EU-Kommissare: Die Kompetenz soll zählen

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In den politischen Fraktionen des Europäischen Parlaments werden derzeit die am 11. Januar beginnenden Anhörungen der designierten neuen EU-Kommissare vorbereitet. Was zählt ist die fachliche Kompetenz und die europäische Gesinnung.

 Die Anhörungen seien die wichtigste Auseinandersetzung zwischen den Kommissaren und den EU-Parlamentariern während der Legislaturperiode, meinte am Dienstag der Vorsitzende der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im EP, Martin Schulz.

Die EP-Abgeordneten legen bei den Anhörungen der einzelnen Kommissionsanwärter in den jeweiligen Fachausschüssen  die Latte zunehmend höher. Im Mittelpunkt wird wohl die fachliche Kompetenz stehen, doch könnte unter Umständen auch die (europäische) Gesinnung ausschlaggebend für den Posten werden. So musste Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vor fünf Jahren den designierten italienischen Justiz-Kommissar Rocco Buttiglione wegen frauenfeindlicher und homophober Äußerungen zurückziehen.

„Risikokandidaten“

Martin Schulz erklärte am Dienstag, dass bei den Anhörungen weder die parteipolitische Zugehörigkeit noch die Nationalität eine Rolle spielen würden. „Wir lassen uns ausschließlich von Kompetenzkriterien leiten“, so Schulz.  Für ihn gebe es kein „Risikokandidat“, sagte der Vorsitzende der Fraktion der Liberalen, Guy Verhofstadt. Der Vorsitzende der Grünen, Daniel Cohn-Bendit, meinte aber, wenn es Gerüchte über Kandidaten gebe, dann wolle er, dass „alles vor den Anhörungen auf den Tisch kommt“.

Nach der Nominierung der Bulgarin Rumiana Jeleva wurde in bulgarischen Zeitungen der Verdacht geäußert, dass ihr Ehemann, der Unternehmer Krassimir Jelev, Kontakte zum organisierten Verbrechen unterhalte. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Joseph Daul, sah sich daher dazu verpflichtet, die Bulgarin, die zu seiner politischen Familie zählt, in Schutz zu nehmen. Er wolle, dass vor den Anhörungen „keine Hexenjagd“ veranstaltet werde, so Daul und er versprach, dass sich Jeleva zu ihrem Ehemann äußern werde.

Vorbereitung für die Kommissare

Kritik äußerte die Grüne Co-Vorsitzende Rebecca Harms an der Zusammensetzung der Portfolios in der Kommission. Dabei gebe es eine „nicht akzeptable und nachvollziehbare Neuordnung“ der Dossiers, wobei ihr nicht einleuchte, warum Energie und Klima von der Umwelt getrennt seien.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, dass die Aufteilung der Kompetenzen und Portfolios laut Lissabonner Verträgen Sache der EU-Kommission seien. Er sei jedoch offen gegenüber Vorschlägen von den Parlamentariern. Zweifel hegt Harms zudem gegenüber dem nominierten Energie-Kommissar, dem ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günter Oettinger, dem sie unterstellt, politisch zu sehr der Industrie den Vorzug geben zu wollen.

Die Fraktion der Liberalen im EP wiederum hat den angehenden Kommissaren zu ihrer Vorbereitung auf die Anhörungen ein Papier zukommen lassen, in dem für jeden Kommissar die „Schlüsselprioritäten“ der Liberalen aufgelistet sind, erklärte ihr Vorsitzender. Die wichtigsten Themen für die Liberalen für die kommenden fünf Jahre seien die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Eigenressourcen der EU für ihr Budget, die Klima-Krise, die fundamentalen Rechte sowie eine kohärente europäische Strategie auf der internationalen Bühne, erklärte dabei Guy Verhofstadt.

Demnach dürfte unter anderem die luxemburgische Kommissarin Viviane Reding, der Jose Manuel Barroso die Bereiche Justiz und fundamentale Rechte zugewiesen hat, unter besonderer Beobachtung der Liberalen stehen. Immerhin haben diese ihre Unterstützung für die Barroso-II-Kommission unter anderem auch von der Schaffung eines eigenen Portfolios in der Kommission für die Grundrechte abhängig gemacht. Guy Kemp