Großaktionäre retten Sanierung

Großaktionäre retten Sanierung
(dpa)

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Die Drohkulisse einer Insolvenz der Baumarktkette Praktiker hat sich für den Vorstand ausgezahlt. Zähneknirschend machen die beiden Großaktionäre eine Wende und lassen sich bei der Hauptversammlung doch noch auf ein Sanierungskonzept - für mehr Kontrolle.

Am Abend der Praktiker-Hauptversammlung wirkte Fondsmanagerin Isabella de Krassny erleichtert. Zwei Aufsichtsratsposten, voraussichtlich ein Vorstand nach ihrem Geschmack – das bedeutet endlich mehr Einfluss bei den kriselnden blauen Heimwerkermärkten. «Freiwillig hab‘ ich nicht zugestimmt», sagte die Österreicherin zu dem Kompromiss für ein Sanierungskonzept, den sie für zwei Großaktionäre trägt. Dafür wollte sie noch am Abend einer kräftigen Finanzspritze mit Kapitalerhöhung sowie – zähneknirschend – einem Darlehen über 85 Millionen Euro des US-Investors Anchorage zustimmen.

Die Fondsmanagerin Isabella de Krassny blickt am Mittwoch in Hamburg bei der Hauptversammlung der Baumarktkette Praktiker in die Kamera. (Bild: dpa)

Doch den Vorstand wollten die Großaktionäre nicht entlasten. Das Duo habe keine Glanzleistung vollbracht, sagte de Krassny. Eine halbe Milliarde Verlust im Jahr 2011 und dazu desaströse Aussichten: Vorstandschef Kay Hafner und Finanzvorstand Markus Schürholz malten vor den Aktionären eine drohende Insolvenz an die Wand und mahnten, mehr als 20 000 Mitarbeiter könnten ihren Job verlieren. Dieses Horrorszenario könne nur abgewendet werden, wenn die Hauptversammlung ihr geplantes Rettungspaket absegnet, betonten beide.

Schlagabtausch

Die Spitzenkräfte der Praktiker AG nutzten starke Worte, Leidenschaft und Verve aber klangen nicht durch: Nüchtern lesen sie in dem weißen Saal mit dem riesigen Kronleuchter ihre Reden vom Blatt ab. Erklären, es sei die „zweifelsohne wichtigste Hauptversammlung der Unternehmensgeschichte“. Beschreiben, wie ihr Restrukturierungskonzept – ein Finanzkonstrukt aus Kapitalerhöhung, Anleihen und Darlehen – in groben Zügen funktionieren soll. Berichten, dass das Unternehmen seinen Umzug vom Saarland nach Hamburg im September abgeschlossen haben will. Und ziehen den geballten Unmut der Aktionäre auf sich.

Bei den Anlegern macht das Wort „Erpressung“ die Runde – ob als Zwischenruf oder auf dem Rednerpult. Eigentlich freue sich Hamburg über neue Firmen, sagt etwa Dirk Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Aber: „Hamburg ist kein großes Bestattungsunternehmen, und erpressen lassen sich die Hamburger auch nicht.“ Nicht die Aktionäre hätten das Unternehmen an den Rand des Ruins gebracht, sondern Vorstand und Aufsichtsrat. Kein Wunder, dass ein Anleger sich über den Tagesordnungspunkt „Entlastung des Vorstands“ gewundert habe, erzählt Unrau – vielleicht habe man sich da vertippt und doch „Entlassung“ gemeint?

Scharfe Kritik

Auf diesen Zug springt Isabella de Krassny auf, die die beiden Großaktionäre vertritt – die zypriotische Investmentgesellschaft Maseltov und die Fondstochter der österreichischen Privatbank Semper Constantia. Die Österreicherin – blond, schlank, in einem schillernden grünen Kleid – verlangt „zumindest“, wie sie betont, den Rückzug aller Aufsichtsräte. Nun scheiden zwei Mitglieder des Kontrollgremiums aus, zwei Österreicher rücken ein.

Seit zehn Monaten kämpfte de Krassny verzweifelt um das Überleben des Unternehmens. Viele große Investoren seien aber abgesprungen, weil sie nicht mit „diesem Vorstand“ und „diesem Aufsichtsrat“ zusammenarbeiten wollten. „Es ist grob fahrlässig, dass wir seit über einem Jahr keinen Vorstand haben, der etwas vom Geschäft versteht.“ Und auch die Fondsmanagerin ruft unter dem Jubel der Aktionäre in die Runde: „Wir lassen uns nicht erpressen!“

Kühl watscht Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) den Praktiker-Vorstand ab: „Zahlen sind Ihre Sache wohl nicht.“ Die Ankündigung, Praktiker werde von 2014 an wieder schwarze Zahlen schreiben, reiche nicht. „Wir wissen, es ist sehr, sehr teuer – aber wir wissen wenig über die zentralen Punkte.“ Seine Kritik lässt er in dem Satz gipfeln: „Das Ding ist kein Restrukturierungskonzept.“ Der Vorstand, verlangt Neumann empört, müsse zudem viel mehr Demut an den Tag legen. Schließlich habe er den Wert der Aktie „in die Nähe eines Schokoriegels“ geschreddert, schimpft der bekannte Aktionärsrebell Manfred Klein. Das Praktiker-Papier war am Mittwoch im S-Dax Tagesverlierer.