Insgesamt 19 Kandidaten, darunter eine ehemalige First Lady, ein Musiker und der Besitzer einer Kleiderfabrik, wollten die Nachfolge des amtierenden Präsidenten René Préval antreten. Bei gewaltsam ausgetragenen Rivalitäten zwischen Anhängern einzelner Kandidaten waren in den letzten Tagen des Wahlkampfs mehrere Menschen ums Leben gekommen. Viele Stimmberechtigte warteten noch auf ihre Wahlscheine.
In mehreren Großstädten öffneten Wahllokale teilweise mit rund 50-minütiger Verspätung. Die Öffnung der Wahllokale war landesweit für 06.00 Uhr (Ortszeit; 12.00 Uhr MEZ) angesetzt. Die Wahl schien nur schleppend in Gang zu kommen. In Cap-Haitien warteten nur zwanzig Stimmberechtigte, als eines der größten Wahllokale der Stadt öffnete.
Unter den mehr als 4,7 Millionen registrierten Wählern in Haiti sind nach Angaben der Vereinten Nationen und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Hunderttausende Menschen, die im Januar dem verheerenden Erdbeben zum Opfer fielen. Viele noch lebende Wähler, die sich an der Wahl beteiligen wollen, hatten bis Sonntag entweder keinen Wahlschein erhalten oder wussten nicht, wo sie ihre Stimme abgeben sollten.
Ausländische Organisationen beobachten die Wahl
Die Wahl wurde vor Ort von ausländischen Organisationen und Vertretern beobachtet, darunter ein EU-Team und Mitglieder der OAS. „Wir wissen, dass die Wählerliste nicht vollständig ist“, sagte OAS-Generalsekretär Albert Ramdin der Nachrichtenagentur AP. Es gebe auch andere Probleme, wie die unzureichende Ausbildung der Helfer in den Wahllokalen. Die Wahl sei aber die best mögliche unter den gegebenen Umständen, sagte Ramdin.
Auch Wycleaf Jean, der frühere „Fugees“-Frontmann und ehemalige Bewerber um das haitianische Präsidentenamt, war am Wahltag vor Ort. Unterstützer Jeans erklärten über Twitter, der haitianisch-amerikanische Sänger werde öffentlich keinen der 19 Präsidentschaftskandidaten unterstützen. Jean war im August vom Rennen um das Präsidentenamt disqualifiziert worden.
Gewaltausbrüche unter Anhängern der Kandidaten
Bei der Präsidentschaftswahl geht es um die Nachfolge von René Préval, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antreten darf. Der amtierende Staatschef unterstützt den Leiter einer staatlichen Baufirma, Jude Celestin. Der Kandidat von Prévals neu gegründeter Einheits-Partei führte bis zum Schluss einen gut finanzierten Wahlkampf. Umfragen zufolge ist Celestin unter Stimmberechtigten aber nicht so beliebt wie die 70-jährige frühere Präsidentengattin Mirlande Manigat.
Zu den Präsidentschaftskandidaten zählte auch der Besitzer einer Kleiderfabrik, Charles-Henri Baker, der vor fünf Jahren die Präsidentschaftswahl gegen Préval verloren hatte. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern Bakers und des von Préval unterstützten Celestins in der westlichen Stadt Jérémie kam mindestens ein Mensch ums Leben.
In der Stadt Les Cayes beendete am Freitag ein Kugelhagel eine Kundgebung des Musikers und Präsidentschaftskandidaten Michel „Sweet Mickey“ Martelly. Berichten zufolge kam dabei ein Anhänger Martellys ums Leben. Das Wahlkampfteam des Musikers machte Celestin, Préval und deren Einheits-Partei für den Vorfall verantwortlich.
Der Sieger der Präsidentschaftswahl wird Milliarden Euro an Hilfsgeldern zu verwalten haben, die Geberländer nach dem verheerenden Erdbeben vom vergangenen Januar zugesagt hatten. Der künftige Präsident sieht sich jedoch auch mit Millionen obdachlosen Erdbebenopfern und einer grassierenden Cholera-Epidemie konfrontiert. Nach dem jüngsten Ausbruch der Krankheit in Haiti sind bislang mehr als 1.600 Menschen ums Leben gekommen.
Erste Ergebnisse der Präsidentschaftswahl werden nicht vor dem 7. Dezember erwartet.
dapd
De Maart

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