Etihad, Emirates und Qatar Airways platzierten bei der Flugshow in Dubai vom 13. bis zum 17. November 2011 Großorders in Milliardenhöhe. Emirates zum Beispiel orderte 50 Langstreckenflugzeuge Boeing 777 Long Range, die 8.000 Kilometer weit fliegen können, im Wert von 18 Milliarden US Dollar. Qatar Airways platzierte einen Auftrag von 50 Maschinen des Airbus-Typs und verdoppelte einen bestehenden Auftrag für den Airbus A380 auf zehn Maschinen. Allerdings lief der Airbus Auftrag nicht ohne üblichen Zirkus bei Qatar Airways ab. Generaldirektor Akbar al Baker hatte den A320 Auftrag bereits auf der Show von Le Bourget platzen lassen. In Dubai beschimpfte er Airbus, dass man dort erst lernen sollte, wie man Flugzeuge baut und verließ den Verhandlungstisch, um wenige Stunden später den Auftrag dann doch zu unterzeichnen. Bei Airbus hatte man gelassen reagiert und nun bemerkt, dass man schnell lerne.
Airbus und Boeing betrachten mittlerweile die arabische Halbinsel mit den Emiraten als den Markt der Zukunft und als einen globalen Markt. Die Regionalzeitung „Gulf News“ zitiert in ihrer Dienstagausgabe den Vizepräsidenten Marketing von Boeing: Die drei Golf Airlines betrachten die Welt als ihren Markt. Das liegt an der geographisch günstigen Situation einerseits, an den neuen Flugzeug-Generationen andererseits. Zwei Flugzeuge insbesondere haben die Welt des Fliegens verändert. Der Airbus A330 ist ein zweistrahliges Interkontinental Flugzeug, das von Rio nach Paris oder Frankfurt fliegt. Für die Boeing 777 gilt genau dasselbe. Der zukünftige Airbus 350 wird, wie die Boeing 787, diese Situation noch einmal verändern. Der Airbus-Verkaufsdirektor John Leahy sieht die Bedeutung dieser Flugzeuge auf die Emirate und Qatar bezogen: „Mit einem Airbus 330 in einer Langstreckenversion und mit einer gleichartigen Boeing 777 kann man 90 Prozent der Weltbevölkerung und zwei Drittel des globalen Reichtums mit einem Flug von Dubai aus erreichen.“
Von Dubai aus die ganze Welt erreichen
Mit einem Airbus A 380 ist von Dubai aus die ganze Welt zu erreichen. Bei Airbus geht man daher davon aus, dass in 20 Jahren schon Dubai vom Passagieraufkommen her den dritten Platz weltweit hinter den Vereinigten Staaten und China belegen wird. Wer derzeit von Abu Dhabi kommend nach Dubai fährt, sieht in welchen riesigen Dimensionen der Flughafen von Dubai derzeit ausgebaut wird. Man braucht dazu selber gar keine große Bevölkerung, heißt es bei Boeing. Man muss nur den guten Standort haben. Dubai, Abu Dhabi und Katar haben ihn. Hinzu kommt, dass die Region insgesamt über eine junge und wohlhabende Bevölkerung verfügt, dass die Region ein Tourismusort wird, dass die Region schließlich von Grenzgängern zur Arbeit lebt, wobei der Begriff Grenzgänger als interkontinentaler Wanderarbeiter zu verstehen ist. In den Hotels in Abu Dhabi und in Dubai findet man im Dienstleistungsbereich Inder und Philippinos, im Management häufig Europäer. Die Öffnung des Flug-Marktes in Indien mit einem unermesslichen Potenzial schließlich hat das Übrige getan, um die Dimension in Arabien zu vergrößern.
Die drei Golf-Fluggesellschaften können ihre Expansion nur mit staatlichen Mitteln bewältigen und sie tun dies ungehemmt. Bei Boeing geht man von einem Markt von 2.500 Flugzeugen aus, die dort noch benötigt werden. Bei Airbus kalkuliert man konservativer mit einem Markt von 1.900 Flugzeugen. Hier sind Summen von 340 bis 450 Milliarden US Dollar im Spiel.
Aggressive Qatar Airways
Am aggressivsten geht derzeit Qatar Airways in den Markt. Das Unternehmen hat in allen Hauptstädte Europas Linien eröffnet. Es geht nun den afrikanischen Markt an. Und: Da das jahrelange Embargo gegen den Iran Folgen zeigt und dort das Fluggerät zum Risiko geworden ist, hat Qatar Airways innerhalb des Irans 52 Destination eingerichtet. Die Fluggesellschaft ist damit zu einer inneriranischen geworden. Das Embargo wird umgangen.
Betrachtet man die einzelnen Gesellschaften, so ergibt sich dieses Bild: Die Dubai Gesellschaft Emirates ist der größte Kunde für den Airbus 380. Die Gesellschaft hat eine Gesamtbestellung von 90 Maschinen des Typs. Hinzu kommen die Boeing 777 für die Langstrecke und für die mittlere Langstrecke 70 Maschinen des Typs Airbus 350. Qatar Airways hat 80 Maschinen des Typs Airbus 350 bestellt und ist böse, weil die Lieferung sich verzögert. Hinzu kommen 80 Maschinen des Typs Boeing 787. Etihad schließlich, die Fluggesellschaft aus Abu Dhabi verfügt derzeit über 63 Flugzeuge. Sie hat 100 weitere bestellt, darunter zehn Airbus 380 und 31 Boeing 787. Qatar Airways geht mit der Bestellung von Airbus 320 mittlerweile von der Langstrecke weg, weil deren Bedürfnisse über die platzierten Bestellungen gedeckt ist.
Lufthansa des mittleren Orients
Über die Mittelstrecke sollen Passagiere zur Langstrecke hineführt werden. Qatar Airways hat daher in der Region möglicherweise auch den komplettesten Business Plan, der nicht nur die Langstrecke berücksichtigt sondern auch die Mittelstrecke. Daher auch der Iran und Afrika und die Implantierung auf allen wichtigen Flughäfen in Europa. Qatar Airways ist auf dem Weg so etwas wie eine Lufthansa des mittleren Orients zu werden.
Der Plan scheint aufzugehen. Das junge Mädchen, das von Frankfurt nach Brisbane zu einem Urlaub aufgebrochen ist, fliegt einer Golf-Airline nach Abu Dhabi und von dort aus weiter. Sie spart vier Stunden Flugzeit. Das gilt auch für eine deutsch-philippinische Familie, die von Frankfurt über Abu Dhabi nach Manila fliegt.
Die europäischen Fluggesellschaften wissen noch nicht so recht, wie sie sich gegen die Veränderung der Weltkarte im Flugverkehr wehren sollen. Bisher beklagen sie eine Wettbewerbsverzerrung durch billigere Kerosinpreise und staatliche Förderung beim Flugzeugkauf. Nicht auszuschließen, dass sich Lufthansa, British Airways und Air France selber mit einem Hub in Dubai, Abu Dhabi oder Katar niederlassen.
(Helmut Wyrwich, Dubai/Tageblatt.lu)
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