Montag27. Oktober 2025

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MeinungEin schwieriger Gast: Polens Präsident zu Besuch in Deutschland

Meinung / Ein schwieriger Gast: Polens Präsident zu Besuch in Deutschland
Kanzler Friedrich Merz (r.) empfängt den polnischen Präsidenten Karol Nawrocki vor dem Kanzleramt in Berlin Foto: Ralf Hirschberger/AFP

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Der polnische Präsident Nawrocki bringt beim Antrittsbesuch in Berlin erneut Reparationsforderungen in Billionenhöhe vor. Das hilft den gemeinsamen Beziehungen nicht, auf die es derzeit besonders ankommt in Europa. Doch Deutschland steht auch in der Pflicht.

Die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland sind historisch belastet und deswegen politisch heikel. Das Leid, das das Nazi-Regime einst über Polen brachte, ist unvorstellbar. Die Forderung nach deutschen Reparationszahlungen spielt in Polen auch heute noch eine große Rolle. Erst recht, seit die rechte PiS-Partei über Jahre hinweg Stimmung gegen Deutschland machte. Nun war am Dienstag Polens Präsident Karol Nawrocki, der der PiS nahesteht, zum Antrittsbesuch in Berlin – und wärmte noch vor Ankunft die Forderung nach einer Zahlung in Höhe von 1,3 Billionen Euro wieder auf. Es kam, wie es kommen musste, denn so lautet die deutsche Antwort seit vielen Jahren: Nein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Friedrich Merz lehnten dies also ab. Dass Nawrocki das Thema aufwarf, mag aus polnischer Perspektive verständlich sein. Seit Jahrzehnten gibt es in Polen ein Gefühl der Ungerechtigkeit, auch wenn vor geraumer Zeit Polens amtierender Premierminister Donald Tusk von der Forderung Abstand genommen hatte und die Bundesregierung auf eine polnische Verzichtserklärung von 1953 verweist.

Fest steht jedoch, dass die Dauerdebatte den Beziehungen beider Länder nicht hilft, auf die es derzeit in Europa besonders ankommt. Denn mit der russischen Bedrohung gegen Polen und andere europäische NATO-Staaten tragen beide Nachbarn eine gemeinsame Verantwortung. Sie müssen noch enger als je zuvor zusammenrücken, um nicht nur im trilateralen Format des Weimarer Dreiecks mit Frankreich den Schutz Europas zu organisieren. Die Achse Berlin-Warschau muss funktionieren, um auch die Herausforderungen durch illegale Migration in den Griff zu kriegen. Doch gerade in der Migrationspolitik hat der neue deutsche Kurs für Spannungen mit Polen gesorgt.

Gemeinsame Stärke statt Spaltung

Die Bundesregierung steht daher ebenfalls in der Pflicht, ihrerseits die deutsch-polnischen Beziehungen mit viel Fingerspitzengefühl zu vertiefen. Es ist dabei richtig, klare Ansagen wie jetzt zu den Reparationszahlungen zu machen. Sachlich, nüchtern, erklärend. So kann Populismus auf beiden Seiten der Grenze der Wind aus den Segeln genommen werden. Und mit Blick auf die Verteidigungsfähigkeit der NATO braucht es dringend mehr Engagement beider Länder, um die Ostflanke gegen russische Angriffe zu härten. Denn leider dürfte das jüngste Eindringen russischer Kampfdrohnen bis weit hinein in den polnischen Luftraum erst der Anfang russischer Provokationen gegenüber der NATO gewesen sein. Deutschland, Polen und der Rest Europas sind im Fadenkreuz Wladimir Putins für hybride Angriffe. Da braucht es gemeinsame Stärke, statt Spaltung durch rechtsnationale Politiker auf beiden Seiten.