Lebenslange Haft beantragt

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Im Berufungsprozess rund um den Silvester-Doppelmord hielt am Mittwoch Verteidiger Me Roby Schons sein Plädoyer, während die Generalstaatsanwaltschaft die Bestätigung aus erster Instanz forderte, also eine lebenslange Haftstrafe.

Dem heute 35-jährigen Angeklagten, der seit 2010 in Untersuchungshaft sitzt, wird vorgeworfen, in der Silvesternacht 2009/2010 zwei Personen ermordet zu haben. Zum einen soll er in einem Hinterhof in der rue de Hollerich einen damals 22-jährigen Mann erschossen haben. Insgesamt vier Mal soll der Beschuldigte auf sein Opfer mit einem Revolver mit Kaliber 22 „long rifle“ geschossen haben. Auch soll er kurze Zeit später in der rue Joseph Junck in einem Untergeschoss auf einen weiteren Mann geschossen haben. Der damals 27-Jährige wurde durch einen Schuss tödlich verletzt.

Was wäre wenn?

Me Roby Schons, der Verteidiger des Angeklagten, hatte bereits am Montag (17.11.14) die Nichtigkeit des Prozesses gefordert und forderte diese in seinem Plädoyer am Mittwoch erneut.

Laut dem Rechtsanwalt hätten die Richter der Ratskammer aus erster Instanz die Verweisordonnanz nicht, wie es das Gesetz vorsieht, unterschrieben. Die Ratskammer entscheidet mit dieser Ordonnanz, ob der Prozess vor die Kriminal- oder die Strafkammer des jeweiligen Bezirksgerichtes verwiesen werden kann. Angeblich sollen laut Schons die Richter nur ihren Schriftzug auf diese Ordonanz gesetzt haben, anstatt die gesamte Unterschrift.

Nun ist der Prozess vor dem Berufungsgericht und der Verteidiger will die Nichtigkeit des gesamten Prozesses. Nach einer kurzen Beratung entschied das Richtergremium des Berufungsgerichtes, den Antrag der Nichtigkeit zum „Fond“ der Affäre beizufügen. Dies bedeutet, dass es erst bei der Urteilsverkündung ebenfalls über die Nichtigkeit entscheiden wird. Falls es zu einer solchen kommt, wird der Prozess wieder ganz von vorne aufgerollt. Der Angeklagte wird dann erneut vor die Ratskammer zitiert. Diese entscheidet dann, ob es zu einem neuen Kriminal- oder Strafprozess kommen wird.

Man muss jedoch bedenken, dass die Fakten knapp fünf Jahre zurückliegen. Es könnte also, je nachdem, wie die Richter der Ratskammer entscheiden, noch eine Weile dauern, bis der Prozess erneut angesetzt wird.

(pha)

Der Angeklagte wollte laut Anklageschrift mehrere Male auf dieses Opfer schießen. Der zweite Schuss ging jedoch wortwörtlich nach hinten los und verletzte den Beschuldigten an der eigenen Hand. Die Tatwaffe ist bis heute nicht gefunden worden. Auch ist das Motiv der Tat ist nicht geklärt. Die Ermittler vermuten allerdings, dass es sich um einen Streit im Drogenmilieu handelte. Angeblich soll es um 150 Gramm Kokain gegangen sein.

Unschuldig

In erster und in zweiter Instanz erklärte der Angeklagte, die Schussverletzung an seiner Hand würde nicht von der Tat stammen. Er habe sich diese Verletzung zu einem früheren Zeitpunkt zugezogen und streitet jede Tatbeteiligung ab. In erster Instanz verließ der Angeklagte zusammen mit seinem damaligen Verteidiger den Prozess am ersten Verhandlungstag.

Die Richter des Berufungsprozesses wollten am Mittwoch wissen, warum er nicht an den weiteren Verhandlungen teilnahm. Der 35-Jährige erklärte: „Der damalige Vorsitzende Prosper Klein wollte ein für mich wichtiges Gutachten nicht anerkennen.“ In diesem Gutachten wurde die Schussverletzung an der Hand des Beschuldigten analysiert.

„In dubio pro reo“

Verteidiger Me Roby Schons unterstrich in seinem Plädoyer, dass es keine eindeutigen Beweise gebe, um seinem Klienten die Tat anzuhängen. Er unterstrich, dass in solch einem Fall der Grundsatz „in dubio pro reo“ gelten würde, also „im Zweifel für den Angeklagten“. Man könne, laut Verteidiger, in diesem Prozess nur zur Schlussfolgerung kommen, dass der Beschuldigte freigesprochen werden müsse.

Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Jeannot Nies seinerseits war der Meinung, dass es ausreichend Elemente in der Akte gebe, um den Beschuldigten für die Tat verantwortlich zu machen. Er ging auf die zahlreichen Blutspuren ein, die im Fluchtauto gefunden wurden. Auch betonte er, dass es sich regelrecht um Mord und nicht um Totschlag handelte. Der Substitut forderte die Bestätigung aus erster Instanz, und zwar eine lebenslange Gefängnisstrafe.

Abschließend erklärte der Angeklagte: „Ich habe niemanden umgebracht, deswegen sitze ich zu Unrecht im Gefängnis.“ Das Urteil ergeht am 17. Dezember.

(Philippe Hammelmann/Tageblatt.lu)