Ferdinand Piëch geht

Ferdinand Piëch geht
(dpa/Boris Roessler)

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Der tagelange Machtkampf an der VW-Spitze hat mit dem Rücktritt des Konzernpatriarchen Ferdinand Piëch eine überraschende Wende genommen.

Ferdinand Piëch galt über viele Jahre als das Machtzentrum bei VW. Vor rund 14 Tagen hatte er das interne Ringen um die Zukunft der VW-Spitze öffentlich gemacht, indem er dem „Spiegel“ sagte, er sei „auf Distanz“ zum Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Damit rückte Piëch völlig überraschend von seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn ab.

Die Entmachtung des Patriarchen ist nun das Finale eines tagelangen Ringens um die Einflussnahme an der Spitze des größten europäischen Autobauers. Piëchs Rücktritt war am Samstagnachmittag ein erneutes Krisentreffen der sechsköpfigen Aufsichtsratsspitze vorausgegangen. Das Gremium versammelte sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Braunschweig am Flughafen. Am Ende der mehrstündigen Beratungen stand fest, dass Piëch gehen wird.

Paukenschlag

Das Präsidium ließ am Samstagabend erklären, man habe „einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist“. Ein Konzerninsider sagte der dpa in einer ersten Reaktion am Abend: „Vor Piëchs Entscheidung haben sicherlich alle den größten Respekt.“

Mit dem Paukenschlag des Piëch-Rücktritts endet ein zäher Kampf in der VW-Spitze, dessen Heftigkeit alle Beobachter überrascht hatte. Vor gut zwei Wochen hatte Piëch dem „Spiegel“ den entscheidenden Satz gesagt: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“. Der Vertrauensverlust hatte den Konzern erschüttert. Von einer „Katastrophe“ war die Rede.

Machtzentrum

Bis dahin war der 67-jährige Winterkorn als Piëch-Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrates gehandelt worden. Mit der Demontage durch Piëch stand plötzlich ein Fragezeichen vor Winterkorns Zukunft im Konzern. In der Folge geriet Piëch aber selber zunehmend unter Druck.

Der 78-Jährige galt in seiner bisherigen Funktion als Volkswagen-Großaktionär, langjähriger früherer VW-Vorstandschef und amtierender Aufsichtsratsboss als Machtzentrum der Wolfsburger.

Krisentreffen

Bis zu Piëchs „Distanz“-Aussage galt das Tandem aus Chefkontrolleur und Vorstandsboss als Traum-Duo, das sich blind verstand. Mit der öffentlichen Demontage durch Piëch stand dann aber plötzlich ein großes Fragezeichen vor Winterkorns Zukunft im Konzern.

Am Freitag vergangener Woche hatte sich das Aufsichtsrats-Präsidium zu einem ersten Krisentreffen in Salzburg versammelt – mit dabei war neben Chefkontrolleur Piëch auch Winterkorn. Am Tag darauf veröffentlichte das Präsidium eine Erklärung, die sich wie eine Ehrenrettung Winterkorns las. Demnach ist er der „bestmögliche“ Vorstandschef und soll nächstes Frühjahr sogar eine weitere Vertragsverlängerung erhalten.

Auswahl

Das war offensichtlich eine krachende Niederlage für Piëch, der in dem sechsköpfigen Präsidium nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur isoliert vor einer Mehrheit von 5:1 gegen ihn stand.

Am vergangenen Donnerstag meldeten dann die dpa, der NDR und die Tageszeitung „Die Welt“ übereinstimmend, dass Piëch versuche, den Beschluss des Sextetts zu unterwandern. Demnach arbeitete er hinter den Kulissen weiter an der Ablösung Winterkorns, der nach Piëchs Willen noch vor der Hauptversammlung am 5. Mai abtreten soll.

Als mögliche Nachfolger habe Piëch Porsche-Chef Matthias Müller oder Skoda-Chef Winfried Vahland in der Hinterhand, wie der NDR und die dpa übereinstimmend berichteten. Wenige Stunden später dementierte Piëch öffentlich die Informationen. Er ließ mitteilen: „Wir haben uns letzte Woche ausgesprochen. Und uns auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Ich betreibe die Ablösung von Martin Winterkorn nicht.“