Sonder-Klagerechte in Frage gestellt

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Das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA spaltet die Europäer. Gegner sehen Gefahren für die Rechtsprechung und EU-Standards. Die neue EU-Kommission will einen Kurswechsel, hält sich aber mit konkreten Versprechen zurück.

Die neue EU-Kommission stellt die umstrittenen Sonderklagerechte für Konzerne im Freihandelsabkommen TTIP mit den USA erstmals in Frage. Die designierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte, sie könnten möglicherweise nicht Teil des Abkommens mit den USA sein.

Die liberale Schwedin sagte am Montag vor Europaabgeordneten mit Blick auf die sogenannte Investor-Staat-Streitschlichtung (ISDS): „Es gibt Probleme mit ISDS.“ Sie fügte hinzu: „Ich schließe nicht aus, dass es am Ende da herausgenommen wird.“ Es sei aber noch zu früh, um dies schon sicher sagen zu können. Lösungen seien nicht einfach, denn es gebe in internationalen Verträgen tausende dieser Regelungen. „Sie existieren.“

Der Schutz der ausländischen Investoren

Beim Investitionsschutz geht es darum, wie ausländische Investoren vor Verstaatlichungen und anderer unfairer Behandlung im Gastland bewahrt werden können. Das Thema ist kompliziert, denn verbunden damit ist ein Verfahren, dass vor allem Großkonzernen erlaubt, Staaten vor nicht-öffentliche Schiedsgerichte zu ziehen. TTIP-Gegner warnen seit längerem vor solchen Klagen.

Die EU hatte in den Verhandlungen mit Washington den Bereich Investorenschutz bereits auf Eis gelegt und eine öffentliche Befragung gestartet, auf die es über 150 000 Stellungnahmen gab. Die EU und USA wollen mit TTIP die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen.

Juncker wurde nicht richtig zitiert

Malmström hatte am Wochenende vor ihrer Anhörung schriftliche Antworten an die Parlamentarier nachträglich geändert und damit ihre Aussage zum Investorenschutz abgeschwächt. Sie sagte, in dem ersten Papier sei der künftige Kommissionschef Jean-Claude Juncker nicht korrekt zitiert worden. „Ich bin nicht in Unstimmigkeit mit Juncker.“ Der ehemalige Regierungschef Luxemburgs hatte gesagt, er werde es nicht hinnehmen, „dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird“.

Malmström sagte, sie halte es für keine gute Idee, den Investorenschutz aus dem bereits fertig verhandelten Freihandelspakt Ceta mit Kanada herauszunehmen. Der Vertrag muss noch förmlich gebilligt (ratifiziert) werden.

Standards werden nicht gesenkt

Die bisherige EU-Innenkommissarin sicherte zu, dass bei TTIP nicht europäische Standards beim Gesundheits- und Umweltschutz oder bei Lebensmitteln gesenkt werden. Diese Befürchtungen kommen in der öffentlichen Debatte immer wieder auf.

Das Europaparlament muss die neue Juncker-Kommission noch billigen. Sie soll am 1. November ihre Arbeit aufnehmen.