Flachstahl bringt Konzern in Schwierigkeiten

Flachstahl bringt Konzern in Schwierigkeiten
(Tageblatt)

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LUXEMBURG - Der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal wird mit seiner Flachstahlsparte in Europa nicht froh. Sie sorgte für einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro im letzten Vierteljahr 2012.

Es ist nicht ganz unschuldig, dass ArcelorMittal am Mittwoch früh zwei Mitteilungen herausgab. Eine zum Flachstahl in Europa eine zweite als Konzernbericht zum vergangenen Jahr. Europa hat den Konzern im vergangenen Jahr nicht froh gemacht. Insbesondere die Schließung der beiden Hochöfen in Florange – seit 2002 geplant – hat den Konzern mehr beschäftigt, als er wohl gedacht hatte. ArcelorMittal stellt daher einen besonderen Flachstahlbericht dem eigentlichen Jahresbericht voran.

Michel Wurth: Langstahlbereich mit Rekordjahr

„Die Gesamtproduktion des Konzerns im Jahre 2012 ist in Luxemburg gegenüber dem Vorjahr gesunken“ sagte Michel Wurth dem Tageblatt gegenüber. Dies hänge mit der Situation der Werke in Schifflingen und Rodange zusammen.

Ein Rekordjahr konnte allerding der Langstahlbereich, also die Werke Differdingen und Belval, verzeichnen. „Die beiden Werke sind das ganze Jahr über mit einer Auslastung der Kapazität um die 90 Prozent gefahren.“ Auch die Walzwerke in Differdingen und in Belval hätten Rekordjahre gehabt, der „train moyen“ in Belval immerhin das zweitbeste Jahr seiner Geschichte.

Kosten im Griff behalten

Bei der Rentabilität pro Tonne Stahl sieht es dann allerdings nicht mehr so gut aus. „Wir müssen auch weiterhin unsere Kosten im Griff behalten.“ Es handele sich dabei nicht nur um die Lohnkosten, sondern auch um Produktivitätsgewinne und die Verbesserung der Produkte.

Michel Wurth zeigte sich dennoch optimistisch was das Segment des Langstahls angeht. Der Markt und die Nahcfrage seien vorhanden, das „outil“ auch. Beim Investitionsprogramm „Lux 2016“ sei man im Zeitrahmen. Die Studien über eine mögliche Modernisierung der Strasse 2 in Belval seien fortgeschritten, doch noch sei der Moment einer Entscheidung noch nicht gefallen.

(Sascha Bremer/Tageblatt.lu)

Im letzten Vierteljahr hat die Flachstahlsparte einen operationellen Verlust in Höhe von 2,12 Milliarden Euro gemacht. Darin sind Abschreibungen und Restrukturierungskosten erhalten, aber keine zu zahlenden Steuern und Zinsen. Unter den Abschreibungen befinden sich 2,5 Milliarden Euro Wertberichtigungen zum Goodwill aus Arcelor Zeiten. Das heißt, es handelt sich um Erwartungen aus Geschäften aus Zukäufen der Arcelor Zeit, die sich nicht erfüllt haben, aber damals bezahlt wurden. Diese Abschreibungen zeigen, dass
ArcelorMittal nicht mehr davon ausgeht, dass sich diese Gewinnerwartungen noch erfüllen werden. Der Konzern scheint vielmehr nun von einer Strukturkrise in der europäischen Stahlindustrie auszugehen und bereinigt seine Bilanz.

Lakshmi Mittal: „2012 ein schlechtes Jahr“

ArcelorMittal steht dabei
nicht alleine. Andere europäische Stahlkonzerne nehmen ebenfalls Bereinigungen vor. ThyssenKrupp in Deutschland verkauft Unternehmensteile im Stahlbereich – unter anderem Stahlwerke in den USA und in Brasilien – und will zukünftig nur noch 30 Prozent seines Umsatzes mit Stahl
machen. Europa ist im Weltvergleich ein reifer Markt, der im Flachstahlbereich nach Ansicht der Unternehmen sein Niveau von 2007 nicht wieder erreichen wird. Die sinkenden Zulassungszahlen in der Automobilindustrie in Europa sind dabei
ein wesentlicher Grund für die Verluste im Flachstahlbereich.

Die Gesamtjahreszahlen in
dieser Produktionssparte zeigen die Spuren, die die Krise hinterlassen hat. Die Roheisenproduktion sank um 5,1 Prozent auf 6,4 Millionen Tonnen im letzten Vierteljahr 2012. Im gesamten vergangenen Jahr ging sie um sieben Prozent auf 27,4 Millionen Tonnen zurück. Bemerkenswert
dabei, dass die Läger der Kunden leer sind. Allerdings wird hier auch deutlich, dass die Stahlverbraucher, die Lagerhaltung auf den Produzenten zurück verweisen. Bei einer sinkenden Produktion stiegen die Auslieferungen um sechs Millionen Tonnen (plus 2,1 Prozent) im letzten Vierteljahr an. Im gesamten Jahr um plus vier Prozent auf 26 Millionen Tonnen. Mit anderen Worten: ArcelorMittal muss auf Halde produzieren, um die Kundenwünsche erfüllen zu können.

Der Konzern hat im vergangenen Jahr einen Verlust in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar Euro erwirtschaftet. Er ergibt sich nach einem operationellen Ergebnis von plus 7,1 Milliarden Dollar. Das operationelle Ergebnis liegt um 30 Prozent unter dem von 2011. Die Abschreibungen auf Konzernebene aus Goodwill Gründen belaufen sich auf 4,3 Milliarden Dollar. Sie wurden in voller Höhe im letzten Vierteljahr 2013 vorgenommen. Ausgeliefert hat das Unternehmen im vergangenen Jahr 83,8 Millionen Tonnen Stahl. Das sind 2,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Das vergangene Jahr galt vor allem der Rückführung der Schulden, die sich Ende vergangenen jahres auf 21,8 Milliarden Dollar beliefen. Der Konzern geht davon aus, dass im gerade begonnenen Jahr 2013 eine leichte Besserung der Situtaion eintritt. Die Auslieferungen sollen um zwei bis drei Prozent steigen, die Marge pro Tonne ebenfalls. Die Verbesserung der Margen soll dabei über eine Optimierung der Herstellungsabläufe erfolgen.

An Investitionen plant der Konzern 3,5 Milliarden für 2013. Die Kapitalerhöhung, die die Gruppe im vergangenen Jahr durchgeführt hat, soll fünf Milliarden in die Kassen spülen. Wie bereits angekündigt, senkt ArcelorMittal jetzt die Dividente von 0,75 US-Dollar pro Aktie auf 0,20 US-Dollar.