Nach britischer TV-Wahldebatte Rennen völlig offen

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Der Ausgang der britischen Unterhaus-Wahl ist wieder komplett offen, nachdem keiner der Spitzenkandidaten die zweite Fernsehdebatte zu seinem Vorteil nutzen konnte. Im Fokus stand diesmal der Überraschungssieger des ersten TV-Streitgesprächs, der Liberaldemokrat Nick Clegg.

Es gelang ihm zwar, Angriffe von Premierminister Gordon Brown und Oppositionsführer David Cameron zu parieren. Er schaffte es aber nicht, seinen beiden Gegnern einen verbalen K.-O.-Schlag zu versetzen.

Umfragen lieferten ein geteiltes Bild über den Ausgang der Debatte, in der es diesmal um außenpolitische Themen ging. Zwei Erhebungen ergaben, Cameron habe gewonnen, drei andere sahen erneut Clegg vorn. „Ich denke, es war ein Unentschieden“, sagte der Politologe Justin Fisher von der Brunel University. Gewählt wird am 6. Mai. In der kommenden Woche findet die dritte und letzte TV-Debatte statt. „Clegg ist es gelungen, einen hohen Stimmenanteil für die Liberalen zu halten. Er hat es aber nicht geschafft, den Schwung bis zu dem Punkt zu steigern, an dem die Liberalen wirklich die Mehrheit der Sitze erreichen können“, sagte Politikprofessor Wyn Grant von der Universität Warwick.
Die überzeugende Vorstellung Cleggs in der ersten Debatte hatte den machtpolitisch bislang eher bedeutungslosen Liberaldemokraten einen Höhenflug in den Umfragen beschert. In einigen liegen sie derzeit knapp vor den beiden anderen großen Parteien. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Wahl den Briten ein sogenanntes „hung parliament“ bescheren könnte – ein Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse wie zuletzt im Jahr 1974. Insbesondere an den Finanzmärkten wird ein solches Szenario angesichts eines Rekord-Haushaltsdefizits gefürchtet.

Cleggs Auftritt erinnert an Obama

Ein zu Beginn angespannt wirkender Brown warf Clegg in der Debatte am Donnerstag vor, die Sicherheit des Landes zu gefährden, wenn dieser eine Modernisierung der U-Boot-gestützten Atomwaffen ablehne. Dadurch werde Großbritannien anfällig für Drohungen aus dem Iran und aus Nordkorea. Er riet Clegg, in der Wirklichkeit anzukommen. Der Liberaldemokrat hörte sich ein wenig an wie US-Präsident Barack Obama: Er erklärte, es sei Zeit für einen Wandel in der Atom-Strategie.
Zugleich warnte er wie der US-Präsident auf dem Atomgipfel in der vergangenen Woche davor, dass Terroristen nukleare Waffen in die Hände bekommen könnten. Mit Blick auf die gestiegenen Umfragewerte für seine Partei und die Möglichkeit eines „hung parliament“ erklärte Clegg: „Glauben sie nicht die absurden Horror-Geschichten über die Märkte und ein politisches Armageddon, wenn dies geschieht“. Cameron, der im Vergleich zur ersten Debatte gelassener wirkte, warf den Liberaldemokraten vor, sich aus der Verantwortung für den Spesenskandal von Unterhausabgeordneten stehlen zu wollen. „Wir hatten alle unsere Probleme damit, Nick“, sagte er.