Die deutsche Bundesregierung fürchtet, Junckers Vorschlag könnte sie Milliarden kosten. Schließlich dürfte der Zinssatz für Eurobonds deutlich über dem für deutsche Bundesanleihen liegen. Außerdem hegt sie verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken. Regierungssprecher Seibert wollte dies nicht stehenlassen.
Junckers Vorschlag sei nicht neu und von der deutschen Regierung ernsthaft geprüft worden. Durch einen einheitlichen Zinssatz würde der Anreiz in den Mitgliedstaaten verschwinden, Haushaltsdisziplin einzuhalten. An dieser Haltung werde sich auch beim bevorstehenden EU-Gipfel kommende Woche nichts ändern. Eurobonds sähen ein anderes Europa vor als das, was im Moment in den EU-Verträgen festgehalten sei, sagte Seibert. Zugleich betonte er, Deutschland stehe voll und ganz hinter dem Euro.
Simples Denken
Jean-Claude Juncker warf der deutschen Bundesregierung am Mittwoch simples Denken vor, weil sie gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder strikt ablehnt. Nach den Vorstellungen Junckers könnten die Eurobonds die andauernden Spekulationen gegen hoch verschuldete Mitgliedsländer endlich beenden. Nach der Stabilisierung Irlands durch den 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm von EU und IWF stehen vor allem Portugal und Spanien unter Beschuss. Juncker schwebt vor, einen Teil der nationalen Schulden auf europäischer Ebene zu bündeln und durch gemeinsame Anleihen zu refinanzieren. Für den überwiegenden Teil sollen die Länder weiter alleine bürgen.
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„Deutschland denkt da ein bisschen simpel“, kritisierte Juncker in der „Zeit“. Seine Idee werde vorschnell verworfen: „Diese Art, in Europa Tabuzonen zu errichten, und sich gar nicht mit den Ideen anderer zu beschäftigen, ist eine sehr uneuropäische Art, europäische Geschäfte zu erledigen.“ So würde es mitnichten zu einem einheitlichen Zinssatz kommen. Seine Idee stoße nur deshalb auf Kritik, weil die Bundesregierung reagiere, „ohne dem Vorschlag unter den Rock zu schauen“, monierte er.
Rückendeckung der Koalition
Für zusätzliche Irritationen sorgte, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag nach einem EU-Finanzministerreffen in Brüssel gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten auf lange Sicht nicht gänzlich ausgeschlossen hatte. Ein Ministeriumssprecher stellte am Mittwoch klar, Schäuble habe lediglich auf den Zusammenhang hingewiesen, dass sich die Euro-Staaten in den 90er-Jahren nicht dazu entschlossen hätten, ihre Haushaltspolitik zu vereinheitlichen. Wenn man nun das Zinsrisiko vergemeinschaften wolle, müsse man auch über die damalige Grundsatzentscheidung diskutieren. Rückendeckung bekam die Regierung aus den Reihen der Koalition. „Ich bin strikt gegen die Einführung der Eurobonds, schon weil sie die Refinanzierung Deutschlands erheblich teurer und die Sparanstrengungen unterminieren würden“, sagte Michael Fuchs, der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, zu Reuters.
Der führende Haushaltsexperte der FDP-Fraktion, Otto Fricke, sagte der „Rheinischen Post“: „Wenn ich die Finanzströme in Europa vermische, gibt es kaum noch einen Anreiz für die Schuldensünder, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren.“ Baden-Württembergs Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU) sagte Reuters, Bundestag und Bundesrat würden Euro-Bonds ablehnen: „Als wir den Euro-Rettungsschirm beschlossen haben, war es unabdingbare Geschäftsgrundlage, dass im Gegenzug eine strenge Haushaltskonsolidierung der Mitgliedstaaten erfolgen muss.“ Deutschland trage Verantwortung für einen stabilen Euro, das Nein zu Eurobonds sei deshalb nicht unsolidarisch.
reuters
De Maart

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