EU-ParlamentAbgeordnete wollen Demokratie in der EU stärken

EU-Parlament / Abgeordnete wollen Demokratie in der EU stärken
Der Ko-Berichterstatter Alin Mituta während der gestrigen Debatte Foto: European Union 2023 – Source: EP

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Ein am Donnerstag im Europäischen Parlament (EP) verabschiedeter Bericht zielt darauf ab, die Demokratie, den Parlamentarismus und die Bürgerbeteiligung in der EU zu stärken. Die EP-Abgeordneten schlagen dazu unter anderem institutionelle Veränderungen vor. Das gefällt nicht allen.

Weniger als ein Jahr vor den Europawahlen und gut ein Jahr nach der Konferenz zur Zukunft Europas legen die EU-Parlamentarier einen Initiativbericht vor, mit dem, wie der Ko-Berichterstatter Alin Mituta am Donnerstag erklärte, Wege gefunden werden sollen, „um die Demokratie voranzubringen“. Es gehe darum, das Image der „unpersönlichen, elitären und weit vom Bürger entfernten Union“ loszuwerden, meinte der rumänische Abgeordnete der liberalen Renew-Fraktion. „Wir wollen die Demokratie stärken“ und „den Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit geben, ihre Ideen einzubringen“, ergänzte der zweite Ko-Berichterstatter Niklas Nienass von den Grünen.

Dies soll etwa über die Einrichtung von europaweiten Online-Bürgerbefragungen geschehen, die das EP organisieren soll. Zudem sprechen sich die EU-Parlamentarier für die Einführung von EU-weiten Referenden über grundlegende Fragen aus. Dazu müssten allerdings die EU-Verträge geändert werden. Das Ergebnis dieser Referenden würde dann angenommen, wenn es zu einer doppelten Mehrheit kommt: Eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler und eine Mehrheit der Mitgliedstaaten müssten zustimmen. Die Referenden könnten am Tag der Europawahl abgehalten werden.

Trotz aller Bemühungen, die direkte und partizipative Demokratie auszubauen, könnten solche Mechanismen und Instrumente „die repräsentative liberale parlamentarische Demokratie in einer zunehmend komplexen
Welt, in der nach tragfähigen und demokratischen Kompromissen gesucht werden muss,
ergänzen, aber nicht ersetzen“, schränken die EP-Abgeordneten jedoch ein. Befürworter des Berichts meinten denn auch während der Debatte, dass sich die repräsentative Demokratie bislang gegenüber allen anderen Systemen bewährt habe.

Initiativrecht für EP

Vor allem Redner der konservativen Fraktionen wie der „Europäischen Konservativen und Reformer“ oder der rechtspopulistisch bis rechtsextremen Fraktion „Identität und Demokratie“ wehrten sich jedoch gegen die im Bericht erhobenen Forderungen. Womit die Aussage des deutschen Grünen-Abgeordneten Damian Boeselager bestätigt wurde, der meinte: „Populisten befürchten eine gut funktionierende parlamentarische Demokratie.“

So lehnen viele Konservative den Vorschlag ab, dem EP ein Initiativrecht bei der Gesetzgebung zu geben, wie es in allen nationalen Parlamenten üblich ist. Derzeit kann in der EU nur die EU-Kommission Gesetzesvorschläge machen. Der französische ID-Abgeordnete Gilles Lebreton, der Marine Le Pens „Rassemblement national“ angehört, meinte gar, es ginge nicht, dem EP das Initiativrecht zu geben, da es keine europäische Nation gebe. Das EP bekomme aber somit die gleichen Rechte wie die französische Nationalversammlung. Manche sehen ihren Nationalstaat ebenfalls durch die seit Jahren erhobene Forderung, das Einstimmigkeitsprinzip im Rat der EU (in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind) aufzuheben, geschwächt. Das Einstimmigkeitsprinzip wird zusehends nicht nur als ein Hemmnis bei Entscheidungen in der EU gesehen, sondern auch als indirektes Mittel, eine Mehrheit von Mitgliedstaaten quasi zu erpressen.

Mindestwahlalter von 16 Jahren

Überhaupt wollen die EU-Parlamentarier den Rat der EU reformieren und ein Zwei-Kammer-System einführen. Als Gesetzgeber sollte neben dem EU-Parlament als zweite Kammer der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ fungieren. Allen anderen EU-Ministerräten – wie dem Rat der Innenminister, der Landwirtschaftsminister, Energieminister und so weiter – wollen die EP-Abgeordneten, ähnlich den Parlamentsausschüssen, als Vorbereitungsorgane für die im Rat für „Allgemeine Angelegenheiten“ zu treffenden Entscheidungen funktionieren.

Dieses Ansinnen ist jedoch nicht nur vielen Konservativen und Rechtspopulisten ein Dorn im Auge, die darin die Vorbereitung auf einen „supranationalen Föderalstaat“ sehen, wie ein Redner am Donnerstag meinte. Dies dürfte in den Mitgliedstaaten jedoch ebenso auf Ablehnung stoßen wie die Forderung, das EP sollte „uneingeschränkte Gewalt über den Haushalt erhalten“.

Auf Ablehnung insbesondere bei der Bevölkerung in Luxemburg hingegen dürfte die Empfehlung stoßen, ein Mindestwahlalter von 16 Jahren einzuführen, und somit Rechte und Pflichten, „die europäische Jugendliche in einigen Mitgliedstaaten bereits haben“, wie die EP-Abgeordneten in ihrem Bericht feststellen. In Luxemburg wurde dies in einem Referendum abgelehnt.

LeCze
16. September 2023 - 12.02

Bald wird die Wagenknecht Partei mit der A.... f D Bande fusionieren und die EU neu organisieren!....

fraulein smilla
15. September 2023 - 18.57

Das Initiativrecht ist eigentlich die Koenigsdiziplin jedes " richtigen " Parlaments.!
@ DanV/
Wahlrecht mit 16 Jahren ,aber stafrechtlich nicht wie ein Erwachsener bestraft zu werden , das ist ein NoGo .

DanV
15. September 2023 - 11.29

Beim Referendum erhitzte das Ausländerwahlrecht die Gemüter und wurde zum "3 mol nee". Ich frage mich, ob die Luxemburger wirklich gegen ein Wahlrecht mit 16 gestimmt hätten, wenn die Altersfrage allein gestellt worden wäre.

Es ging ja nicht um Wahlpflicht, sondern um Wahlrecht. Und was wäre so schlimm daran, wenn politikinteressierte Jugendliche vor dem 18. Lebensjahr wählen dürften?