Belgien ohne Regierung

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Belgiens König Albert II. hat das Rücktrittsgesuch von Premierminister Yves Leterme angenommen. Der Regierungschef sei gebeten worden, vorerst kommissarisch im Amt zu bleiben, teilte der Palast am Montag mit.

(aktualisiert 26.04.2010, 19:45 Uhr)

Vermutlich Anfang Juni wird es Neuwahlen geben. Die Eskalation der Lage begann am Donnerstag. Leterme hatte nach nur fünf Monaten im Amt am Donnerstag seinen Rücktritt eingereicht, nachdem die liberale flämische Partei Open VLD ihre Mitarbeit in der Koalition aufgekündigt hatte.
Anlass war ein Streit zwischen den niederländischsprechenden Flamen und den französischsprachigen Wallonen über Wahlbezirksgrenzen im Großraum Brüssel. Leterme bot  zum fünften Mal seit seinem Wahlsieg im Sommer 2007seinen Rücktritt an.

Der König hatte das Gesuch Letermes zunächst nicht angenommen und sich in Gesprächen mit Vertretern der Parteien zunächst um eine Lösung der Regierungskrise bemüht. Zu diesem Zwecke setzte er auch Finanzminister Didier Reynders als Vermittler ein.
Am Montag dann hat er das Rücktrittsgesuch angenommen. Das verlautete aus dem Königspalast. Es wurde deutlich, dass der Streit zwischen niederländischsprachigen Flamen und frankophonen Wallonen, den beiden größten Bevölkerungsgruppen Belgiens, zu erbittert für einen raschen Ausweg ist. Vertreter beider Seiten hatten sich am vergangenen Mittwoch nicht auf eine Lösung für den einzigen zweisprachigen Wahlkreis des Landes einigen können, der die Hauptstadt Brüssel und mehrere Umlandgemeinden umfasst. Die flämischen Liberalen erklärten weitere Verhandlungen über den seit Jahren umstrittenen Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde daraufhin für zwecklos und beschlossen ihren Auszug aus der Regierung.

Damit ist das Land zwei Monate vor Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft noch tiefer in die politische Krise gestürzt. Die Krise kommt zum denkbar ungünstigen Augenblick, da Belgien mit den Folgen der schweren Wirtschaftskrise fertig werden muss und zugleich im Juli die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernehmen soll.
Belgien übernimmt am 1. Juli für sechs Monate die rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Gemeinsam mit dem ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, der ehemaliger belgischer Ministerpräsident ist, sollte Leterme dem Land in den nächsten sechs Monaten eigentlich zu internationalem Glanz verhelfen.

Nicht zuletzt im Ausland wird befürchtet, dass der Staat, in dem neben der EU auch die Nato ihren Sitz hat, auseinanderbrechen könnte.

tageblatt.lu/AP/Reuters

Siehe auch:

Belgische Regierung an Sprachenstreit zerbrochen (22.04.2010)

Belgiens König will kriselnde Regierung retten (23.04.2010)