Kein Kompromiss in Sicht

Kein Kompromiss in Sicht
(Olivier Hoslet)

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Im Streit der EU um eine Verteilung von Flüchtlingen gibt es lediglich eine Grundsatzeinigung. Die osteuropäischen Staaten widersetzen sich immer noch verbindlichen Quoten.

Selbst ein erhoffter Minimalkompromiss hat bis zuletzt auf der Kippe gestanden: Beim Sondertreffen der EU-Innenminister zur Flüchtlingskrise stemmten sich am Montag mehrere osteuropäische Länder bis in den Abend gegen einen angestrebten Grundsatzbeschluss zur Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen – obwohl die Entscheidung, ob diese auf freiwilliger Basis oder doch über verpflichtende Quoten verteilt werden sollen, bereits auf Oktober verschoben war. „Es ist kein Ende in Sicht“, hieß es am Abend von Diplomaten. Es gebe „Einwände“ gegen das Vorhaben von mehreren Staaten, darunter die Slowakei und Rumänien. „Die Gespräche finden erneut in sehr gespannter Atmosphäre statt“, sagte ein weiterer Diplomat. Auch aus den baltischen Staaten komme Widerstand.

Inzwischen sei sogar wieder offen, ob die Zahl von 120.000 noch im Beschlusstext der Minister stehen wird. Angeblich gab es einen neuen Beschlussentwurf, der eine „politische Zustimmung“ zur Verteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen vorsah. In der Zahl sind 40.000 Flüchtlinge enthalten, deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten bereits im Sommer auf freiwilliger Basis beschlossen worden war. Bei den anderen 120.000 Menschen soll nun erst Anfang Oktober entschieden werden, ob die Aufnahme nach verpflichtenden Quoten oder nur freiwillig erfolgen soll.

„Ein gutes Zeichen“

Der Plan von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, 120.000 Menschen über verbindliche Quoten auf alle EU-Mitgliedstaaten zu verteilen, war auf massiven Widerstand osteuropäischer Staaten gestoßen. Aus EU-Kreisen hieß es nun, schon die Grundsatzeinigung sei „ein sehr gutes Zeichen“. Ungarn und die Slowakei drängten demnach aber auf einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat bereits angekündigt, ohne substantiellen Durchbruch bei den Innenministern werde er noch im September einen EU-Sondergipfel ansetzen.

Luxemburgs Außen- und Immigrationsminister Jean Asselborn hatte zu Beginn des Treffens eindringlich vor einem Scheitern gewarnt. „Wir müssen uns heute zusammenreißen, sonst wird Europa auseinandergerissen“, sagte er auch mit Blick auf immer mehr Staaten wie Deutschland, die wegen der Flüchtlingskrise wieder Grenzkontrollen einführen. Die Flüchtlingsverteilung war nur ein Teil der geplanten Beschlüsse. Der nachgebesserte Entwurf für das Treffen sah auch eine EU-weit gültige Liste mit sicheren Herkunftsländern vor. Darauf stehen die Staaten des Westbalkans, aber nicht wie von der EU-Kommission vorgeschlagen die Türkei. Die Liste soll die Asylsysteme in den Mitgliedstaaten entlasten und schnellere Abschiebungen ermöglichen. Auch die Unterstützung für Staaten in Krisenregionen sollte Teil des Kompromisses sein. Summen wurden aber noch nicht genannt.

Es gibt auch Fortschritte

Einen „konkreten Zeitplan“ gibt es dagegen bei der Errichtung sogenannter Hotspots. Griechenland habe zugesagt, den Aufbau solcher Registrierungszentren für Flüchtlinge zu beantragen, heißt es. Aus diesen Brennpunkt-Zentren, die mit EU-Hilfe betrieben werden, sollten auch die Flüchtlinge umverteilt werden. Zudem sei ein „klarer Auftrag“ an die EU-Kommission vorgesehen, Abschiebungen von Flüchtlingen ohne Aussicht auf Asyl aus diesen Zentren über Rückführungsabkommen mit Drittstaaten möglich zu machen. Werde der Text tatsächlich am Montagabend beschlossen, sei die Vereinbarung „ein erster wichtiger Schritt“, sagte der deutsche Minister de Maizière. Auch sie sei aber „noch entfernt von dem, was wir erwarten an Solidarität in der Europäischen Union“.

Die Krisenberatungen der EU-Innenminister zur Flüchtlingskrise gehen aber weiter. Wie Diplomaten am Montagabend in Brüssel berichteten, wurde die Sitzung zeitweilig unterbrochen, um Raum für Gespräche in kleinen Runden zu geben.

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