„Niemand wurde zur Prostitution gezwungen“

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LUXEMBURG - Am Dienstag musste sich die Geschäftsführerin des Nachtklubs Splendid, Laurette B., vor dem Strafgericht verantworten. Ihr wird Zuhälterei vorgeworfen.

Bereits vor zwei Jahren musste sich die Frau, zusammen mit dem Eigentümer des Nachtlokals, der sogenannte „König der Nacht“, Jos H., vor der Strafkammer verantworten.

„Opposition“ und Berufung

„Opposition“ ist nicht mit Berufung gleichzustellen. Es bedeutet, dass die Affäre erneut in erster Instanz verhandelt wird und nicht vor dem Berufungsgericht. Die Abwesenheit der Beschuldigten kann zu solch einem juristischen Schritt führen. Das erste Urteil ist somit verworfen.

Vor zwei Jahren wurde entschieden, dass Jos H. sich nicht als Angeklagter vor Gericht verantworten muss. Ein Psychiater attestierte ihm Demenz. Somit galten die Vorwürfe nur seiner Lebensgefährtin und Geschäftsführerin des Lokals.

Am Dienstag trat die Angeklagte, die gleich durch drei Verteidiger, darunter Me Gaston Vogel und der ehemalige Präsident der Rechtsanwaltskammer, Me Roland Michel, vertreten war, in den Zeugenstand.

Sie erklärte, dass die Vorwürfe von Zuhälterei keineswegs stimmen würden. Sie würde zurzeit noch immer als Geschäftsführerin des Cabaret „Splendid“ arbeiten.

Bis zu 2.000 Euro

Insgesamt vier Frauen, die im Cabaret Splendid als „Tänzerinnen“ eingestellt wurden, mussten laut Anklageschrift die Kunden unter anderem auch in den sogenannten „Séparés“ unterhalten, wenn sie einen Zusatz zum Fixlohn von 85 Euro pro Tag hinzuverdienen wollten. Die Regel war, dass rund 20 Prozent des Getränkepreises für die Animierdame bestimmt waren. In der Zeitspanne zwischen 2004 und 2006 sollen die angeblichen „Tänzerinnen“ die Kunden mit in die „Séparés“ genommen haben.

Wegen verschiedenen juristischen Komplikationen wurde der Prozess immer wieder hinausgezögert. Anlässlich des ersten Prozesses sagten die Frauen aus: „La relation sexuelle était comprise dans le prix du champagne.“ Allerdings sagten sie auch, dass sie sich ausgenutzt gefühlt haben. Die Frauen, die wohl oft sieben Tage die Woche arbeiteten, wurden jeden Tag ausbezahlt. Die Geschäftsführerin überreichte die Umschläge mit dem Geld. Eine Zeugin erklärte bei der Polizei, an den „besten“ Tagen habe sie bis zu 2.000 Euro verdient. Die Bestverdienende habe ihren Umschlag immer vom Besitzer überreicht bekommen – als zusätzliche Auszeichnung sozusagen.

Das Urteil in einem ersten Prozess lautete drei Jahre Haft und eine Geldstrafe von 25.000 Euro gegen die Geschäftsführerin. Darüber hinaus muss der Nachtklub Splendid seine Türen schließen. Die Angeklagte und ihre Verteidiger entschieden jedoch, „Opposition“ gegen das Urteil einzulegen, dies aufgrund der Abwesenheit der Angeklagten während des ersten Prozesses.

Nichtigkeit gefordert

Am Dienstag forderte der Verteidiger Me Vogel die Nichtigkeit des gesamten Prozesses. „Nur eine Zeugin habe ausgesagt, dass sie zur Prostitution gezwungen wurde und deswegen muss sich jetzt Laurette B. vor dem Strafgericht verantworten. Ich habe eine Klage wegen Falschaussage gegen diese Zeugin eingereicht“, so Me Vogel. Nach einer kurzen Beratung entschied das Gericht, die Forderung der Nichtigkeit des Prozesses, zum „Fond“ der Affäre beizufügen.

Es war dann der Ermittler, der im Zeugenstand erklärte, dass einzelne Kunden eine Flasche Schaumwein kaufen konnten und teilweise waren im Preis der Flasche auch sexuelle Dienstleistungen inbegriffen. Der Preis einer Flasche variierte laut dem Polizisten zwischen 750 und 1.500 Euro.

Auch wurden in einzelnen Schränken im Nachtklub zahlreiche Kondompackungen gefunden, die eindeutig darauf hinweisen würden, dass es zu Sex im Nachtklub kam. Bis zu 140.000 Euro Umsatz im Monat sollen im Cabaret Splendid gemacht worden sein. Auch sollen einige Kunden bis zu 10.000 Euro an einem Abend ausgegeben haben. Laut dem Ermittler haben 25 Animierdamen in dem Nachtklub gearbeitet, etwa zwölf davon sollen sexuelle Handlungen angeboten haben.

Gezwungen wurde niemand

Die Belastungszeugin, eine damals 18-jährige Animierdame, erklärte eindeutig, dass sie sich mehrmals prostituieren musste. Vor allem mit einem Kunden sei es des Öfteren zum Geschlechtsverkehr gekommen. Die Zeugin erklärte: „Ich war damals jung und suchte Arbeit. Ich wollte mich nicht prostituieren. Eigentlich kann man diese sexuelle Handlungen mit einer Vergewaltigung gleichsetzen, auch wenn es keine Vergewaltigung war.“ Auf die Frage des vorsitzenden Richters Marc Thill, ob die Zeugin zur Prostitution gezwungen wurde, antwortete sie: „Gezwungen nicht. Es ist einfach passiert. Ich gehe davon aus, dass man mich entlassen hätte falls ich die sexuellen Dienstleistungen verweigert hätte.“

Eine weitere Zeugin unterstrich, dass im Nachtklub Splendid niemand zur Prostitution gezwungen wurde. Dies sei einfach so gewesen. Die Animierdamen, die keine sexuellen Handlungen wollten, haben, so die Zeugin, auch weniger Geld verdient.

Am Mittwoch (26.11.14) wird der Prozess fortgesetzt.

(Philippe Hammelmann/Tageblatt.lu)