Derzeit keine Insassen aus Guantanamo nach Luxemburg

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Die 27 Justiz- und Innenminister der EU befassten sich gestern mit dem Gesuch der USA an die Europäer, Insassen aus dem US-Gefangenenlager aus Guantanamo in Europa aufzunehmen. Es bestehe allerdings noch erheblicher Klärungsbedarf in dieser Angelegenheit, erklärte Luxemburgs Justizminister Luc Frieden./Guy Kemp

Im Moment sei es quasi unmöglich, zu sagen, ob Luxemburg ehemalige Gefangene aus Guantanamo aufnehmen werde, sagte Luc Frieden nach der Sitzung der EU-Justiz- und -Innenminister auf Kirchberg.
Dort befassten sich die 27 gestern mit der Anfrage aus den USA, bei der Schließung des Gefangenenlagers in Guantanamo zu helfen. Dabei geht es um die Ansiedlung in Europa von Insassen aus dem US-Gefangenenlager, die etwa wegen zu befürchtender Repressalien gegen sie in ihrem Herkunftsland nicht dorthin zurückkehren können. „Bisher ist noch eine Reihe von Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet worden“, sagte Frieden. Die EU habe noch zusätzliche Informationen von den Vereinigten Staaten in dieser Angelegenheit verlangt.

Gefangene müssen freiwillig kommen

Doch selbst in Washington sei man sich noch nicht im Klaren darüber, wer beispielsweise abgeschoben werden soll und wie das geschehen soll, sagte Frieden. „Warum können diese Leute nicht in die USA gehen. Das Problem ist schließlich dort entstanden“, so der luxemburgische Justizminister weiter. Zudem seien einige Fragen über die Insassen von Guantanamo zu klären, etwa warum und wo diese festgenommen wurden.
Geeinigt haben sich die 27 jedoch auf zwei Prinzipien. So soll jedes Land selbst entscheiden, ob es ehemalige Gefangene aus dem US-Lager aufnehmen wird. Die EU wird nichts damit zu tun haben.
Zum anderen verpflichten sich jene Länder, die Leute aus Guantanamo aufnehmen, zu einem Informationsaustausch mit den übrigen EU-Staaten. Denn immerhin bestehe innerhalb der EU der freie Personenverkehr, und so dürften auch diese Menschen sich frei in der EU bewegen.
Die USA würden jetzt eine Arbeitsgruppe zusammenstellen, die eine detaillierte Analyse von allen Gefangenen aufstellen soll, so Frieden weiter. Dies werde vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen. Vorher sei kaum ein Land bereit zu sagen, ob es einen Guantanamo-Gefangenen aufnimmt oder nicht.
EU-Justizkommissar Jacques Barrot sagte, dass zumindest Frankreich und Portugal bereits das Prinzip akzeptiert haben, ehemalige Gefangene bei sich anzusiedeln.
Neben den Profilen dieser Gefangenen verlangen die Europäer etwa in Form eines Protokolls eine Zusicherung von Washington, dass „die USA nicht andere Formen von Guantanamos weiter betreiben“, so Barrot. Zudem sollten die Gefangenen freiwillig nach Europa kommen wollen.

 
Mehr Schutz für schwache Opfer


Die EU-Justiz- und Innenminister beschäftigten sich gestern unter anderem ebenfalls mit einem Rahmenbeschluss, der einen verbesserten Schutz von sogenannten schwachen Opfern bei Verbrechen gewährleisten soll. Betroffen davon seien insbesondere Kinder, die Opfer von sexueller Gewalt geworden seien, so der luxemburgische Justizminister Luc Frieden. In Luxemburg bestehe bereits seit dem Jahr 1999 eine besondere Prozedur, nach der Kinder in einem Gerichtsverfahren nicht mehr vor dem Täter aussagen müssten. Stattdessen werde die Aussage aufgezeichnet und Gericht vorgeführt, erklärte Frieden weiter, womit ein neuerlicher Kontakt mit dem Täter vermieden werde. Auch Opfern von Menschenhändlern sollte besonderer Schutz zukommen.
Schärfer vorgehen will die EU zudem gegen den Missbrauch von Kindern über das Internet. Hier soll vor allem das sogenannte „Grooming“ bekämpft werden, womit das Anlocken und die Kontaktaufnahme mit Kindern und Jugendlichen unter Verwendung psychologischer Kunstgriffe im Internet bezeichnet wird, mit dem Ziel, diese sexuell zu missbrauchen.
Frieden schloss nicht aus, dass er zu diesen beiden letzten Themen in Luxemburg noch in den kommenden Monaten Gesetzesvorschläge vorlegen werde.
Schließlich haben sich die 27 auf einen neuen Direktor für Europol geeinigt. Der Brite Rob Wainwright soll die Behörde künftig leiten. gk