„Ich wollte, dass es aufhört“

„Ich wollte, dass es aufhört“
(AFP/Matt Rourke)

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Im Missbrauchsprozess gegen den amerikanischen TV-Comedian Bill Cosby hat die zentrale Zeugin ausgesagt.

Im Missbrauchsprozess gegen den US-Fernsehstar Bill Cosby hat das mutmaßliche Opfer ausgesagt: Sichtlich aufgewühlt berichtete die 44-jährige Andrea Constand am Dienstag vor dem Gericht in Norristown, Cosby habe sie im Januar 2004 in seinem Haus in der Nähe von Philadelphia mit Tabletten und Wein betäubt und dann sexuell missbraucht. „Ich wollte, dass es aufhört“, sagte Constand.

Die damals 30-Jährige hatte nach eigenen Angaben in Cosby einen Mentor gesehen und ihn aufgesucht, um ihn um Rat zu fragen. Constand leitete damals das Frauen-Basketball-Team an der Temple University in Philadelphia, Cosby saß im zuständigen Ausschuss. Sie habe Cosby gefragt, ob die Tabletten, die er ihr „zur Entspannung“ gegeben habe, pflanzlich seien. Dies habe er bestätigt. „Ich sagte, ich vertraue Ihnen.“ Etwa eine halbe Stunde nach Einnahme der Tabletten habe sie Sprach- und Koordinationsstörungen gehabt und doppelt gesehen, berichtete Constand.

„Ich war völlig durcheinander“

Nachdem sie kurz das Bewusstsein verloren habe, habe sie bemerkt, dass Cosby sie befingerte. „In meinem Kopf habe ich versucht, meine Hände zu bewegen, meine Beine zu bewegen, aber ich war ganz erstarrt – und die Botschaften kamen nicht an“, sagte Constand mit zittriger Stimme aus. „Ich fühlte mich erniedrigt und war völlig durcheinander.“

Schon vorher habe Cosby an einem Abend bei ihm zu Hause versucht, ihre Hose zu öffnen, berichtete die 44-jährige Kanadierin weiter. Sie habe sich ihm jedoch entzogen und ihm gesagt, dass sie an einer körperlichen Beziehung kein Interesse habe. Dann habe sie das Haus verlassen. Sie habe in Cosby so etwas wie eine Vaterfigur gesehen, sagte sie den zwölf Geschworenen.

Als sie ihn nach dem zweiten Vorfall zur Rede stellen wollte, habe er ihr einfach geantwortet: „Ich dachte, du hattest einen Orgasmus – oder nicht?“ Ähnlich habe er sich auch gegenüber Constands Mutter gerechtfertigt, als diese, von der Tochter informiert, Cosby ebenfalls zur Rede stellte.

Flut von Missbrauchsvorwürfen

Es war Constands erster öffentlicher Auftritt seit ihrer Aussage aus dem Jahr 2005. Weil die Staatsanwaltschaft damals ein Strafverfahren gegen Cosby ablehnte, entschloss sich Constand zu einer Zivilklage, der Prozess endete 2006 mit einer außergerichtlichen Einigung. Vor zwei Jahren wurde der Fall dann aber von der Staatsanwaltschaft neu aufgerollt – dies war zu einer Zeit, als eine Flut von Missbrauchsvorwürfen über den TV-Komiker niederging.

Cosby wird von rund 60 Frauen beschuldigt, sich in früheren Jahrzehnten an ihnen vergangen zu haben. Da die meisten Anschuldigungen aber verjährt sind, ist der Strafprozess zu Constands Anschuldigungen der einzige, der den Schauspieler ins Gefängnis bringen könnte. Ihm drohen bei einem Schuldspruch bis zu 30 Jahre Haft sowie eine hohe Geldstrafe.

Einvernehmlicher Sex mit Constand

Cosby will in dem Prozess nicht aussagen. Sein Anwalt hatte am Montag beim Prozessauftakt erklärt, sein Mandant habe einvernehmlichen Sex mit Constand gehabt. Im Kreuzverhör will die Verteidigung in den nächsten Tagen versuchen, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern.

Am Dienstag verwies Cosbys Anwältin Angela Agrusa auf widersprüchliche Aussagen der Zeugin hin, demnach hatte diese der Polizei ursprünglich gesagt, dass Cosby und sie vor dem fatalen Treffen niemals allein waren. Constand erwiderte dazu, es habe bei dem Sammeln der „Daten und Fakten einiges Durcheinander“ geherrscht.