Verfassungsänderung für Burkini-Verbot

Verfassungsänderung für Burkini-Verbot
(AFP/Denis Charlet)

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Der Streit um den muslimischen Ganzkörperbadeanzug Burkini sorgt in Frankreich weiter für heftige Debatten.

Der konservative Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy forderte am Montag, ein gesetzliches Burkini-Verbot gegebenenfalls durch eine Verfassungsänderung zu ermöglichen. Zuvor hatte der sozialistische Innenminister Bernard Cazeneuve ein Anti-Burkini-Gesetz als „verfassungswidrig und wirkungslos“ abgelehnt. Der Innenminister beriet am Montag mit muslimischen Vertretern über die Rolle und Organisation des Islam in Frankreich. „Ich fordere ein Gesetz, weil wir die Bürgermeister in einer solchen Situation nicht alleine lassen können“, sagte Sarkozy am Montag im Sender RTL.

Notwendig sei ein Gesetz, das „auf das Tragen eines Burkini am Strand und in den Schwimmbädern“ abziele. Auf Cazeneuves Warnung vor einem Verstoß gegen die Verfassung sagte der konservative Präsidentschaftsanwärter: „Sehr gut. Dann ändern wir eben die Verfassung!“ Die Verfassung sei in der Vergangenheit schon häufig geändert worden, ohne dass dies ein Problem gewesen sei. „Die Frage ist: Passt sich die Gesellschaft dem Recht an, oder das Recht der Gesellschaft?“ Frankreichs Oberstes Verwaltungsgericht hatte am Freitag die an zahlreichen französischen Stränden verhängten Burkini-Verbote für unrechtmäßig erklärt.

Grundsatzentscheidung

Die Richter urteilten in einer Grundsatzentscheidung, die Bürgermeister könnten die Freiheitsrechte nur bei „erwiesenen Risiken“ für die öffentliche Ordnung einschränken. Nach dem islamistischen Anschlag von Nizza mit 86 Toten hatten rund 30 Gemeinden das Tragen des muslimischen Ganzkörperbadeanzugs an ihren Stränden verboten. Das führte zu einer erregten Debatte in Frankreich und sorgte auch im Ausland für großes Aufsehen. Sarkozy, viele seiner Parteifreunde und die rechtsextreme Front National (FN) von Marine Le Pen fordern jetzt ein gesetzliches Burkini-Verbot.

Der Burkini sei eine „Provokation eines politischen Islam“, sagte Sarkozy auf RTL. „Was ist die Freiheit, wenn es eine Tyrannei der Minderheiten gibt?“ Zuvor hatte Innenminister Cazeneuve ein gesetzliches Burkini-Verbot nicht nur als verfassungwidrig und wirkungslos abgelehnt, sondern auch gewarnt, ein solches Gesetz könne zu „irreparablen Spannungen“ führen. Die Regierung lehne eine gesetzliche Regelung deswegen ab, sagte der Sozialist der katholischen Tageszeitung „La Croix“ vom Montag. „Im Gegenzug müssen sich die Muslime weiterhin gemeinsam mit uns für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen einsetzen, für die Unantastbarkeit der republikanischen Prinzipien, für die Toleranz, die das Zusammenleben ausmacht“, sagte Cazeneuve.

Muslimische Vertreter

Der Innenminister empfing am Montag muslimische Vertreter, Abgeordnete und Vertreter der Zivilgesellschaft, um über den Platz des Islam in Frankreich zu beraten. Zentrales Thema war dabei eine geplante „Stiftung für den Islam in Frankreich“. Ein solches Projekt gibt es schon seit längerem, nach dem Anschlag von Nizza am 14. Juli wurden die Vorbereitungsarbeiten aber beschleunigt. Der Stiftung vorsitzen soll der frühere Innenminister Jean-Pierre Chevènement.

Die Stiftung soll Bildungs- und Kulturprojekte sowie Forschungsarbeiten rund um den Islam unterstützen. Als laizistische Stiftung kann sie aber keine religiösen Aktivitäten selbst finanzieren. Vielmehr soll sich eine an die Stiftung angebundene religiöse Vereinigung mit der Finanzierung von Moscheen und der Ausbildung von Imamen befassen. Die französische Regierung will damit den Einfluss aus dem Ausland, etwa aus Saudi-Arabien, auf französische Muslime eindämmen.