Sitzung mit ukrainischem Präsidenten zum 1.000 Kriegstag
Der Sondersitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wohnten auffallend viele EU-Parlamentarier bei Foto: Alain Rolland/European Union 2024/EP

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Das Europäische Parlament (EP) nahm den 1.000. Kriegstag in der Ukraine am Dienstag zum Anlass, eine außerordentliche Sitzung mit einer Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abzuhalten. Dieser forderte, Putin zum Frieden zu zwingen.

Es war eine symbolische Geste und mehr konnte es nicht sein. Doch auch die Worte der Unterstützung, die am Dienstagvormittag aus der europäischen Volksvertretung in Richtung Kiew gesprochen wurden, haben ihre Bedeutung und verpflichten jene, die sie ausgesprochen haben. Etwa als die EP-Präsidentin Roberta Metsola in ihrer Begrüßungsrede sagte, dass das Parlament so lange wie nötig an der Seite der Ukraine stehen werde, und meinte: „Echter Frieden kann nur auf dem Prinzip beruhen: ‚Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine‘.“

Das aber, so wird spätestens nach der Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten befürchtet, könnte so nicht eingehalten werden. Und so bedankte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dafür, dass an keinem einzigen der nunmehr 1.000 Kriegstage, die gemeinsamen europäischen Werte verraten worden seien. Selbst mit der Unterstützung von Nordkoreas Kim Jong-un bleibe Putin der vereinten Stärke Europas unterlegen. Er forderte, Russland zu einem gerechten Frieden zu zwingen. „Frieden ist, was wir am meisten wollen“, sagte Selenskyj. Er verwies auf seine Friedensformel, die vom EU-Parlament unterstützt werde. Wichtig sei es, die Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten, vor allem jene gegen die russischen Ölexporte. Der ukrainische Präsident rief dazu auf, etwas gegen die „Schattenflotte“ zu unternehmen – Schiffe, mit denen Moskau versucht, die Öl-Sanktionen zu umgehen.

Während manche europäische Politiker an Wahlen denken (…) auf Kosten der Ukraine, fokussiert Putin sich darauf, den Krieg zu gewinnen

Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

Putin habe 11.000 nordkoreanische Soldaten ins Land gebracht und das Kontingent könnte auf 100.000 Soldaten anwachsen, warnte Selenskyj und meinte: „Während manche europäische Politiker an Wahlen denken (…) auf Kosten der Ukraine, fokussiert Putin sich darauf, den Krieg zu gewinnen.“ Womit der Präsident noch einmal deutlich machte, dass er das Telefongespräch des deutschen Kanzlers Olaf Scholz mit Putin alles andere als gutheißen kann. „Er wird nicht von selbst aufhören“, so Selenskyj in Bezug auf Putin. „Je mehr Zeit er hat, umso schlimmer werden die Bedingungen.“ Vielmehr brauche es jetzt Angriffe auf Munitionslager in Russland, auf den militärischen Nachschub, auf russische Luftwaffenstützpunkte, sowie Russlands Fähigkeiten, Drohnen und Raketen herzustellen, um Russland zu sinnvollen Verhandlungen zu motivieren. „Die Ukraine hat es verdient, aus dem nächsten Jahr ein Jahr des Friedens zu machen“, so Wolodymyr Selenskyj.

Russische Gelder für die Ukraine nutzen

Während einer Reaktionsrunde der Fraktionsvorsitzenden meinte Manfred Weber (EVP), Europa müsse sich darauf vorbereiten, mehr Verantwortung zu übernehmen. Es brauche eine langfristige Sicherheitsarchitektur und die „Ukraine muss NATO-Mitglied werden“. „Alle anderen Sicherheitsgarantien haben keinen Frieden gebracht“, so der EVP-Fraktionsvorsitzende weiter. Mit iranischen Drohnen und nordkoreanischen Soldaten, die auf europäischem Boden kämpften, sei es kein regionaler Krieg mehr. Das müsste den USA klargemacht werden, so Manfred Weber. „Wir werden an der Seite der Ukraine stehen und siegen“, versprach er.

„Wir sind uns des Preises bewusst, den sie zahlen“, sagte ihrerseits Iratxe García Pérez. Die Ukraine bräuchte jetzt vielmehr Waffen als Worte, so die S&D-Fraktionsvorsitzende weiter. Zudem sprach sich die Spanierin für Angriffe auf russisches Territorium, sowie die Nutzung der in der EU eingefrorenen russischen Staatsguthaben aus. Bisher werden nur die Gewinne dieser Guthaben für die Unterstützung der Ukraine eingesetzt. Es gebe „keine bessere Garantie für unsere Sicherheit, als der Sieg der Ukraine“, sagte Iratxe García Pérez. 

Waffenlieferungen aus China verurteilt

Die Rednerin der rechtsextremen Fraktion „Patrioten für Europa“, Kinga Gal, sprach mehr für ihre ungarische Partei Fidesz als ihre Fraktion, als sie daran erinnerte, dass Ungarn keine militärische Hilfe für die Ukraine leiste. Die Fidesz-Abgeordnete sprach sich für einen baldmöglichsten Waffenstillstand und Friedensverhandlungen aus. Mit der Wahl Trumps gebe es nun bessere Chancen, dies zu erreichen, meinte Kinga Gal.

Nicola Procaccini von der EKR-Fraktion würdigte den Mut und die Entschlossenheit der ukrainischen Bevölkerung und des Präsidenten. Selenskyj sei nicht geflüchtet und habe seine Pflicht erfüllt, so der Italiener, der versprach, dass Europa weiterhin an der Seite der Ukraine stehen werde. Valérie Hayer wiederum forderte, Putin und seine Entourage vor der internationalen Justiz zur Rechenschaft zu ziehen. Europa dürfe sich niemals an diesen Krieg gewöhnen und müsse die Ukraine „bis zum Ende unterstützen“, so die Vorsitzende der liberalen Renew-Fraktion. Die Grüne Terry Reintke wiederum befürchtet, dass Putin den kalten Winter dazu nutzen wolle, die Ukrainer zum Aufgeben zu zwingen. Und der Vorsitzende der Linken-Fraktion, Martin Schirdewan, sagte, „ein Siegfrieden Russlands, der der Ukraine aufgezwungen würde, stellt die internationale Ordnung insgesamt infrage“.

In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten die Fraktionsvorsitzenden unter anderem die Waffenlieferungen aus dem Iran, Nordkorea, Belarus, aber auch aus China, mit denen der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine geführt werde.