Dienstag11. November 2025

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Das Ende der glibberigen Delikatesse

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Es ist ein neuer schwerer Schlag für Frankreichs Austernzüchter - und für die Freunde der glibberigen Meeresdelikatesse.

Nachdem ein Massensterben junger Austern der Branche in den vergangenen Jahren zu schaffen machte, werden nun erwachsene Austern von einem tödlichen Bakterium dahingerafft. In manchen Farmen sind bereits zwei Drittel der Schalentiere betroffen. „Von der Normandie bis zum Mittelmeer bleibt niemand ausgespart“, klagt Olivier Laban, Präsident des Austernzüchterverbandes in der Region um Arcachon an der Atlantikküste. Noch sei rätselhaft, warum das Bakterium mit solcher Wucht zuschlägt.

Schon im vergangenen Jahr hatte es in der Bretagne im Nordwesten Frankreichs eine erhöhte Sterblichkeit bei erwachsenen Austern gegeben – kein Vergleich aber zu dem, was die Austernzüchter jetzt erleben müssen. „Dieses Jahr sind wir viel stärker betroffen“, sagt Gérald Viaud, Präsident des nationalen Austern- und Muschelzuchtverbandes. „Es gab schon vorher eine erhöhte Sterblichkeit, aber seit einiger Zeit hat das eine ganz neue Dimension.“

Drei Jahre Arbeit umsonst

Auch der Austernzüchter Denis Bellocq aus Gujan-Mestras im Arcachon-Becken ist niedergeschlagen: „Das ist umso traumatisierender, weil wir Austern auf den Markt bringen wollten, die wir drei Jahre lang großgezogen haben.“ Bellocq schätzt, dass er 60 Prozent seiner Austern verloren hat. Er kann schon nicht mehr alle seiner Kunden mit der Delikatesse beliefern, die in Frankreich an Weihnachten und Silvester nicht fehlen darf – aber auch sonst immer beliebt ist.

Tristan Renault vom französischen Meeresforschungsinstitut Ifremer schätzt, dass die Sterblichkeit bei manchen Austernbänken bei bis zu 65 Prozent liegt. Der Wissenschaftler wertete Proben von Nord- bis Südfrankreich aus, inzwischen ist der Übeltäter bekannt: Ein Bakterium namens „Vibrio Aestuarianus“. Warum sich das todbringende Bakterium aber so rasant in den Austernbänken an Frankreichs Küste verbreitete, ist unklar.

Das Klima ist schuld

„Man kann davon ausgehen, dass die klimatischen Bedingungen 2013 für die Ausbreitung des Bakteriums in der Natur vorteilhaft sind“, versucht sich Renault in einer Erklärung. Er verweist auf den raschen Temperaturanstieg nach einem kalten Frühling und die heftigen Regenfälle im Frühjahr, die den Salzgehalt des Wassers beeinflussten.

Austernzüchter Laban schätzt, dass mit einer Sterblichkeit von 50 bis 80 Prozent besonders in Farmen gezüchtete Austern betroffen sind. Bei in der Natur entstandenen Austern liege der Anteil bei nur acht bis zehn Prozent.
Für Frankreichs Austernzüchter hat sich die Krise nun verschärft, die 2008 begann, als ein Herpes-Virus bis zu 75 Prozent der Austernlarven vernichtete. „Bis 2008 wurden jedes Jahr rund 130.000 Tonnen Austern verkauft“, sagt Verbandspräsident Viaud. „Letztes Jahr waren es 80.000 Tonnen und dieses Jahr dürfte es noch weniger werden.“ Der Berufsstand sei „höchst alarmiert“.

Auch der Meereswissenschaftler Renault ist ziemlich ratlos. Für ihn ist derzeit nur ein Ausweg in Sicht: „Wir müssen eine Lösung finden, damit wir widerstandsfähigere Tiere bekommen.“